Masha Sedgwick

Man muss sich auch um seine innere Schönheit kümmern.

Masha Sedgwick ist von Beruf Modebloggerin und präsentiert auf Ihrem Blog seit 2010 täglich ihre neuesten Outfits, gibt Tipps zu Styling und neuer Kosmetik. Im Interview erzählt sie, wie sie ihr Hobby zum Beruf machte und spricht über Arbeitsalltag, Einnahmequellen, böse Kommentare, No-gos bei der Bildbearbeitung, Primark und Nachhaltigkeit.

Masha Sedgwick

© Masha Sedgwick

Masha, sich mit teurer schöner Kleidung fotografieren zu lassen, ist der Kindheitstraum vieler Mädchen. War das bei dir auch so?
Masha Sedgwick: Auf jeden Fall. Ich habe nicht gezielt darauf hingearbeitet, aber mittlerweile ist es mein absoluter Traumjob. Ich komme aus keinem reichen Elternhaus, deshalb war es für mich immer etwas Besonderes, wenn ich neue Klamotten bekommen habe. Dass ich genau damit jetzt mein Geld verdiene, ist zwar ironisch aber doch super. (lacht)

Ist das Bloggen gerade dein Hauptberuf?
Sedgwick: Ja. Ich habe Wirtschaft studiert, weil ich schon immer wusste, dass ich später mal selbstständig arbeiten möchte. Aber dass es dann die Mode wird, habe ich damals nicht kommen sehen. Ich gehöre ja mit zu der ersten Generation, die überhaupt vom Bloggen leben kann. Es war am Anfang einfach nur ein Hobby und ich bin noch nicht mal auf den Gedanken gekommen, dass das später mein Beruf sein könnte.

Was war damals der Grund das Wirtschaftsstudium zu schmeißen und sich ganz auf das Bloggen zu konzentrieren?
Sedgwick: Es gab keinen richtigen Auslöser. Das mit dem Bloggen wurde einfach immer mehr und ich habe alles auf eine Karte gesetzt und hatte Glück. Ich habe es nie bereut, mein Studium auf Eis gelegt zu haben, schließlich plane ich es zu beenden, wenn es um das Bloggen wieder ein bisschen ruhiger wird.

Wie viele Stunden am Tag investierst du in deinen Blog?
Sedgwick: Ich habe das Glück, dass bei mir Hobby und Job ineinander übergehen. Das heißt ich kann gar nicht so genau sagen, wo die Arbeit anfängt und wieder aufhört. Prinzipiell sind es aber schon zehn bis zwölf Stunden am Tag und das die ganze Woche lang. Samstags nehme ich mir ab und zu mal frei, aber abends feiern gehen, ist auch schwierig, weil ja am Sonntag der Beitrag geschrieben werden muss.

Was fallen denn da alles für Aufgaben an?
Sedgwick: Zunächst einmal alles, was man auf dem Blog sieht. Die Looks müssen kreiert, die Fotos geschossen und später bearbeitet werden. Dann natürlich die Texte schreiben und die Produkte zusammensuchen. Außerdem übersetze ich mittlerweile jeden meiner Texte ins Englische. Hinzu kommen das Beantworten von Mails und das Posten auf Facebook und Instagram. Und ich überprüfe regelmäßig meine Statistiken. Das klingt ein bisschen komisch, ich weiß, aber durch mein Studium bin ich ein zahlenfixierter Mensch geworden. Ich muss mich auch um Rechnungen und Steuersachen kümmern. Es ist ziemlich viel, was da im Hintergrund passiert. Ansonsten bin ich oft auf Events oder treffe mich mit Journalisten und Networkern.

Gibt es bei der Bildbearbeitung irgendwelche No-gos?
Sedgwick: Ja, die gibt es auf jeden Fall. Mir ist eine gewisse Linie wichtig, weshalb ich meine Fotos auch alle selbst bearbeite. Was man meiner Meinung nach nicht tun sollte, ist zu viel an sich selbst zu bearbeiten. Pickel und Augenringe retuschiere ich weg, aber wenn man seine Figur verändert, seine Nase schmaler oder seine Lippen voller macht, überschreitet man eine Grenze. Ich bin nun mal nicht perfekt, das wissen meine Leser auch. Und es gibt nichts Peinlicheres, als auf ein Event zu gehen und dort ganz anders auszusehen als auf den Modefotos.

