Lena Hoschek

Mir sind Trends so was von egal.

Die österreichische Modedesignerin Lena Hoschek hat sich mit traditionell inspirierten Entwürfen einen Namen gemacht und ist auch für ihre Dirndl bekannt. Nun feiert ihr Modelabel zehnjähriges Bestehen. Ein Gespräch über ihre aktuelle Herbst-Winter-Kollektion, den Künstler-Begriff, ihr Praktikum bei Vivienne Westwood und die Preispolitik von Discountern wie Primark.

Lena Hoschek

© Hilde van Mas

Frau Hoschek, gibt es nach einer erfolgreichen Show, z.B. auf der Berliner Fashion-Week, abends eine rauschend große Feier mit Ihrem Team?
Lena Hoschek: Nach der Show gönne ich mir gerne mal ein Gläschen bevor die Interviews losgehen. Am Abend gibt es dann immer ein schönes Essen mit dem gesamten Team.

Wie läuft die Zeit vor der Show genau ab?
Hoschek: In den letzten zwei Wochen vor der Show ist man total unter Kontrolle und muss sehr diszipliniert sein. Da gibt es kein Jammern in der Früh, sondern man steht oft von acht bis Mitternacht im Atelier. Ich arbeite zum Glück unter Druck sehr gut und eine Zeit lang kann man das auch aushalten, bis zu dem Moment, wo man dann vor lauter Müdigkeit Schmerzen bekommt. In der Zeit fühlt man sich schon ab und zu wie ein geprügelter Hund. Wenn dann aber das Ergebnis stimmt, ist man überglücklich und das Erfolgsgefühl am Tag der Show rechtfertigt sowieso alles.

Wie geht es dann weiter? Haben Sie dann erst einmal frei?
Hoschek: Die Schneider, also alle die mit mir im Atelier kreativ sind und mit denen ich gemeinsam die Kollektion erarbeite, haben nach der Show die härteste Zeit hinter sich. Jetzt kommen die ersten Kollektionsbesprechungen, wo noch alle möglichen Dinge geändert werden. Viele Stücke sind erst in letzter Sekunde fertig geworden und da passt vielleicht der ein oder andere Schnitt noch nicht perfekt. Die ersten Modelle werden ja auch für die Models gemacht, die 1,80 sind und die Größe XS tragen. Für das Sales-Team beginnt dann erst die richtige Arbeit. Die müssen Termine organisieren und sich um die Bestellungen kümmern. Und es fangen die Kollektionsschulungen mit den Verkäufern und dem Onlineshop-Team an. Ich habe sowieso nie frei. Aber ich nehme mir dann immerhin mal raus, bis zwölf Uhr zu schlafen, während die anderen schon wieder im Büro sind.

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Ich war eine One-Woman-Show.

Lena Hoschek

Ihre Herbst/Winterkollektion 2015/16 steht unter dem Motto „Blaue Stunde“, eine Hommage an die späten 50er Jahre. Wie kam es dazu?
Hoschek: Die blaue Stunde, das ist diese Lichtstimmung beim Morgengrauen und der Abenddämmerung, die ja auch schon viele Künstler inspiriert hat. Mit den einfarbigen Kleidern hat es aber auch eine andere Bewandtnis: Wir verkaufen viel an Frauen, die Karriere machen, die unsere Kleider in der Freizeit tragen, sich aber eben auch was Schickes fürs Büro wünschen. Diese Frauen haben dann immer wieder mein Verkaufsteam im Laden gefragt, ob wir nicht auch mal einfarbige Kleider fürs Office entwerfen könnten. In den 50er Jahren gab es ja diesen Wandel, als Frauen begonnen haben, Karriere zu machen und stark im Leben aufgetreten sind. Das hat mich fasziniert. Wenn Frauen das alles können müssen, dann wollte ich Kleider dazu entwerfen, die dasselbe können: Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung durchhalten und dabei immer toll aussehen.

Vor zwei Jahren sagten Sie in einem Interview, dass in Ihren Kollektionen häufig auch politische Botschaften stecken. War das dieses Mal auch der Fall?
Hoschek: Mal mache ich mir da mehr Gedanken darüber, mal weniger. Natürlich schwirren mir zurzeit viele politische Dinge im Kopf herum, die sich nur schwer in einer Kollektion ausdrücken lassen. Wenn man jetzt allerdings hineinbohrt, kann man schon herausfiltern, dass wir bei dieser Kollektion besonders an emanzipierte und engagierte Frauen gedacht haben. Frauen, die sich nicht scheuen, sich als Frau zu zeigen. Frauen sollten sich nicht der Männerwelt angleichen müssen, um in ihr zu bestehen. Mir war es wichtig, Frauen so auszustatten, dass sie beweisen können, dass Weiblichkeit überhaupt nicht im Gegensatz zu einem klaren Kopf und einem starken Willen steht.

Entwürfe aus Hoscheks Kollektion " L'Heure Bleue" © lenahoschek.com

Entwürfe aus Hoscheks Kollektion „L’Heure Bleue“ © lenahoschek.com


Ist der Applaus nach der Show ein guter Gradmesser für den späteren Erfolg der Kollektion?

Hoschek: Das ist schwierig zu sagen. Mal ist der Applaus des Publikums frenetisch. Mal ist er freundlich… Ich glaube, dass die Musik der Show ganz stark die Stimmung des Publikums bestimmt. Wenn den Leuten die Musik gefallen hat, dann klatschen sie auch mehr. Das heißt aber nicht, dass die Kollektion dann im Laden automatisch gut ankommt. Das eine ist die Show, das andere die reine Ware. In den Wintershows ist der Applaus übrigens nicht so krass wie im Sommer. Da ist man besser drauf, die Sachen sind bunter und es wird mehr Haut gezeigt.

Sie designen also lieber Sommerkollektionen…
Hoschek: Das stimmt, ja. (lacht) Ich liebe einfach Blumendrucke und alles was bunt und gemustert ist. Trotzdem habe ich es sehr genossen, die jetzige Kollektion zu entwerfen. Die Winterkollektionen sind auch meistens verkäuflicher und kundenorientierter. Ich mache mir zum Beispiel sehr viele Gedanken darüber, ob ein Kleid jetzt lange Ärmel haben sollte oder nicht. Es nützt einem ja nichts, wenn man ein Kleid sieht, was einem vom Hocker reißt, aber man nicht wirklich eine Gelegenheit hat, es anzuziehen.

Stehen Sie im direkten Kontakt zu Ihren Kunden?
Hoschek: Als ich mit meinem Label gestartet bin, war ich eine „One Woman Show“. Ich habe sehr lange allein den Verkauf in meinem Laden in Graz gemacht und stand dadurch in sehr engem Kontakt mit meinen Kunden. Ich sehe mich auch nicht als Künstler, sondern als Kleidermacherin und da fließen ganz stark die Einflüsse von meinen Kundinnen und Fans mit ein. Mir ist es wichtig, allen Menschen eine Freude mit meinen Kleidern zu machen und diese nicht nur für die Crème de la Crème zu entwerfen. Meine Sachen sind mittelhochpreisig, damit ich damit so vielen Menschen wie möglich etwas geben kann, an dem sie lange was haben.

Warum tun Sie sich mit dem Begriff des Künstlers denn so schwer?
Hoschek: Für mich war Künstler immer ein Schlagwort für „keine Arbeit“. Wenn früher irgendjemand meinte, er sei Künstler habe ich mich immer gefragt, was er denn dann genau macht. Das klingt eben nach kreativen Leuten, die nicht wissen, dass es auch wichtig ist, sich in der Früh auch mal aus dem Bett zu quälen. – Jetzt rede ich wahrscheinlich gerade wie der Harald Schmidt der Modeszene, (grinst). Mir ist es einfach wichtig, dass ich mein Handwerk beherrsche. Ich möchte tragbare und haltbare Mode schaffen. Vielleicht ist es auch das, was mich von dieser „Fashioncrowd“ unterscheidet. Mir sind Trends einfach so was von egal. Ich muss mich nicht ständig selbst überholen und noch toller und andersartig sein. Das gibt mir nichts.

Sie haben Ihr Debüt auf der Fashion Week vor fünf Jahren gefeiert. Was hat sich dort seitdem alles verändert?
Hoschek: Als ich das erste Mal dabei war, war die Fashion Week auch noch ganz jung. Bei meinen ersten Shows hatte ich große Angst, dass ich das Zelt nicht voll bekomme. Damals wussten wir alle noch nicht, wie der Hase läuft und dass man total überbuchen muss, da die ‚No-Show-Rate‘ bei solchen Events immer extrem hoch ist. Dieses Mal war es allerdings so, dass wir zu viel überbucht hatten, da die meisten Leute auch tatsächlich aufgetaucht sind. Es gab dann erstmal ein großes Chaos am Counter, weil einige Besucher gar nicht mehr reingekommen sind. Mit der Organisation der Fashion Week bin ich damals wie heute sehr zufrieden. Es ist alles vor Ort was man braucht um eine tolle Show auf die Beine zu stellen. Wirklich schade finde ich allerdings, dass das Image der Show peu à peu kaputt gemacht wird.

Von wem denn?
Hoschek: Von der deutschen Medienwelt. Besonders die Hausmedien in Berlin haben von Beginn an geschrieben, dass Berlin eigentlich gar keine Fashion Week braucht. Dann ging es in den darauffolgenden Jahren eigentlich immer nur darum, ob die Models jetzt zu dünn oder zu dick und die Frontgäste zu schrottig oder schäbig sind. Es wurde eigentlich immer nur dann etwas positiv hervorgehoben, wenn große Marken Stargäste in der ersten Reihe sitzen hatten. Dabei weiß mittlerweile ja wohl jeder, dass die Stargäste eingekauft sind. Es gibt so viele tolle Labels in Berlin, aber die Medien versuchen den ganzen Modezweig hier kaputt zu machen.

Aus welchem Grund?
Hoschek: Das ist dieses typisch deutsche Kleinmanndenken. Wenn niemand von außen, niemand aus New York freiwillig zu unserer Fashion Week kommt, haben die das Gefühl: das bringt alles nichts. Dabei haben die in New York eben ihre eigene Show. Die Fashion Week in Berlin ist nun mal für den deutschsprachigen Markt geschaffen worden, daran ist auch nichts Schlechtes. Wenn jetzt keine internationalen Stars mehr zu Berlinale kommen würden, würden sie vermutlich auch schreiben, „die Berlinale ist tot“. Die verstehen gar nicht, dass sie durch ihren fehlenden Support einen ganzen Wirtschaftszweig ruinieren können. Ich finde, wenn man Teil dieser Stadt ist, sollte man das unterstützen und nicht schlechtreden.

Dirndl von Lena Hoschek © Lupi Spuma

Dirndl von Lena Hoschek © Lupi Spuma


Shows der Fashion Week sind im Internet auch per Live-Stream zu sehen. Verliert das Ganze dadurch nicht an Exklusivität?

Hoschek: Normalerweise gibt es bereits zwei Stunden nach der Show schon Videos von dem „Run“ auf Youtube, das heißt von Exklusivität kann schon lang nicht mehr die Rede sein. Was ich dabei allerdings sehr schade finde, ist, dass diese Videos nie mit der originalen Laufstegmusik ausgestrahlt werden können. Die verantwortliche Agentur IMG müsste dafür alle Rechte der Songs erwerben, die während meiner Show liefen und das wäre unglaublich kostspielig. Und selbst wenn man sich das für den deutschsprachigen Raum leisten würde, kann es dann passieren, dass einen ein Anwalt aus Frankreich verklagt. Deshalb läuft in diesen Videos immer Songs, die man schon für ein paar Euro bekommt oder eben Gratisdownloadmusik. Die Stimmung ist dann natürlich kaputt.

Was hat sich noch verändert durch die Internet-Übertragungen?
Hoschek: Eine Fashion Week ist ja eigentlich ein B2B-Event. Der Designer zeigt vor einem Fachpublikum seine Kollektion für den nächsten Herbst/Winter fast ein Jahr im Voraus, vor Medienvertretern und Einkäufern. Dadurch, dass heute aber alles so schnell im Internet landet, versteht der Konsument gar nicht mehr, dass das keine Verkaufskollektion, sondern eben lediglich eine Vorschau ist. Wir bekommen nach jeder Show Mails mit Anfragen, wo man denn jetzt dieses Kleid kaufen könnte und wir müssen dann immer erklären, dass es das noch nicht zu kaufen gibt. Das wiederum führt dazu, dass die Sachen, wenn sie dann in die Läden kommen, für einige Menschen bereits „alt“ sind, da sie schon eine neue Show gesehen haben. Der Wow-Effekt von neuer Ware ist dann weg, das finde ich schade. Aus diesem Grund produziere ich meinen Katalog, im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen, auch erst dann, wenn die Kollektion rauskommt. Dann kann der Endverbraucher nachvollziehen, dass das jetzt die neuen Sachen sind, die er in dem Moment auch kaufen kann.

Oft werden Ihre Entwürfe kurz nach der Show auf Instagramm, Twitter und Facebook hoch gelobt. Wie wichtig sind diese Medien für die Mode?
Hoschek: Twitter, Facebook und Co. haben eine extrem hohe Wichtigkeit und Tragweite. Auf einer Zeitungsdoppelseite sind viele verschiedene Bilder und Informationen, während einem auf Instagram nur ein einzelnes Bild präsentiert wird. Das geht viel mehr ins Gehirn, als wenn man eine Zeitung durchblättert. Durch die helle Strahlung des Handys brennt es sich geradezu ein und lässt einen die Dinge, die auf dem Papier stehen eher vergessen.

Gefällt Ihnen der Trend zu den „neuen“ Medien?
Hoschek: Einerseits ja, weil sie einen sehr schnellen Konsum von Nachrichten und Trends ermöglichen. Auf der anderen Seite bin ich ja berühmt dafür, dass ich eine Nostalgikerin bin und mir eigentlich nichts über ein schönes altes Buch geht.

Der Designer Marcel Ostertag sagte uns im Interview zum Thema Modeblogs, dass er „die ganzen Lieschen Müllers ohne Ahnung von Mode“ nicht alle in seine Show lässt. Was sagen Sie zum Stellenwert der Modeblogger?
Hoschek: Alle Blogger kann man auch gar nicht in seine Show lassen. Wir haben nur die reingenommen, die über 10.000 Klicks hatten und das waren schon relativ viele. Ich will aber die Lieschen Müllers nicht unterschätzen, weil sich viele Konsumenten mit dem Mädchen von nebenan viel besser identifizieren können, als mit irgendwelchen Fashionista-Superstars, mit denen sie ichts gemeinsam haben. Was ich auch toll finde, ist, dass es heute jedem Menschen offen steht, ein Business mit Hilfe dieser neuen Medien zu starten. Und wenn man gut ist und die Sache professionell angeht, kann man da wirklich etwas draus machen.

© Hilde van Mas

© Hilde van Mas


Sie haben nach Ihrer Ausbildung zur Modedesignerin ein Praktikum bei Vivienne Westwood gemacht. Würde Ihre Mode heute anders aussehen, wenn Sie diese Zeit bei einem anderen Designer verbracht hätten?

Hoschek: Nein, definitiv nicht. Ich habe meinen Horizont bei Westwood extrem erweitern können, was Schnittführung betrifft. Wenn man von einer Modeschule kommt, wo man klassisches Schnittzeichnen gelernt hat, ist es natürlich etwas Besonderes, wenn man dann sieht, wie man auch aus einem viereckigen Stück Stoff mit ein paar Cut-Outs ein Kleid machen kann. Am Anfang meines Praktikums habe ich dort Knöpfe angenäht und denen geholfen und assistiert, die über mir standen. Als Praktikant ist man nun mal das kleinste Rädchen im Uhrwerk.

Haben Sie sich da nicht unterfordert gefühlt?
Hoschek: Viele Jugendliche denken heute ja, sie wären ein Gottesgeschenk und dürfen deswegen gleich die Entwürfe im Atelier designen. Wenn sie allerdings noch nicht mal von der Pike an das Kleinste beherrschen, zum Beispiel einen Knopf schön anzunähen, dann brauchen sie meiner Ansicht nach auch keine Entwürfe zu gestalten. Ohne das Handwerk ist die ganze Mode nichts. Es ist als Modestudent enorm wichtig, dass man mal Teil einer funktionierenden Firma ist, weil es das Geschäft total entzaubert.

Inwiefern?
Hoschek: Viele denken, ein Modelabel ist eine reine Party-Location, in der es die ganze Zeit nur um schöne Kleider geht und nach jeder Modeschau wild mit Champagner und geilen Models gefeiert wird. Dabei ist es eine Firma wie jede andere auch. Da wird auch mit Wasser gekocht, es geht um Angestellte, Systeme und ums Geld verdienen. Im Modestudium bekommt man wenig praktische Dinge beigebracht. Gerade deshalb ist es wichtig, dass man Berufserfahrung sammelt, um sich darüber bewusst zu werden, ob man das auch mal selber machen möchte oder eben nicht.

Als Überbrückung haben Sie Make-up-Artist gelernt, bevor Sie auf der Modeschule angenommen wurden…
Hoschek: Ja. Ich habe auch lange Zeit Haare und Make-up für meine Kataloge selbst gemacht. Das war praktisch, wenn man als jungen Designer niemanden kennt, der einem das umsonst machen würde. Für das Maybelline-Team auf der Fashon Week bin ich aber der blanke Horror, weil ich als Make-up-Profi natürlich alles besser weiß. Boris Entrup (bekannter Make-up-Artist, Anm. d. Red) ist dann schon manchmal eine arme Sau. (lacht). Ich weiß halt was ich will und wie das geht, die können mir dann auch nichts vormachen. Es gibt immer wieder Backstage-Fotos, die zum Glück nie an die Öffentlichkeit gelangen, wo man mich sieht, wie ich noch in letzter Sekunde in den Haaren der Models rumfummel.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Models?
Hoschek: Mit manchen Models, die ich schon länger kenne, bin ich mittlerweile gut befreundet. Andere werden eben gecastet, gebucht, gefittet (Anprobe der Kleidung und Testen des passenden Make-up etc., Anm. d. Red), dann treten sie für dich auf und tschüss. Allerdings ist jedes Model für mich ein Charakter und nicht einfach nur ein Kleiderbügel. Oft sehe ich wunderschöne Mädchen mit einem tollen Walk, die aber leider eine Ausstrahlung wie ein toter Fisch haben. Bei denen bleibe ich dann auch nicht hängen, schließlich sollte die Frau das Kleid präsentieren und nicht das Kleid die Frau.

Sie tragen im Alltag Ihre eignen Kreationen. Warum präsentieren Sie nicht auch ein Stück der Kollektionen auf dem Laufsteg?
Hoschek: Ein Stück auf dem Laufsteg zu präsentieren, fände ich ganz schlimm, dafür habe ich wahrscheinlich zu große Komplexe. Ich mache gerne Fotoshootings, gehe gerne auf Events, zeige mich auch super gern in meinen eigenen Kreationen, aber das Über-den-Laufsteg-laufen, überlasse ich dann doch lieber den Models, das sind schließlich die Profis. Ich mache das was ich gut kann.

Was ist mit dem Katalog, könnten Sie sich vorstellen, auch mal Nicht-Models für einen Katalog zu engagieren?
Hoschek: Das habe ich früher sogar schon gemacht. Wenn einem als junger Designer das Geld für Agenturen und professionelle Models fehlt, shootet man eben mit Freundinnen oder quatscht Leute auf der Straße an. Allerdings war das immer ein wahnsinnig anstrengendes Arbeiten. Es dauert unglaublich lange, wenn man mit jemandem shooten muss, der nicht weiß, wie er seinen Körper am besten vor der Kamera in Szene setzt. Ein Model weiß automatisch wie man einen Schuh in die Kamera halten muss, damit man nicht nur die Sohle von unten sieht, dem Normalo muss man das erst erklären. Für einen Fotografen ist sowas eine Zumutung, wenn wir einen Katalog mit 70 Seiten shooten möchten. Mit Amateuren würde sowas ein Jahr dauern, deshalb lasse ich davon die Finger.

Sie haben in einem Interview gesagt, dass diese typischen „Fashionpeople“ nichts für Sie sind. Fühlen Sie sich dann auf Veranstaltungen wie der Fashion Week dann unwohl?
Hoschek: Nein. Das ist eine Berufsveranstaltung für mich. Ich gehe backstage rein, arbeite, gehe kurz auf die Bühne und gehe dann backstage wieder raus. Und in der kurzen Zeit im Foyer gratulieren einem alle, was natürlich auch ein super Gefühl ist. Ich bin zwar ein Party-Animal, aber die ganzen Fashion-Aftershow-Partys dort sind nicht so mein Ding. Ich mag einfach eine andere Musik und einen anderen Lifestyle. Wenn ich nicht in der Modebranche arbeiten würde, würde ich da auch nicht hingehen, das gebe ich zu.

Es heißt immer wieder, die Branche sei oberflächlich. Rührt das vielleicht daher, dass es bei Mode in erster Linie um die schöne Verpackung, um die schöne Oberfläche geht?
Hoschek: Bestimmt. Es kommt immer darauf an, wie man Mode für sich selber nutzt. Den modeaffinen Menschen geht es in erster Linie darum, sich selbst in Szene zu setzen und das kumuliert dann zu einer Fashion Week. Da hat man dann ganz viele „Sich-in-Szene-Setzer“ und das ist dann eben schnell auch ein bisschen ‚too much‘.

Stars wie Lana del Ray und Dita von Teese tragen Ihre Kreationen. Beflügelt es Sie mehr, wenn Stars oder normale Frauen Ihre Kleider tragen?
Hoschek: Mir ist jede Kundin, die sich Geld zusammengespart hat, um sich ein Kleid von mir kaufen zu können, viel wichtiger, als die Promis, die alles geschenkt bekommen. Natürlich sind Prominente große Opinionleader und können viele Leute dazu inspirieren sich ein Kleid von mir zu kaufen. Einen Opinionleader als Testimonial zu haben, macht auch die Pressearbeit um einiges einfacher und ist eine tolle Bestätigung. Trotzdem ist es nicht meine Hauptaufgabe, der Prominenz hinterherzulaufen. Ich liebe es, wenn ich ein Kleid von mir auf der Straße sehe. Dann werde ich immer super stolz.

In vielen deutschen Großstädten haben in den letzten Monaten Primark-Filialen eröffnet. Was sagen Sie zu deren Geschäftsmodell?
Hoschek: Ich finde es ganz schlimm, dass es so etwas überhaupt gibt. Jeder Konsument muss sich nur ganz kurz überlegen, wie es sein kann, dass ein T-Shirt nur zwei Euro kostet, einmal um die halbe Welt gereist ist und die Material- und Arbeitskosten schon enthalten sind. Da muss sich jeder einfach fragen, was der damit eigentlich unterstützt. Das gilt aber nicht nur für Primark sondern auch für alle anderen Discounter. Jeder Mensch, der sowas unterstützt, ist dafür verantwortlich, dass die Arbeitskräfte in Europa immer weniger gebraucht werden.

Wie erklären Sie sich den großen Erfolg dieser Discounter?
Hoschek: Den Konsumenten ist das einfach scheißegal, schließlich ist Geiz geil. Ich hoffe wirklich, dass dieser ekelhafte Trend bald ein Ende findet und die Qualität wieder in der Vordergrund rückt.

Was tun Sie mit Ihrem Label dafür?
Hoschek: Wir produzieren alles in der EU und sind da auch stolz drauf. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder und Enkel auch noch einen Job in der EU finden, dann wäre es wichtig, dass nicht alle Firmen abwandern.

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