Herr Ullmann, 2004 hatten Sie Ihr Kinodebüt mit dem Film „Sommersturm“ von Marco Kreuzpaintner, in dem es um das Coming-out eines jungen Mannes geht. Zehn Jahre später spielen Sie den schwulen Starfriseur Tom. Was hat sich in den vergangenen Jahren verändert?
Kostja Ullmann: Wir haben schon einige Schritte in die richtige Richtung gemacht, aber es ist noch viel Spielraum nach oben. Besonders in der Schauspielbranche oder beim Sport gibt es auch heute noch viele Männer, die sich nicht trauen, sich zu outen. Homosexualität wird immer noch nicht als etwas Selbstverständliches angesehen, was auch daran liegt, dass viele Menschen in Führungspositionen Probleme damit haben. Film-Fans zum Beispiel ist es doch egal, ob ein Hauptdarsteller im echten Leben schwul oder hetero ist. Die Probleme liegen viel häufiger in den Köpfen etwas älterer Produzenten, die immer noch nicht mit Homosexualität umgehen können und diese Schauspieler dann nicht besetzen. In Amerika gibt es viele Stars, die schwul sind und trotzdem Womanizer spielen können.
Ursprünglich sollte der Film „Coming in“ in London gedreht und Ihre Rolle mit Orlando Bloom besetzt werden. Warum sind Berlin und Kostja Ullmann die bessere Wahl?
Ullmann: Ob es die bessere Wahl ist weiß ich nicht. (lacht) Hätte man den Film in England gedreht, wäre eine ganz andere Geschichte dabei herausgekommen. Letztendlich gab es dann aber Probleme mit der Finanzierung, weshalb der Dreh nach Deutschland verlegt wurde. Das war natürlich das Beste was Aylin und mir passieren konnte. Und ich war sehr glücklich darüber, dass ich nach über zehn Jahren wieder mit Marco zusammenarbeiten durfte. Vielleicht ist „Coming in“ jetzt nicht der Hollywood-Streifen, den man erwartet hatte, aber der Film hat etwas sehr Liebevolles und Bodenständiges, was gut zur deutschen Mentalität passt.
Es ist albern, wenn man über Homosexuelle spricht als wären sie eine andere Spezies.
Marco Kreuzpaintner verarbeitete in „Sommersturm“ sein persönliches Coming-out. Wie schätzen Sie derzeit die Akzeptanz unserer Gesellschaft bezüglich eines Coming-outs ein?
Ullmann: Wenn sich ein Fußballspieler wie Thomas Hitzlsperger outen kann, ist das ein Zeichen dafür, dass wir auf einem guten Weg sind. Ich glaube, dass die junge Generation heute kein Problem mehr damit hat, man sieht ja auch, dass das Thema in den Medien immer selbstverständlicher wird. Marco wusste als schwuler Regisseur ganz genau, wie man an so ein Thema herangehen kann und ich finde er hat das sehr intelligent gemacht. Er hat einen Querschnitt von tollen, extravaganten Menschen für diesen Film geschaffen. August Zirner lebt das Schwulsein im Film extrovertiert aus, während man Ken Duken die Homosexualität überhaupt nicht anmerkt.
Ihr Kuss mit Ken Duken im Film war nicht Ihr erster, Sie haben sich auch schon für die Aktion #Mundpropaganda geküsst…
Ullmann: Ja, diese Aktion fand ich sehr wichtig. Das war zur Zeit der Olympiade, was da in Russland passiert ist, war furchtbar. Diese Hetzjagd auf Schwule hat mich schockiert. Ken und ich wurden zufällig parallel für die Aktion angefragt und am Set von „Coming in“ haben wir dann beschlossen, das zusammen zu machen, schließlich waren wir dank der Kussszenen schon im Training. Ich fand es toll, Leute mit so einer Kleinigkeit zum Nachdenken anregen zu können: Schaut her, ich küsse einen Mann und das ist überhaupt kein Problem.
Sie haben schon Schauspielerinnen und Schauspieler geküsst. Haben Sie Unterschiede festgestellt?
Ullmann: Bei Ken hat es mehr gestoppelt. So einen Drei-Tage-Bart war ich vorher nicht gewohnt. Allerdings war der Kuss mit ihm in der romantischen Szene unter der Dusche genauso zärtlich wie mit einer Frau. Ob ich jetzt am Set Aylin küsse oder Ken ist eigentlich egal, in dem Moment bin ich in meiner Rolle und habe mich persönlich komplett ausgeschaltet. Als ich mir die Szene mit Ken anschließend angesehen habe, fand ich sie sehr sinnlich. Ich würde sagen, es gibt Schlimmeres als Ken Duken zu küssen. (lacht)
Sie sagten in einem Interview, dass es Ihnen mit „Coming in“ gelungen sei, eine ehrliche, bewegende Liebesgeschichte zu zeigen, die es so schon lange nicht mehr in den deutschen Kinos gab. Was macht so eine Geschichte aus?
Ullmann: In Deutschland wird der Schwerpunkt beim Film häufig auf Comedy gesetzt, weil man weiß, dass man damit viele Leute ins Kino locken kann. Aber deshalb machen Marco und ich keine Filme. Wir wollen die Menschen unterhalten aber auch irgendwie berühren. Und sie wegführen von dem Schablonendenken. Es geht um Liebe – so einfach es klingt – und für die Geschichte, die der Film erzählt, ist es egal, ob homo oder hetero. Die Sexualität alleine macht einen Menschen schließlich nicht aus.
In dem Film wird mit vielen Klischees und Stereotypen gespielt: die Schwulen haben ständig wechselnde Partner, tragen bunte Hemden, nippen häufig am Sekt. Macht man es sich damit nicht ein bisschen zu einfach?
Ullmann: Nein, ich finde es so sogar genau richtig, schließlich muss man auch mal den Mut haben, über sich selber zu lachen. Marco Kreuzpaintner hat Figuren geschaffen, die wir alle aus unserem Freundeskreis irgendwie kennen. Natürlich muss man auch ein bisschen mit solchen Stereotypen spielen, schließlich ist der Film eine Komödie. Aber ich denke, wir sind mit den Klischees liebevoll umgegangen, ohne irgendjemand auf die Füße zu treten.
Es gibt allerdings bereits im Vorfeld des Kinostarts im Netz viele kritische Kommentare von Schwulen, gegenüber der Handlung des Films.
Ullmann: Ja, viele Schwule haben offenbar ein Problem damit, dass sich die Figur Tom in eine Frau verliebt. Da fehlt denen genau jene Akzeptanz, die sie von den Heteros immer erwartet haben. Aber das ist wohl etwas ganz Menschliches. Es zeigt einfach, dass es noch viel Zeit braucht, bis wir alle mit diesem Thema locker umgehen und auch drüber lachen können.
Marco Kreuzpaintner meinte in einem Interview, der Welt würden schwule Helden fehlen. Stimmen Sie dem zu?
Ullmann: Marco ist ein schwuler Held. Von ihm müsste es auf jeden Fall mehr geben. (lacht) Er kann über sich selbst lachen, er geht locker mit seiner Sexualität um – zu so einer Einstellung muss unsere Gesellschaft auch kommen.
Sie sind durch den Tänzer-Freundeskreis Ihrer Mutter schon früh mit dem Thema Homosexualität in Verbindung gekommen. Glauben Sie, dass es Menschen schwerer fällt tolerant zu sein, wenn sie nicht so früh mit dem Thema konfrontiert werden?
Ullmann: Auf jeden Fall.Ich bin durch meine Eltern und durch meinen Beruf früh und häufig damit in Berührung gekommen. Als Schauspieler ist man viel unterwegs und lernt andere Kulturen kennen. Irgendwann merkt man dann, dass irgendwie doch alle gleich sind und es gar keine so großen Unterschiede gibt. Wenn man aber in einem Kaff aufwächst, in dem es dann plötzlich einen einzigen Schwulen gibt – ja, dann hat man erstmal Berührungsängste und weiß nicht, damit umzugehen.
Ich habe es als Kind nie als komisch empfunden, wenn im Tanzunterricht meiner Mutter zwei Männer Händchen gehalten haben. Für mich war das völlig normal. Und selbst wenn ich es nicht normal gefunden hätte: Ich hätte mir nur kurz die Frage stellen müssen, was denn daran jetzt schlimm sein soll. Es ist wichtig, sich seine eigenen Gedanken zu dem Thema zu machen und sich nicht immer von anderen Menschen oder den Medien leiten zu lassen.
Sie haben ja mal den Wunsch geäußert, einen Kindergarten zu eröffnen. Ab welchem Alter sollte die gleichgeschlechtliche Liebe in der Erziehung vorkommen?
Ullmann: Ich glaube, damit sollte man so früh wie möglich anfangen. Man sollte gleichgeschlechtliche Beziehungen schon früh in die Erziehung miteinbinden, damit es von Anfang zur Normalität gehört. Eltern schaffen das leider nicht immer, weil sie entweder selbst ein Problem damit haben oder zu einer Generation gehören, die damit nicht umgehen kann. Aber gerade dann, wäre es wichtig, dass man das Thema schon früh in der Schule behandelt.
In dem Weihnachtsfilm „Alles ist Liebe“, der demnächst in die Kinos kommt, wird bereits ganz selbstverständlich ein homosexuelles Paar gezeigt. Würden Sie so etwas ab 12 Jahren zeigen oder schon ab 6?
Ullmann: Ab zwölf fände ich zu spät. Vorausgesetzt es werden keine Sexszenen gezeigt, wobei es da egal wäre, ob es um ein homo- oder ein heterosexuelles Paar geht.
Ich finde das immer so albern, dass man über Homosexuelle spricht, als wären sie eine andere Spezies. Das gehört doch alles zur Gesellschaft dazu! Wie Schwule beispielsweise beim Blutspenden oder bei Kinderadoptionen behandelt werden, ist eine absolute Frechheit. Irgendwelche alten Säcke mit viel Geld und wenig Liebe dürfen Kinder adoptieren und schwule Pärchen nicht. Da muss man sich manchmal schon fragen, um was es in unserer Gesellschaft eigentlich geht.
Schwule Paare haben in Deutschland auch noch nicht die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare. Wird die Gleichstellung irgendwann kommen?
Ullmann: Ich glaube fest daran, schließlich findet jetzt schon ein Umdenken statt. In den Führungspositionen muss sich noch viel ändern, aber spätestens wenn wir einen schwulen Bundeskanzler haben, wird auch das passieren.
Von Seiten der Kirchen gibt es bislang nur wenig Akzeptanz. In einem Arbeitspapier der jüngsten Bischofssynode im Vatikan heißt es, man solle Homosexuellen „mit Achtung, Mitleid und Takt“ begegnen. Was sagen Sie dazu?
Ullmann: (lacht) Wenn ich immer höre, was so alles in Rom entschieden wird, kann ich nur lachen. Jeder sollte das tun, was er für richtig hält, aber ich finde es tragisch, wenn ich sehe wie solche Menschen über andere reden, urteilen und was die für eine Macht in der Welt haben. Es ist oft das Problem von Religion, dass sie nicht mit der Zeit geht. Wenn die Religion Menschen Kraft gibt, ist das toll, aber jeder sollte sich zu Themen wie Homosexualität sein eigenes Bild machen und sich nicht von solchen Menschen und ihren veralteten Werten etwas diktieren lassen.
Ihre Filmpartnerin Aylin Tezel ist derzeit die jüngste „Tatort“-Kommissarin. Würde es Sie auch reizen, einen „Tatort“-Kommissar zu spielen?
Ullmann: In kleineren Rollen habe ich schon beim „Tatort“ mitgewirkt. Ich finde, der „Tatort“ war früher ein riesiger Name, aber heute kann man die guten Filme an einer Hand abzählen. Ich hatte schon Gespräche über eine Rolle als Ermittler, aber mich hat das nie groß interessiert. Ich mag es einfach viel zu sehr, in immer unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Auf Dauer wäre mir das zu langweilig geworden. Vielleicht kaufe ich mir den Kommissar auch selber einfach noch nicht ab und es müssen erst noch ein paar Jahre ins Land ziehen.
Die Interviewerin zitiert nicht richtig: Im Papier der jüngsten Bischofssynode ist nicht von „Achtung, Mitleid und Takt“ gegenüber Homosexuellen die Rede, sondern von „Achtung und Feingefühl“. Warum kann Ullmann darüber „nur lachen“ und nennt dies „veraltete Werte“? „Achtung und Feingefühl“ gegenüber Minderheiten jeglicher Art sind m.E. keine „veralteten Werte“ und sollten auch Maßstab für die filmische Darstellung dieser Minderheiten sein. Heißt „mit der Zeit gehen“ für Ullmann etwa, Zerrbilder über gesellschaftliche Minderheiten zu verbreiten?
„„Coming In“ ist in seiner modischen Harmlosigkeit wieder eine dieser deutschen Komödien, die man politisch in der Neuen Mitte verorten kann, also dort, wo man viel Geld und sehr exquisite Probleme hat. Die Kommerzialisierung der Christopher-Street-Days findet hier ihr filmisches Spiegelbild. Der Film handelt von Schwulen, die sich ihr Schwulsein leisten können und die für alles offen sind – außer für finanziell benachteiligte Menschen. Marco Kreuzpainter, der es nach seinem immer noch sehenswerten Film „Sommersturm“ eigentlich besser wissen müßte, reiht klischierte Bildchen aneinander und deckt damit unfreiwillig das Problem der Schwulenbewegung seit den Nuller-Jahren auf, die sich auf Ehe und Konsum kapriziert hat, aber schon lange nicht mehr politisch ist. “
Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=6Cqmev8LNFc
Ich glaube, die Kommentatoren haben zu viele Erwartungen an diesen einen Film. Und eine etwas fragwürdige Einstellung zum Thema Homosexualität.
In Anlehnung an eine psychologischen Untersuchung habe ich mal in einem entsprechenden Kreis, der sich mit Erziehung zu sexueller Toleranz befasst, über „Profi-Homosexuelle“ gesprochen. Aus meiner Sicht sind das Menschen, die praktisch den ganzen Tag damit verbringen, homosexuell zu sein. Das soll kein Vorwurf, sondern eine Beschreibung sein. Sie wohnen in einer schwulen WG, arbeiten bei einem schwulen Arbeitgeber, gehen zu einem schwulen Friseur und Abends ins schwule Kino. Sie könnten das gleiche mit genau den gleichen Leuten machen (also alles schwul), ohne immer betonen zu müssen, schwul zu sein. Für diese Menschen ist es jedoch eine Art Lebenshaltung und Lebensgrundlage – sie definieren sich über ihre Sexualität. Deshalb eben Profi-Homosexuelle.
Was genau wäre so schlimm daran, einfach ganz entspannt zu leben? Die Welt ist nicht schwarz-weiß oder rosa, sie ist bunt. Und das, was der Film schildert, gibt es im wahren Leben (selten) auch, siehe der Comedian Kay-Ray. Ihm wurde vorgeworfen, die Schwulen verraten zu haben, weil er (schwul und Friseur) sich irgendwann in eine Frau verliebt hat und inzwischen sogar ein Kind mit ihr hat (oder sind es schon zwei?). Kostja Ullmann will es ja gerade entspannt angehen. Und so, wie gefordert wird, dass Männer sich auch mit 30 noch in einen Mann verlieben sollen dürfen, obwohl sie bisher verheiratet waren (darüber gibt es viele Filme), muss es doch auch möglich sein, dass sich ein Mann, der sich bislang als schwul erlebt hat, plötzlich in eine Frau verliebt. Das hat doch mit „Umerziehung“ oder „Therapie“ nichts zu tun.
Ja, es gibt 100% Heteros – aber nicht so viele. Und es gibt 100% Schwule – aber eben auch nicht so viele. Und dann gibt es die Masse der Menschen, die irgendwo dazwischen liegt. Ich kenne 100% Heteros, die aber total locker und entspannt sind. Ich kenne 100% Homosexuelle, die auch locker und entspannt sind. Man stelle sich vor: die können sogar zusammen duschen, ohne dass einer sich komisch fühlt. Und dann kenne ich viele Männer, die beides mal probiert haben – oder zumindest darüber nachdenken, vielleicht auch mal das andere zu probieren. Na und? Das macht doch Menschen weder besser noch schlechter. Eine Freundin hatte, als sie noch in der Pubertät war, eine längere Beziehung mit einer Frau. Heute ist sie verheiratet mit einem Mann. Eine andere Freundin hatte öfter Beziehungen mit Frauen, lebt heute mit Kind und Mann zusammen. Eine andere Freundin hatte immer nur lesbische Beziehungen, war zwischen drin mal mit einem Mann zusammen, und danach wieder mit Frauen. Ich kenne Männer, die bis Mitte 30 verheiratet waren, Kinder haben und dann festgestellt haben, dass sie mit einem Mann zusammen leben wollen. Und die das inzwischen auch tun. Die Frauen kommen inzwischen damit klar und genießen nach wie vor viel Zeit mit ihren Exmännern. Na und?
Mein Ansatz ist: sexuelle Toleranz heißt nicht, dass wir alle uns „entscheiden“, wofür wir sind (homo- oder heterosexuell) und dann ein Leben lang dieser Linie treu bleiben und uns gegenseitig akzeptieren. Was für ein Blödsinn. Das mag im Fußball funktionieren, wo man sich lebenslang für einen Verein entscheidet – aber doch nicht in der Sexualität. Ich bin dafür, Kindern (und allen Menschen) beizubringen, dass der Mensch sehr vielfältige Gefühle entwickeln kann – häufig für Männer und Frauen. Dass das weder krankhaft noch eine Wahl ist, sondern in der Regel biologisch bedingt. Und dass man dann ohne Angst oder Gewissensbisse sich darauf einlassen darf. In meinem Freundeskreis gibt es eine bunte Mischung aus hetero-, homo- und bisexuellen Menschen. Und Menschen, die sich selbst noch ganz anders wahrnehmen. Wir freuen uns füreinander, wenn wir uns verlieben, und wir sind füreinander da, wenn es auseinander gehen sollte. Wenn jemand eine Dreierbeziehung lebt, dann ist auch das für viele von uns kein Problem, für einige eine sehr gewöhnungsbedürftige Geschichte (im Sinne von: so noch nicht bekannt). Und wenn andere Menschen sich mal wundern: na und?
Der Film kann nicht all das in einem Darstellen. Er ist einer von vielen Filmen. Der eine Geschichte erzählt. Die nicht unmöglich ist, sondern bestenfalls selten. Aber trotzdem schön sein kann. Wer den Film dafür angreift, hat doch im Kern Angst, dass ihm etwas genommen wird – sein zentraler Wert „Homosexualität“. Einfach mal lachen :-) Was mir allgemein etwas missfällt: Es gibt so viele Schwule, die im realen Leben überhaupt nicht als schwul auffallen. Warum gibt es eigentlich nicht mal einen Film darüber? Der so ganz ohne Klischees auskommt? Das finde ich könnte in einem anderen Film auch mal erzählt werden… schon ziemlich gut finde ich hier „Shelter“ – kann ich da mal empfehlen.
Herzlichen Dank für diesen in jeder Hinsicht zutreffenden Kommentar. Nicht nur die Beschreibung der (teilweise extrem intoleranten) „Profi“-Homosexuellen, sondern auch der Appell, jeden nach seiner Fasson glücklich werden zu lassen, nicht in Schubladen zu denken und die Frage, wer wen liebt (oder wer mit wem auch nur ins Bett geht), insgesamt entspannter anzugehen, haben mir aus der Seele gesprochen. Genauso wie der Ruf nach schwulen Figuren im Film, die kein bisschen schwul rüber kommen, die keine Klischees bedienen und trotzdem so selbstverständlich mit ihrem Schwulsein umgehen, wie sie sich morgens frische Socken anziehen.
Ach, ehe ich’s vergesse: ich bin selbst schwul, seit mehr als acht Jahren mit einem Mann verpartnert und fühle mich wegen meiner obigen Aussagen keineswegs als Nestbeschmutzer oder Verräter am Kampf um gleiche Rechte!
Ich finde diese film Widerlich das suggeriert wird das man Homosexualität auf eine art Heilen kann wenn nur die Richtige frau kommt ich finde es homophob und Menschen verachtend und zu dem Interview finde ich es frech wissentlich zu Lügen Den die Welt sieht anders aus…
Und ich kann es nicht mehr hören offen sein auch mal selbst über sich zu lachen ich finde es nicht zu lachen wenn man als Film zeigt Homosexualität ist „Heilbar“ und ich kann dieses Argument nicht mehr hören bei jeden Homophoben streifen kommt diese aussage genau wie bei jeden Homophoben Ausfall in Politik und Medien der Typische Spruch kommt …Das darf man wohl mal sagen !!!!
In den sogenannten Film wird nicht mit Homosexuellen gelacht sondern über sie das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht !!!!!!!!!
Und ich frage mich:
Wann gibt die staatliche Filmförderung des §175-Staates BRD 1,7 Millionen Euro aus, um schwule Jugendliche in Massenmedien und Alltag gleichberechtigt sichtbar, anstatt homophobe Umpolungsfantasien salonfähig zu machen?
„Ja, viele Schwule haben offenbar ein Problem damit, dass sich die Figur Tom in eine Frau verliebt. Da fehlt denen genau jene Akzeptanz, die sie von den Heteros immer erwartet haben. “
Unfassbar, dass dieser Herr hier völlig unwidersprochen die Situation von Schwulen in einer nach wie vor aggressiv heterosexistischen Gesellschaft mit der Situation „der Heteros“ einfach so gleichsetzt. In einer Gesellschaft, in der inzwischen schon wieder – unter Polizeischutz vor bösen antihomophoben und antifaschistischen Gegendemonstrant_innen – Hassmobilisierungen von „Konservativen“, „Christen“ und offenen Neonazis stattfinden, sobald in schulischen Bildungsplänen sexuelle Vielfalt auch nur ansatzweise sichtbar werden soll. Eine Gesellschaft, in der homosexuell empfindende Jugendliche – und da sei dem Interviewten u. a. mal die Lektüre entsprechender Befragungsergebnisse unter Alltagsexperten aus der Jugend- und Schulsozialarbeit empfohlen – weiterhin massiver Gewalt, Mobbing und Diskriminierung mit einem daraus resultierenden deutlich erhöhten Suizidrisiko ausgesetzt sind. Wo schwule Männer, schwule Liebe, Freundschaft, Partnerschaft und Sexualität gerade auch in den Massenmedien IN KEINER WEISE gleichberechtigt sichtbar sind.
Und welche Mainstream-„Komödie“ kann der Interviewte denn benennen, in denen nicht der erste Schwule, der alle paar Jubeljahre mal zur Belustigung und unter Bedienung sämtlicher Klischees und Stereotype irgendwo als Hauptfigur vorkommen darf, sondern ein heterosexueller Protagonist einfach und natürlich nur zum Spaß und „gegen Schubladendenken“ vom Vollhetero zum Schwulen umgepolt wird?
Auch das ist in dieser Gesellschaft Realität: Es gibt Kriminelle, die ohne jegliche strafrechtliche Konsequenzen und in der geistigen und ganz praktischen Tradition der Nazis Schwule „heilen“, umpolen d. h. faktisch auslöschen wollen – und nicht etwa Heterosexuelle. Der ach so tolerant und „locker“ daherkommende Interviewte, der *natürlich* dennoch immer wieder seine Heterosexualität betont, verdreht hier also von A bis Z die gesellschaftlichen Verhältnisse, um sich Geschäftsmodelle des gesellschaftlich institutionalisierten Heterosexismus, wie sie im hier diskutierten Film mit staatlicher Förderung in Höhe von 1,7 Millionen Euro betrieben werden, schönzureden. Als Nutznießer solcher Modelle fällt es einem vermutlich leicht, das zu tun. Das Machwerk bleibt dennoch Ausdruck einer besonders widerlichen und aggressiven Form allgegenwärtiger Homophobie in der bürgerlich-heteronormativen Gesellschaft.