Zitiert

Es gibt beim Bloggen drei Einnahmequellen und davon ist alles Werbung.

Masha Sedgwick

Kann man denn wirklich vom Bloggen leben?
Sedgwick: Es ist schwierig. Bloggen ist kein Beruf, der bereits seit Jahren existiert und den man erlernen kann. Die meisten Blogger sind da mehr oder weniger reingerutscht und haben sich alles selbst beigebracht. Mittlerweile kann ich aber gut davon leben und gehöre auch zu wenigen, die kein zweites Standbein haben.

Gibst du mehr Geld fürs Essen oder fürs Shoppen aus?
Sedgwick: Eigentlich hält es sich die Waage. Schließlich muss ja jeder von uns etwas essen und auch am Körper tragen. Natürlich habe ich das Glück viele Kleider gestellt zu bekommen. Die meisten verwende ich aber nur für meine Shootings und sende sie anschließend wieder zurück.

Wie groß ist der Anteil deiner Einnahmen, der durch Werbung zustande kommt?
Sedgwick: Es gibt beim Bloggen drei Einnahmequellen und davon ist alles Werbung. Da gibt es einmal die Affiliation, da verlinke ich Produkte auf meinen Blog ohne mich groß darüber zu äußern. Wenn diese Produkte dann gekauft werden, bekomme ich eine Provision. Ich sage mal so 5-10% des Produktpreises. Dann gibt es noch die Bannerwerbung, die ich allerdings nicht nutze. Das Design meines Blogs ist ja sehr schlicht und ich möchte nicht, dass irgendwas davon ablenkt. Außerdem nervt mich solche Werbung selbst. Und die dritte Möglichkeit, die von der ich hauptsächlich lebe, sind Editorials, also Bilderstrecken auf denen ich bestimmte Klamotten trage. Bei Editorials werde ich dafür bezahlt, dass ich ein bestimmtes Produkt trage oder ein Event promote.

Auf deinem Videokanal auf Youtube zeigst du auch Produkte. Bezahlen dich die Hersteller für diese Art der Präsentation?
Sedgwick: Nein, in den meisten Fällen nicht. Ich bekomme viele Produkte zugeschickt, aber ich bin nicht verpflichtet darüber zu schreiben. Wenn mir ein Produkt gefällt, nachdem ich es getestet habe, schreibe ich darüber, wenn nicht, nicht. Es muss auch nicht alles auf meinem Blog gesponsert sein. Wenn ich ein Produkt mag, dann integriere ich es gerne auch ohne Bezahlung.

Gab es Bereiche wie Recht und Marketing in die du dich für deinen Blog erstmal einarbeiten musstest?
Sedgwick: Wenn man einen Blog führt, muss man sich vieles selbst aneignen. Man probiert aus und schaut, wann man zum Beispiel einen Post veröffentlichen sollte, damit dieser besonders oft angeklickt wird. Die Sache mit den Steuern kann man sich aber leider nicht wirklich selbst beibringen. (lacht) Das war auch nicht mein stärkstes Fach in der Uni, aber heute habe ich einen Steuerberater. Das Studium hat mir für meinen Blog nur indirekt etwas gebracht. Es hat mein Denken geprägt und ich konnte dadurch ganz anders rangehen, als ich gemerkt habe, dass mein Blog nicht nur ein Hobby ist, sondern zur Einnahmequelle werden könnte.

Welche Aufgaben nimmt dir deine Agentur ab?
Sedgwick: Eine ganze Menge ehrlich gesagt. Die täglichen Mails, die Abwicklung der Kooperationen und all diese administrativen Aufgaben. Mir war es wichtig, dass ich jemanden habe, der mir den Rücken freihält. Gerade bei Kooperationen kann es oft zu Missverständnissen kommen und so weiß ich immer jemanden auf meiner Seite und bei neuen Projekten habe ich gleich einen Ansprechpartner.

Wie gewährleistest du für dich, dass du unabhängig bleibst?
Sedgwick: Ich habe das Glück, dass ich viele Anfragen bekomme und das meist von Firmen mit denen ich mich identifizieren kann. Die Firmen suchen sich ja auch die Blogger aus, die ihrer Ansicht nach zu ihrer Marke passen. Bei Brands wie Topshop kann ich gar nicht unauthentisch sein, die liebe ich einfach. (lacht) Ich selektiere mittlerweile auch sehr, was ich auf meinen Blog bringe und was nicht. In letzter Zeit versuche ich lieber weniger Editorials zu machen, die dann besser bezahlt werden und von Firmen sind, hinten denen ich stehe. Das ist natürlich ein Spagat, der manchmal nicht ganz einfach ist.

© Masha Sedgwick

© Masha Sedgwick

Es heißt oft, Blogger wären die neuen Meinungsführert. Stimmst du dem zu?
Sedgwick: Ein Blogger ist schon in gewisser Hinsicht ein Meinungsmacher. Allerdings glaube ich nicht, dass man das Bloggen mit den klassischen Medien auf eine Stufe setzen kann. Die klassischen Medien haben immer noch den Vorzug, da sie mit einem ganz anderen Budget arbeiten können. Manche Leute lesen lieber Blogs, andere lieber Printmedien. Das ist so und das wird auch so bleiben.

Also lösen Modeblogs die Magazine nicht ab?
Sedgwick: Nein. Das Ganze verlagert sich nur. Viele Modemagazine sind gerade im Umbruch, andere verpassen die Trends der Zeit. Ich sehe in Modezeitschriften oft nur noch seitenweise Werbung, dann kommen vielleicht drei spannende Artikel und der Rest ist wieder nur Werbung. Blogger sind in diesen Dingen authentischer. Allerdings haben wir nicht die Möglichkeiten, aufwendige Strecken wie beispielsweise die VOGUE zu produzieren. Es ist einfach ein ganz anderes Gefühl durch so eine Strecke zu blättern, anstatt die Bilder digital zu sehen. Für mich ist da immer noch ein großer Unterschied, allein schon wegen der Haptik.

Hast du eine Art Kampf zwischen Bloggern und Journalisten schon erlebt?
Sedgwick: Nein, ich persönlich nicht. Man merkt hin und wieder bei wirklich alt eingesessenen Journalisten eine gewisse herablassende Haltung. Das finde ich dann nicht fair. Schließlich arbeite ich genauso hart und intensiv wie alle anderen.

Wie hoch ist der Konkurrenzkampf unter Bloggern?
Sedgwick: Erstaunlicherweise verstehe ich mich mit den meisten Bloggern ziemlich gut. Mit manchen bin ich sogar befreundet. Ich glaube der Unterschied bei uns Bloggern ist, dass eine Firma meistens mit mehreren Bloggern zusammenarbeiten kann. Es ist also nicht so wie bei Models oder Fotografen, wo einer den Job bekommt und die anderen leer ausgehen. Meine Leser können auch andere Blogs lesen; dadurch verliere ich sie ja nicht. Konkurrenz beim Bloggen macht einfach generell nicht viel Sinn, weil man ja nicht nur online, sondern auch offline kompatibel sein muss. Leider gibt es trotzdem ein paar schwarze Schafe, die gegeneinander hetzten oder neidisch sind.

Hattest du schon mal Kontakt mit so einem schwarzen Schaf?
Sedgwick: Es gab mal eine Bloggerin, die mir die ganze Zeit Hater-Kommentare auf meinem Blog hinterlassen hat. Und bis heute kann sie keinen Post unkommentiert lassen.

RTL hat unter der Plattform Blogwalk einige Blogger verpflichtet. Ist der Sender nur ein Trittbrettfahrer oder kann das Format wirklich was leisten?
Sedgwick: Also ich wünsche den Mädels, dass das Projekt aufgeht, aber ich würde da nicht mitmachen. Ich bin gerne unabhängig und ich glaube, wenn man einen Fernsehsender über sich sitzen hat, der natürlich Umsatz machen möchte, kann man als Blogger gar nicht unabhängig und authentisch bleiben. Außerdem muss ich sagen, dass die Zielgruppe dieses Senders nicht die Zielgruppe ist, die ich für meinen Blog sehe.

Welche Zielgruppe möchtest du denn erreichen?
Sedgwick: Ich war nicht selten überrascht über die Vielfältigkeit meiner Leser. Da gibt es einmal die total alternativen Mädels, die Punk hören und total Rock’n’Roll drauf sind und auf der anderen Seite gab es vor kurzem auch eine Dame über 30, mit schickem Armani-Anzug die mir sagte, wie gern sie meinen Blog liest. Prinzipiell möchte ich Mädels in meinem Alter ansprechen, die gerade ihr Studium beendet haben, erste Berufserfahrungen sammeln und sich natürlich für Mode und vielleicht auch ein bisschen für meine Person interessieren.

Du hast im Sommer 2014 auf Twitter gepostet: „Designer haben kein Bock auf Blogger und ich keine Lust mehr auf Designer. Passt doch.“ Was meintest du damit?
Sedgwick: Da war ich so wütend… Ich hatte bei der Berlin Fashionweek gemerkt, dass immer mehr Sitzplätze an Sponsoren vergeben werden. Da sitzt dann die Frau von einem Sony-Chef auf einem Stuhl, der eigentlich für einen Modeblogger bestimmt war. Ich finde das nicht gut, schließlich ist es immer noch eine Presseveranstaltung und Leuten die sich nicht professionell mit Mode auseinandersetzen, sollten da nicht den größten Teil einnehmen.

Anne Wizorek, eine Feministin die 2013 den #Aufschrei ins Leben gerufen hat, schreibt in ihrem aktuellen Buch, dass sie das Gefühl hat, dass Attraktivität immer noch die wichtigste Aufgabe der Frau ist. Wie siehst du das?
Sedgwick: Also ich persönlich nehme das nicht so wahr. Ganz im Gegenteil. Natürlich ist Attraktivität sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein wichtiger Punkt. Es ist ja auch wissenschaftlich erwiesen, dass attraktivere Menschen es beispielsweise leichter haben einen Job zu bekommen. Auf der anderen Seite kenne ich viele erfolgreiche internationale Bloggerinnen, die eben nicht nur attraktiv, sondern auch extrem fleißig und diszipliniert sind. Man braucht neben dem schönen Gesicht auch eine gewisse geschäftsmännische Art.

Einer deiner Posts trägt den Titel „Die Schöne und die Biester“ in dem es um böse Kommentare im Internet geht. Im April hast du auch bei der Aktion #Smilestorm mitgemacht. Warum ist dir das Thema so wichtig?
Sedgwick: Als ich mit dem Bloggen angefangen habe, kamen recht viele böse Kommentare. Mit der Zeit wurden die bösen Kommentare weniger, aber bis heute gibt es Worte, die einfach unter die Gürtellinie gehen. Ich habe mir zwar ein dickes Fell angeeignet, aber ich möchte anderen Mut machen, sich diese Dinge nicht so zu Herzen zu nehmen. Selbst wenn nur eine Person mitnimmt, dass es vielleicht doch nicht so cool ist, solche Kommentare zu verfassen, war es mir das schon wert.

Möchtest du einen Kommentar mal nennen?
Sedgwick: Ich habe ein ganzes Video dazu gedreht, in dem ich Hater-Kommentare vorlese. Einer davon ist zum Beispiel: Ich habe mich noch nie geprügelt, aber ich habe irgendwie total Bock dich zu hauen. (lacht) Mittlerweile habe ich auch wieder genug angesammelt, dass ich einen zweiten Teil bringen könnte. Erstaunlicherweise kamen nach dem ersten Video weniger Kommentare, obwohl ich mir sicher war, dass jetzt alle in das Video möchten. (lacht)

Gibt es bestimmte Werte, die du deinen Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Sedgwick: Empathie, Respekt und eine gewisse Offenheit dem Leben gegenüber. Außerdem sollte man mutig sein und auch Dinge tun, die mit Risiken verbunden sind. Und man sollte erkennen, dass man nicht einfach nur eine Hülle ist, sondern sich auch um seine innere Schönheit kümmern muss, so blöd das klingt.

Was sagst du als Modebloggerin zum Thema Nachhaltigkeit?
Sedgwick: Nachhaltigkeit ist ein schwieriges Thema. Ich bin selbstverständlich pro Nachhaltigkeit, aber für mich als Blogger ist Nachhaltigkeit schwer umzusetzen, weil ich ja auch mit Designermode mein Geld verdiene und nicht garantieren kann, dass die immer nachhaltig produziert wird. Ich arbeite zwar nicht mit Primark, H&M oder anderen Discountern zusammen, aber das ist ja trotzdem keine Garantie für Nachhaltigkeit. Ich würde mir natürlich wünschen, dass viel mehr Firmen nachhaltig produzieren, aber ich verstehe auch, dass das Konzept teilweise einfach nicht aufgeht, weil die Menschen nicht bereit sind, mehr Geld für Kleidung in die Hand zu nehmen.

Also rätst du deinen Lesern davon ab, beispielsweise bei Primark einzukaufen?
Sedgwick: Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich sehe mich da nicht in der erziehenden Rolle, aber ich werde den Teufel tun und Primark auf meinem Blog promoten, egal was die mir für einen Betrag bieten würden. Ich weiß aber auch, dass viele Mädchen sich einfach keine teureren Marken leisten können. Das ist ein schwieriges Thema, an das ich mich nicht so ganz herantraue. Und wenn man mit Nachhaltigkeit anfängt, dann sollte man auch in anderen Bereichen vorzeigbar sein. Ich esse beispielsweise Fleisch und trage Pelz, wenn auch nur Vintage.
Die Bloggerin Dariadaria aus Wien geht beispielsweise sehr auf Nachhaltigkeit in ihrem Blog ein. Die muss ich sich den ganzen Tag mit Kommentaren rumschlagen, wenn ein Kleidungsstück mal nicht zu hundert Prozent nachhaltig ist oder man sie mit Eiern auf ihrem Burger gesehen hat. Das hört dann einfach nicht auf und das wäre mir ehrlich gesagt zu stressig.

Trüben Berichte über Kinderarbeit oder ausgebeutete Fabrikantinnen deine Lust auf Konsum?
Sedgwick: Seit ich blogge und viele Dinge gesponsert bekomme, hatte ich noch nie so wenige Klamotten in meinem Kleiderschrank. Wenn man seinen Stil gefunden hat, dann hat man seine paar schönen und hochwertigen Teile und mehr braucht man dann auch gar nicht. Je älter man wird, desto mehr Wert legt man darauf, dass es Kleider sind, von denen man auch länger etwas hat. Statt eines zehn Euro H&M-Pullovers kaufe ich mir dann eben einen Kaschmirpullover, der mich jahrelang begleitet.

Siehst du dich selber als Style-Vorbild?
Sedgwick: Ich mache ja im Grunde nichts anderes, als meinen Stil der Welt da draußen zu zeigen. Es gibt Menschen, die meinen Style gut finden und für die ich bestimmt auch ein Vorbild bin. Aber ich gehe jetzt nicht mit dem Gedanken an meine Outfits, dass sie unbedingt anderen gefallen müssen. In erster Linie muss ich mir selbst gefallen und wenn andere das dann auch schön finden umso besser.

Man sieht dich auf Bildern immer wieder mit anderer Haarfarbe. Was bist du denn von Natur?
Sedgwick: Also um ehrlich zu sein, habe ich seit ich dreizehn Jahre alt bin meine Naturhaarfarbe nicht mehr gesehen. Ich glaube es ist so ein dunkles Aschblond, was ich total doof finde. Irgendwann habe ich meine Haare dann einfach rot gefärbt. Es gibt immer wieder Momente, wo ich mich daran satt gesehen habe, dann werden die Haare mal grün, lila oder schwarz. Früher oder später komme ich aber immer wieder zum Rot zurück. Rote Haare sind einfach mein Markenzeichen. Manchmal muss ich aber kleine Seitensprünge in die Haarfarbenwelt unternehmen, damit es nicht zu langweilig wird.

Wo ziehst du die Grenze zwischen Privatperson Masha und der Bloggerin Masha Sedgwick?
Sedgwick: Ich ziehe die Grenze bei wirklich privaten Problemen, die ich nicht in die Öffentlichkeit tragen möchte. Natürlich habe ich auch schon private Dinge angesprochen, aber dann nicht um mich mitzuteilen, sondern um anderen Lesern, die vielleicht gerade in einer ähnlichen Situation sind und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, zu zeigen wie ich gehandelt habe.

Das hört sich gerade eher wie ein Lebensratgeber als ein Modeblog an?
Sedgwick: Nein, also ich möchte ungern in die Rolle eines echten Ratgebers schlüpfen, aber gerne einen Denkanstoß geben. Mir ist es auch wichtig, dass sich meine Leser ihre eigene Meinung bilden. Ich bin jung und mache Fehler, schließlich bin ich noch im Lebenslernprozess, aber ich finde es wichtig meine Leser auf gewisse Dinge aufmerksam zu machen.

Du postest auf Facebook auch aktuelles Nachrichtengeschehen…
Sedgwick: Das mache ich auf meinem persönlichen Profil. Auf meinem Blog spreche ich nicht über Politik. Das heißt natürlich nicht, dass ich keine politische Meinung habe, aber ich möchte nicht auf meinem Blog darüber reden. Dafür gibt es andere Medien. Ich versuche mich, was Politik angeht eher zurückzuhalten, weil die Diskussionen oft zu heikel sind und man mit Politikthemen auch Leute schnell vor den Kopf stoßen kann. Jeder muss da seine eigenen Ansichten entwickeln. Aber es ist wichtig, dass man sich damit beschäftigt.

Du bist in Russland geboren. Wie erklärst du dir, dass die russischen Frauen viel mehr Make-up tragen als in Deutschland?
Sedgwick: In Russland gibt es bis heute mehr Frauen als Männer. Und wenn ganz viele kluge, gutaussehende Frauen aufeinandertreffen und es nur eine Hand voll Männer gibt, ist die Konkurrenz eben eine ganz andere. Außerdem ist das auch eine Mentalitätssache. Die deutschen Frauen sind nicht bereit, viel Geld für Mode oder Make-up auszugeben, obwohl sich das in den letzten Jahren auch geändert hat. Viele geben ihr Geld aber lieber für ein Haus, Auto oder Versicherungen aus. In Russland hat man noch nie Geld zurückgehalten, weil man sich nie sicher sein konnte, ob es am nächsten Tag noch was wert ist. Aber Schuhe nimmt einem eben keiner so schnell weg. (lacht)

Gibt es in Berlin einen Ort dem du dich kleidungsmäßig nicht gewachsen fühlst? Du hast ja mal gepostet, „… sich im Soho underdressed fühlen – Dauercheck!“
Sedgwick: Ich gehe heute viel lockerer mit dem Thema Mode um, als noch vor ein paar Jahren. Mein Stil ist auch nicht mehr so gezwungen und mir sind hochwertige Stoffe wichtiger. Wenn ich in meiner Freizeit unterwegs bin, habe ich einfach nicht immer Lust so ein großes Heck meck zu veranstalten. Ich tobe mich, was sowas angeht, auf meinem Blog und auf Events schon genug aus.
Aber wenn ich mich dann halt mit einer Freundin im Soho House treffe, ist die natürlich meist super gestylt, weil es für sie ein Moment ist, wo man sich auch mal aufstylen kann. Ich komme meistens in T-Shirt und Sneakers. Und wenn ich beispielsweise im REWE einkaufe, genieße ich es richtig, in Jogginghosen und Pullis rumzulaufen. (lacht)

© