[Zu diesem Interview gibt es einen ergänzenden Blogbeitrag zur Faktenlage beim Thema WM-TV-Rechte.]
Herr Harm, Sie beschäftigen sich beim ZDF mit Sportpolitik und FIFA. Was sind aktuell Ihre Aufgaben in Russland?
Markus Harm: Bevor die WM begann gab es mehrere Termine der FIFA, das FIFA-Council-Meeting, den FIFA-Kongress und schließlich die WM-Vergabe für 2026. Da gehört es für mich unter anderem auch dazu, in den Hotels der Sport-Funktionäre zu sitzen und zu versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich beschäftige mich mit den Geschichten drum herum: Wer zieht im Hintergrund welche Fäden, welche FIFA-Leute treffen sich mit welchen Geldgebern, was für Sponsoren-Deals werden ausgehandelt und wer positioniert sich wie für die nächste WM-Bewerbung.
Ihr ARD-Kollege Hajo Seppelt ist aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht nach Russland gereist. Können Sie seine Entscheidung nachvollziehen?
Harm: Ja, dafür habe ich vollstes Verständnis. Er hat eine andere Funktion, er steht mit seinen Recherchen, die herausragend sind, wie ich finde, weit mehr im Fokus als ich. Er hat mit seiner Doping-Aufklärung und -Berichterstattung tolle Arbeit geleistet. Ich kann verstehen, dass er lieber aus der Ferne berichtet, anstatt sich in Russland mit Sicherheits- und politischen Kräften auseinandersetzen zu müssen.
Können Sie sich in Russland frei bewegen?
Harm: Ich kann mich völlig frei bewegen. Ich denke aber auch, dass jeder Journalist, der in Russland arbeitet, weiß, dass er überprüft wird, dass wahrscheinlich Telefone abgehört werden und Daten aufgezeichnet und gesichert werden. Ich bin gerade von Moskau nach Saransk gereist. Als ich im Saransker Hotel eincheckte, fragte man mich gleich, wo ich seit meiner Einreise nach Russland gewesen wäre und warum ich keine Reisedokumente vorlegen könnte. Es wird schon genau überprüft, wer welche Schritte unternimmt.
Die FIFA schottet sich weiter und weiter ab. Das ist unter Gianni Infantino noch schlimmer geworden als unter Vorgänger Sepp Blatter.
Sie haben sich auf Twitter über schlechte Arbeitsbedingungen beim FIFA-Kongress beklagt. Was genau war das Problem?
Harm: Als TV-Journalisten brauchen wir Bilder für unsere Arbeit und Gesprächspartner, die sich vor der Kamera äußern. Doch das schränkt die FIFA immer mehr ein. Beim Moskauer FIFA-Kongress hatten wir keine Möglichkeit, mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Alles war abgesperrt, es gab auch keine echte ‚Mixed-Zone‘, wie sie bei Fußballspielen üblich ist. Wir konnten also weder FIFA-Council Mitglieder, noch FIFA-Mitarbeiter oder Präsidenten der Nationalverbände interviewen. Es gab nur eine kleine Box, in der wir uns aufhalten durften und unsere Kamera durfte nur neben der offiziellen FIFA-Kamera stehen. Das heißt, die Bilder, die wir drehen konnten, waren im Grunde die gleichen wie das Übertragungssignal, das die FIFA produziert hat. Die FIFA kontrolliert alles. „BigBrother is watching you“ – das gilt nicht nur in Russland sondern auch in der FIFA.
Wie begründet die FIFA, dass Sie keine Kongressteilnehmer vor die Kamera bekommen dürfen?
Harm: Die FIFA versucht, alles zu reglementieren und will am liebsten keine Kameras zulassen, sondern nur noch ihre eigenes Bildsignal erstellen. Außerdem gibt es für bestimmte Medien einen Erstzugang, dieses Mal wurden die „Bidding Nations“ bevorzugt, also Medien aus den Ländern, die sich für die WM 2026 beworben haben. Die FIFA möchte nicht, dass Journalisten, insbesondere aus den kritischen Ländern Deutschland, England, USA oder Frankreich mit Funktionären ins Gespräch kommen. Vor allem sollen sie nicht stören, während Gianni Infantino in großer Feierlaune neben Wladimir Putin steht.
Wünschen Sie sich mehr Transparenz und Offenheit von der FIFA?
Harm: Transparenz und Offenheit sind immer so Schlagworte. Aber es ist inzwischen Alltag, dass die FIFA sich mehr und mehr zurückzieht, die Mauern dicker werden und Deals in immer versteckteren Hinternzimmern stattfinden. Die FIFA schottet sich weiter und weiter ab. Das ist unter Gianni Infantino und der neuen FIFA-Führung noch schlimmer geworden als unter Vorgänger Sepp Blatter.
Die ARD hat kurz vor der WM in der Dokumentation „Putins Meisterwerk“ gezeigt, wie egal der FIFA die Menschenrechte sind. Wie denken Sie über das Verhältnis der FIFA zu den Menschenrechten?
Harm: Der Sport wird immer politischer. Nicht nur wegen der politischen Einflussnahme bei Vergaben für Olympische Spiele oder für Fußball Weltmeisterschaften, auch weil Großereignisse immer häufiger in Ländern ausgetragen werden, in denen die Menschenrechtslage, die Arbeitsbedingungen oder die Rechte für Lesben und Schwule kritisch zu bewerten sind. Hier könnten das IOC oder die FIFA klar Flagge zeigen, doch sie tun es nicht. Die FIFA stellt der russischen Regierung jetzt doch auch keine kritischen Fragen, sondern lässt Putin bei Allem gewähren. Das kritisiere ich auch, dass die Sportorganisationen eher sagen: Das ist uns egal, Hauptsache wir verdienen gutes Geld und können unsere Konzepte umsetzen. Es geht ihnen primär um ‚As much Business as possible‘, unabhängig von der politischen Situation in Ländern wie in Russland oder Katar.
„Man kann die FIFA nicht ernst nehmen“, sagten Sie 2017 (Screenshot) angesichts des Garcia-Reports. Und zuletzt äußerten Sie in einem Interview „FIFA-Funktionäre sollten für Ethik, Moral, Aufklärung und Transparenz stehen – aber für diese Werte stehen sie im Großen nicht“ und die FIFA sei „durchzogen von Korruption“. Nun ist aber jeder Bürger der BRD dazu gezwungen, die FIFA mitzufinanzieren. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?
Harm: Naja, welche Alternative gibt es, wenn ARD und ZDF die WM nicht übertragen? Die WM ist immer noch ein öffentliches Gut, das größte Sportevent der Welt.
Die Alternative ist, dass Privatsender die WM zeigen.
Harm: Aber das wären wahrscheinlich Sender, die hinter Bezahlschranken sind. Dann wird es für den Zuschauer noch mehr Geld kosten. Das sieht man jetzt schon bei den Kosten für ein Sky-Paket oder einem DAZN-Zugang für die Bundesliga oder auch für die Champions League ab der nächsten Saison.
Das ist schon klar. Aber finden Sie es richtig, dass die Bürger dazu gezwungen sind, eine Organisation mitzufinanzieren, die Sie selbst als „durchzogen von Korruption“ bezeichnen?
Harm: Ich finde, dass Sie die WM-Übertragung nicht separat betrachten können in der Arbeit und der Angebotsvielfalt der Öffentlich-Rechtlichen. ARD und ZDF sind die beiden einzigen Sender aus Deutschland, die Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften großflächig übertragen und die dabei den Blick über den Tellerrand hinaus nicht verlieren, sondern recherchieren und investigativen Sportjournalismus unterstützen. Würde die Fußball-WM hinter eine Bezahlschranke verschwinden, würde die Berichterstattung anders und viel weniger kritisch aussehen.
Aber die kritische Berichterstattung könnte doch auch dann von ARD und ZDF betrieben werden, wenn sie die Übertragungsrechte nicht kaufen.
Harm: Nein, könnte sie nicht. Natürlich könnten Sie um das Event herum drehen und versuchen, kritisch zu berichten, Aber es gäbe keine Zugänge, sie könnten keine Bilder aus den Stadien, den Hotels, den FIFA-Bereichen zeigen. Das gehört schon alles dazu, finde ich. Wenn man von so einem großen Event berichtet, will man natürlich nicht nur sehen, wer die Tore schießt, sondern auch wer auf der Tribüne Brüderküsse verteilt und wer sich wann mit wem trifft.
(Update 27.06.: Informationen der ZDF-Pressestelle: Bei den Spielen der deutschen Mannschaft kommt unilaterale Technik zum Einsatz. So werden sieben zusätzliche Kameras im Stadion sein. Sollte es z.B. zu Szenen wie Fantumulten o.Ä. kommen und die FIFA diese nicht zeigen, würden wir die eigenen Kameras einsetzen. Aber in der Regel greifen wir in das sehr gute, professionelle Weltbild nicht ein. Wie gewohnt werden beide Anstalten Jogi Löw im eigenen Interviewstudio empfangen, und es gibt zusätzliche Interviewpositionen. Die übrigen Spiele werden mittels gebuchter HBS-Positionen für Aufsager und Interviewer mit vergleichbarem Aufwand übertragen.)
Und Sie meinen, Sender wie RTL oder SAT.1 wären logistisch nicht in der Lage, Olympische Spiele oder die WM zu übertragen?
Harm: Es geht nicht um Logistik, sondern vor allem auch um die Frage: Wie wird das refinanziert? Bei RTL und SAT.1 würde dann wohl Werbung rauf- und runter laufen.
Es wird also dabei bleiben: Die Bürger werden gezwungen, weiter an die FIFA ihre 2,50 Euro pro WM zu zahlen, die FIFA macht weiterhin den Reibach, während Menschenrechte und Transparenz außen vor bleiben.
Harm: Das finde ich etwas sehr schwarz/weiß gemalt. Die FIFA macht natürlich ein großes Geschäft mit den TV-Rechten, aber auch durch ihre Sponsoren. Man sieht ja, dass die Fußball-WM nicht nur ein großes Sportereignis ist, sondern viel mehr auch ein riesiges Corporate-Event. Da geht es natürlich um Milliarden. Die FIFA hat chinesische Großsponsoren neu hinzugewonnen, die Unsummen in den Fußball pumpen. Das sind Firmen, von denen man in Deutschland noch nie gehört hat, von denen niemand weiß, warum sie das Geld dort investieren. Das muss man doch auch kritisch hinterfragen – und nicht nur die 2,50 Euro TV-Gebühr, die jeder deutsche Bürger zahlt.
Die FIFA finanziert sich zu 53% aus den TV-Rechten. (siehe FIFA-Finanzbericht 2016, S.23)
Harm: Aber diese 53% beinhalten nicht nur deutsche Fernsehrechte, sondern die Einnahmen aus Rechten weltweit. Ich glaube, andere Sender geben weit mehr Geld aus, als ARD und ZDF, nehmen wir nur den Exklusivdeal zwischen FIFA und Fox in den USA.
Welche Vorschläge können Sie der FIFA machen, für eine ’saubere‘ WM?
Harm: Wichtig wäre zuerst ein unabhängiges Doping-Kontroll-System. Die FIFA ist der einzige große Sportverband, der die Doping-Kontrollen in der eigenen Hand hält. Weder WADA noch NADA können hier Einfluss nehmen. Dann wäre Transparenz im Finanzwesen und in den Vertragsabschlüssen notwendig. Und vor allem der Sport und seine Fans selbst – mittlerweile hat man mehr und mehr das Gefühl beides ist nur noch Staffage für Milliardendeals. Gianni Infantino kümmert sich im Moment eher um seine eigene Machtbasis und das große Geschäft als um die Fans. Ich habe gerade einen Peruaner getroffen, der seit 1970 bei jeder WM war und alle vier Jahre etwa 20.000 Dollar ausgibt, für Flüge und Eintrittskarten. Das sind doch die Dinge, die im Fußball wichtig sind, dass die Fans ihr letztes Hemd geben, um Fußball sehen zu können und ihr Team zu unterstützen. Und nicht, dass die FIFA-Oberen und die Präsidenten der Nationalverbände an krummen Geschäften Geld verdienen. Die WM müsste wieder mehr zu einem Event für die Fans werden, die den Fußball lieben.
Doch es gibt wenig Anzeichen, dass es sich nicht in diese Richtung entwickelt.
Harm: Richtig. Wenn man sich anschaut, wer jetzt Geld in die FIFA pumpt, merkt man, dass das auch mit Weltpolitik zu tun hat. Saudi-Arabien ist ein großer Global-Player, der mehr Aufmerksamkeit bekommen will. China will die Fußball-WM 2030, um auch seinen politischen und wirtschaftlichen Führungsanspruch in der Welt zu unterstreichen. Das nutzt die FIFA und kümmert sich wenig um die Fans.
Eine andere Idee: Was halten Sie davon, wenn ARD und ZDF die Gebührenzahler abstimmen lassen, ob die Sender die WM-TV-Rechte kaufen sollen oder nicht?
Harm: Ich finde, man kann das nicht trennen. Sportberichterstattung, internationale Politik, Kultur, Korrespondentennetze – all das gehört zusammen.
Mir geht es lediglich um die Frage, ob die Sender den Gebührenzahler entscheiden lassen sollten, ob er die „von Korruption durchzogene“ FIFA mitfinanzieren will. Finden Sie es sinnvoll, dem Gebührenzahler diese Entscheidung zu überlassen?
Harm: Das können Sie gerne machen lassen. Ich glaube aber, die Zuschauer wollen das bei ARD und ZDF, sind sehr zufrieden mit den Übertragungen und fühlen sich – zumindest größtenteils – sehr gut informiert. Das ZDF hatte beim ersten Deutschland-Spiel fast 26 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von rund 81%, das ist schon ein riesiger Zuspruch. Aber nicht nur das Spiel an sich, für das wir ja nichts können, auch die Vor- und Nachberichterstattung zu dem Spiel und den anderen Partien an dem Tag haben im Schnitt fast zehn Millionen Menschen geschaut. Das ist in meinen Augen ein klares Zeichen für den öffentlich-rechtlichen Auftrag, die WM und alles was dazugehört, zu zeigen.
Sie haben auf Twitter einen Beitrag geteilt, der kritisiert, dass sich der ägyptische Spieler Mo Salah mit dem tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow fotografieren ließ. Kritisieren Sie im gleichen Maße das Foto von Oezil und Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Erdogan?
Harm: Ich glaube, es war nicht besonders durchdacht von Özil und Gündogan, dieses Foto zu machen. Und was Gündogan aufs Trikot geschrieben hat, war noch weniger durchdacht. Natürlich muss man das kritisieren. Jedoch finde ich die Debatte, die die BILD-Zeitung daraus gemacht hat – ob die Spieler rausgeworfen werden müssen oder nicht – diese Diskussion finde ich ein bisschen sehr plump und reißerisch.
Gibt es eine Art von Solidarität Ihrerseits mit Journalisten, die in der Türkei im Gefängnis sitzen?
Harm: Das meine ich damit: Die BILD-Zeitung hat sich mehrere Tage auf die Geschichte mit Özil und Gündogan gestürzt, das Thema war immer auf Seite 1. Doch als deutsche Journalisten in der Türkei im Gefängnis saßen, war die Aufmerksamkeit dafür nicht so groß, das wurde nicht so heftig diskutiert. Dabei müsste dieses Thema einen ganz anderen Stellenwert haben.
Der DFB hat sich nicht ausdrücklich von Erdogan distanziert. Ist so eine Distanzierung noch notwendig?
Harm: Ich finde, der DFB hat ein schlechtes Bild abgegeben. Ich glaube, das PR-Management war nicht besonders gelungen, man hätte sich klarer positionieren können. Aber auch das gehört zur großen Sportpolitik dazu. Es ist für den DFB ja gerade etwas heikel: Deutschland tritt bei der EM-Vergabe 2024 gegen die Türkei an. Da kann sich der DFB jetzt nicht sehr weit aus dem Fenster lehnen und gegen Erdogan und die Türkei schießen.
Könnten Sie es verstehen, wenn Journalisten die deutsche Mannschaft boykottieren, eben weil sie sich nicht distanziert von einem Präsidenten, der Journalisten ins Gefängnis steckt?
Harm: Welcher Journalist würde sich von der Nationalmannschaft distanzieren nur weil sich die Mannschaft bzw. der Verband schlecht geäußert hat? Es ist viel mehr die journalistische Aufgabe, kritisch darauf hinzuweisen und der Öffentlichkeit zu zeigen, was die eine Seite denkt und was die andere Seite denkt, anstatt sich zurückzuziehen.
Oliver Bierhoff hat TV-Reporter gebeten, das Thema ruhen zu lassen. Sollte das ZDF dem Folge leisten?
Harm: Lassen Sie denn das Thema ruhen? Sie fragen mich doch jetzt auch danach? Es wird natürlich angesprochen. Wenn Özil und Gündogan schlecht spielen wird auch der ZDF-Kommentator darauf hinweisen, dass dieses Thema eine Rolle gespielt hat und dass der DFB sich schlecht positioniert hat. Der DFB wird uns nicht mit dem Satz „redet nicht darüber“ verbieten, dieses Thema anzusprechen. Oliver Bierhoff hat das wohl auch gesagt, weil er keine weiteren Argumente hatte, sich der Diskussion zu stellen. Das war schlechtes Krisenmanagement im DFB.
Sie sagten im Interview „Putin nutzt die WM um seine Macht zu manifestieren“ und Ihr Kollege Oliver Welke formulierte „Putin sonnt sich im Glanz der WM“. Was macht Angela Merkel, wenn sie die Nationalmannschaft trifft?
Harm: Putin hat die Dekade des russischen Sports ausgerufen, Putin wollte die Olympischen Spiele, auch um positive Stimmung in seinem Land zu verbreiten und den Russen zu zeigen, wir können das, was der Westen kann noch besser, noch größer, noch glänzender. Er hat wahnsinnig viel Geld investiert, die Oligarchen haben riesige Bauaufträge erhalten, auch damit staatliches Geld in private Kassen fließen kann. Professoren der Uni Zürich haben ausgerechnet, dass die WM rund elfmal so teuer wird, wie die Olympischen Spiele von Sotschi. Und die haben schon 51 Milliarden US Dollar gekostet. Das ist eine ganz andere Dimension. Putin sonnt sich im Glanz der Fußball-WM und von Olympia und nutzt das Wohlwollen der Bürger für politische Manöver. Während Sotschi hat er die Krim annektiert, jetzt hat das Rentenalter um acht Jahre nach oben gesetzt. Da hinkt Ihr Vergleich zu Angela Merkel etwas, wie ich finde.
Wo finden Sie als Reporter Informationsquellen was die Finanzierung der russischen Stadien betrifft?
Harm: Boris Nemzow, der ermordet wurde, hat sich in Russland mit dem Thema auseinandergesetzt. Leonid Martynuk hat mit ihm ein Buch darüber geschrieben, er lebt jetzt im Exil in den USA. Mit ihm habe ich mich getroffen. Auch Transparency International arbeitet intensiv an diesen Themen, sie haben die Vergabe von öffentlichen Aufträgen untersucht. Recherche und Hartnäckigkeit, das macht investigativen Journalismus aus.
Der Journalist Jens Weinreich bezeichnete den IOC einmal ironisch als „weltfriedensstiftenden Milliardenkonzern“. Können Events wie die WM oder Olympia in politischer Hinsicht Positives bewirken? Oder schmücken sich die globalen Sportausrichter da mit falschen Federn?
Harm: Die Sportverbände könnten auf jeden Fall Positives bewirken. Auf der anderen Seite steht aber das Milliardengeschäft. Die großen Gelder, die FIFA und IOC einnehmen, kommen immer noch in zu geringem Maße bei den Sportlern und Fans an, sondern wandern in die Taschen der Funktionäre und Verbände. Schon deswegen können IOC und FIFA nicht als friedensstiftend bezeichnet werden. Nach Verbandsrecht sind es Vereine, doch tatsächlich sind es Großkonzerne, die Unsummen verdienen, auch eben durch ihre Sportler und ihre Fans. Die Fußball-WM ist auch ein Corporate Event, es geht fast nur noch um Geld, weniger um Fans, Fußballleidenschaft und friedensstiftende Aktionen.
Glauben Sie, dass die Leidenschaft der Fans irgendwann abnehmen wird, wenn der normale Fußball-Fan im Stadion merkt, dass er eigentlich nur noch einem Mega-Kommerz-Event beiwohnt?
Harm: Ich glaube, da muss man zwischen Fußball und den Olympischen Spielen unterscheiden. Fußball ist ein Sport, der überall auf der Welt von jedem gespielt wird. Deswegen ist diese Liebe zum Fußball auch so weit verbreitet und deshalb ist es für den Fan schwieriger, zu sagen: Ich habe keine Lust mehr darauf.
Dagegen geht es bei Olympia um viele Sportarten, die nicht so heißblütig geliebt und verehrt werden, nicht um dieses Massenphänomen Fußball. Im IOC spürt man daher inzwischen auch den Rückgang vom Interesse am Produkt Olympische Spiel . Winterspiele will kaum noch jemand ausrichten, diverse Städte haben sich auch von der Austragung der Olympische Sommerspiele zurückgezogen, Hamburg, Budapest, Boston.
Bei der Fußball-WM ist das Interesse nach wie vor ungebrochen hoch, die Begeisterung und die Fanscharen riesig. Ich glaube ich nicht, dass diese Begeisterung in Zukunft siginifikant abnimmt.
Hello
Man sollte Wut auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht zum Leitmotiv seiner journalistischen Arbeit machen. Diese Seite hier (wer liest sie eigentlich?) ist schon sehr tendenziös. Leider unquzalifizierte Meinungsmache. Hatte mehr erhofft.