Frau Millowitsch, Herr Sittler, seit den Serien „girl friends“ und „Nikola“ Mitte der 90er Jahre gelten Sie als das Dream-Team des deutschen Fernsehens. Wie lief eigentlich Ihre erste Begegnung ab?
Sittler: Ich war ganz neu im Fernsehgeschäft, hatte vorher nur Theater gespielt und kriegte überraschend und sehr kurzfristig diese Rolle angeboten. Ich wurde von der Regisseurin zu einem Mittagessen eingeladen, betrat das Restaurant, bog um die Ecke und da war ein Tisch, an dem vier Frauen saßen: die Regisseurin, die anderen Frauen und eben Mariele. Du warst damals ein bisschen nervös, oder?
Millowitsch: Na klar, meine erste große Rolle. Ich war mir zum Glück nicht jeden Tag darüber bewusst, was das bedeutet. Wenn man jeden Tag zum Set geht und sich überlegt: „Ich wuchte hier eine Serie als Hauptdarstellerin“, dann gehen Sie in die Knie. Das darf nicht sein.
Sittler: Das zeichnet Mariele aber auch aus. Sie kommt nicht und sagt: „Ich bin hier die Hauptdarstellerin!“ Sie spielt einfach. Das ist eine große Qualität. Wir hatten am Anfang nicht so viel miteinander zu tun, aber jedes Mal war es gut.
Ab wann war Ihnen beiden klar, dass Sie zusammen funktionieren?
Millowitsch: So etwas passiert nicht von Mittwoch auf Donnerstag. Da wächst man so rein. Nach einem Jahr „girl friends“ flatterte dann das „Nikola“-Drehbuch auf meinen Tisch. Am Anfang hatte ich Vorurteile. Ich dachte, das würde so ein Abklatsch der amerikanischen Sitcoms werden. Ich habe immer gesagt: „ Ich kann mit meinem Nachnamen keine schlechte Comedy machen. Dann bin ich gekillt“. Mein Nachname ist ja eh immer mit Volkstheater verbunden. Aber als ich es gelesen hatte, fand ich es fantastisch und bin gleich damit zu Walter gerannt.
Sittler: Das war das beste Comedy-Buch, das ich je gelesen hatte. Die Rolle als Dr. Schmidt hat mir von Anfang an sehr gefallen, aber ich war völlig neu im Fernsehen und mir war eigentlich klar, dass ich diese Rolle sowieso nicht bekommen würde. Ich dachte, man würde dafür bestimmt ein bekanntes Gesicht haben wollen und außerdem war ich ja auch schon mit Mariele in einer Serie zu sehen. Für mich standen die Zeichen also nicht sehr gut. Zumindest dachte ich das.
Millowitsch: Ich hab mich dann in der Tür verkeilt. Ich wollte unbedingt, dass er das macht. Ich hab zu der Firma gesagt: „Ich drehe die Serie nur, wenn Walter mitmacht!“
Sittler: Da hast du richtig gepokert und das auch durchgesetzt. Das war schon toll. Das hat mich sehr gefreut und das zeigt auch, wie durchsetzungsstark sie sein kann.
Was mögen Sie an Herrn Sittler, Frau Millowitsch?
Millowitsch: Er ist wirklich uneitel, war bei „Nikola“ auch nie pointengeil, also in dem Sinne, dass er jetzt mehr witzige Sprüche raushauen musste als die anderen. Es ist wie Ping-Pong spielen mit ihm – eine tolle, sportliche Arbeit, die große Freude macht. Ich gehöre aber auch nicht zu den Leuten, die sich gegenüber anderen Schauspielern profilieren müssen. Es ist mir zu anstrengend, die Diva zu geben. Im Spiel mit Walter kann ich ganz Ich sein. Das ist sehr angenehm.
Sittler: Das geht mir ganz genauso. Es geht uns immer um die Szene, die muss gut sein. Es geht nicht um uns. Das war schon immer so.
Sie standen bis 2005 zeitgleich für zwei Serien zusammen vor der Kamera, haben also schon berufsbedingt sehr viel Zeit miteinander verbracht. Gab es Momente, in denen Sie sich beiden auf die Nerven gegangen sind?
Sittler: Nein, mir wurde mal gesagt: „Du drehst ja nur noch mit Mariele!“ Da habe ich gesagt: „Na und? Wo ist das Problem?“ Wir hatten immer tolle Drehbücher und haben tolle Sachen gemacht. Ich finde auch so toll, dass sich Mariele nie auf dem Erfolg ausgeruht hat. Sie wollte sich immer weiter entwickeln, mit viel Arbeit und Konzentration.
Für den ZDF-Fernsehfilm „Scheidung für Fortgeschrittene“ standen Sie nun nach vielen Jahren wieder gemeinsam vor der Kamera. Wie kam es dazu?
Millowitsch: Die Produzentin dieses Filmes, Micha Terjung, ist meine beste Freundin und hatte plötzlich dieses Drehbuch in der Hand und sagte: „Mensch, das wär doch mal wieder was für Walter und dich!“ Wir haben auch vorher schon Angebote bekommen, aber irgendwie war da lange nichts Gutes dabei. Dieser Stoff war nach langer Zeit mal wieder gut.
Sittler: Ich hatte eigentlich gar keine Zeit, diesen Film zu drehen, aber die haben das dann zeitlich so gestrafft, dass es doch möglich war. Ich wollte auch nicht Nein sagen.
Im Film verkörpern Sie das Ehepaar Iris und Jörg Wiedemann, deren Ehe eigentlich nur noch auf dem Papier besteht. Man hat sich auseinander gelebt und Jörg hat eine ernste Affäre mit einer Arbeitskollegin. Eine Erbschaft in Höhe von 700.000 Euro zwingt die beiden nun allerdings verheiratet zu bleiben. Wie würden Sie dieses Ehepaar beschreiben?
Sittler: Eigentlich passen sie gut zusammen, haben die letzen Jahre aber nicht mehr aufgepasst. Die Ehe ist in so ein Gewohnheitsgleis geraten. Jeder hat sein Ding gemacht, was auch wichtig war, aber sie haben das Miteinander vergessen. Eben weil es so gut lief und sie dachten, das würde ewig halten. Man darf sich einander nie sicher sein. Wenn man das weiß, passt man auch aufeinander auf. Das haben die nie gemacht. Dann bricht das Ganze auseinander und jeder will Recht haben. Dann hat man das Drama, aber gerade das sind im Film ja die lustigen Szenen. Es ist ja auch eine Komödie, auch wenn das Thema eigentlich ein ernstes ist.
Es ist mir zu anstrengend, die Diva zu geben.
Warum fällt es uns Menschen in der Realität denn so schwer, Probleme mit Humor zu lösen?
Millowitsch: Wenn der Krise eine wirklich tiefe Verletzung voraus geht, ist es schwer den Humor zu behalten. Gerade wenn man Gefühle investiert, ist man ja wahnsinnig empfindlich und verletzbar.
Sittler: Aber man sollte natürlich trotzdem versuchen, den Humor nicht zu verlieren, aber das ist immer leichter gesagt als getan. Manchmal braucht man auch viel Zeit und kann dann die Dinge mit einem gewissen Abstand in einem anderen Licht sehen.
Viel Zeit ist auch vergangen seitdem Sie als Veterinärmedizinerin Ihre Doktorarbeit über den Bandscheibenvorfall beim Dackel geschrieben haben, Frau Millowitsch. Haben Sie die Arbeit eigentlich noch?
Millowitsch: Die fliegt noch irgendwo rum. Manchmal blättere ich da so rum, sehe die Zeichnungen, die ich teilweise auch selbst gemacht habe und frage mich: „Wie habe ich das nur hingekriegt?“ (lacht laut). Ich weiß es nicht mehr.
Anders als andere Menschen mit Doktortitel wird das Dr. vor Ihrem Namen nie geschrieben. Es scheint als sei Ihnen das nicht so wichtig…
Millowitsch: Ich habe mir bewiesen, dass ich das kann und das ist in Ordnung. Dann kann man Dr. sagen oder nicht, das ist mir wurscht. Mir bedeutet das im Nachhinein nicht so viel.
Sittler: So ein Titel ist ja auch nur sinnvoll, wenn man ihn weiter pflegt. Das hat sie aus bestimmten Gründen nicht gemacht, was auch gut ist, denn so ist sie zum Glück meine Kollegin geworden und nicht eine Tierärztin irgendwo in Castrop-Rauxel.
Millowitsch: (lacht) Woher wusstest du, dass ich da hin wollte?
Sittler: Wobei ich nichts gegen Tierärzte in Castrop-Rauxel sagen möchte (lacht).
Millowitsch: Nein, das darf man auch nicht (lacht).
Herr Sittler, Sie sind in Chicago geboren und haben Ihre Schulzeit größtenteils auf Internaten verbracht. Sie haben mal gesagt, dass es den Begriff Heimat für Sie nicht wirklich gibt. Heute leben Sie mit Ihrer Frau und drei Kindern in Stuttgart. Würden Sie das heute Heimat nennen?
Sittler: Ich nenne das Heimat, sofern ich dazu in der Lage bin. Meine Frau hat eine richtige Heimat, weil sie in der Gegend aufgewachsen ist. Ich hab das nicht. In Stuttgart gefällt es uns jetzt aber sehr gut. Wir wollen da bleiben. Wir gehen da nicht mehr weg.
Millowitsch: Ich hab mal versucht, sie nach Köln zu locken. Als er wusste, dass die Kinder sowieso in absehbarer Zeit weg sein würden, habe ich gesagt: „Kommt doch nach Köln, hier ist es schön!“ Aber da war nichts zu machen.
Sie sagten einmal: „Wenn ich in die USA fliege, dort aus dem Flugzeug steige und die Luft rieche, empfinde ich durchaus ein Gefühl von Heimat.“ Was ist so besonders an der amerikanischen Luft?
Sittler: Ich glaube, das muss man als fünfjähriges Kind gerochen haben, damit man es nicht mehr vergisst. Jedes Land hat seinen Geruch. Wenn man von Deutschland nach Frankreich über die Grenze fährt, ist der Geruch schon bald ein anderer. Manche Sachen, die man als Kind erlebt und auch gerochen hat, vergisst man einfach nicht mehr.
Frau Millowitsch, Sie sind von Geburt an mit Leib und Seele Kölnerin. Wie würden Sie denn die Kölner Luft beschreiben?
Millowitsch: Eigentlich ist die Luft in Köln generell erstmal schlecht (lacht). Darum ist Köln auch bei Opernsängern so verhasst wie der Teufel. Wenn Sie aus dem Oberbergischen in die Stadt kommen, fahren Sie in diese braune Gestanksglocke rein. Ich bin eigentlich auch so ein bisschen landflüchtig, träume ja immer noch von meinem Bauernhof, aber der ist nicht so leicht zu finden. Die Kölner Luft ist auf jeden Fall keine gute Luft, allerdings ist sie für mich aushaltbar durch die Menschen, die da leben. Genauso das Stadtbild: Köln ist hässlich wie die Nacht, wenn Sie mich fragen, aber die Menschen reißen das raus.
Welche gemeinsamen Projekte sind in der nächsten Zeit geplant?
Sittler: Geplant ist vorläufig gar nichts. Jedes Jahr ein gemeinsamer Film wäre schon toll, aber das liegt natürlich nicht in unserer Hand.
Millowitsch: Aber wir halten natürlich trotzdem Kontakt. Wir können uns monatelang nicht sehen oder hören, aber wenn man sich braucht, steht der andere stramm.
Sittler: Das ist schon eine besondere Freundschaft.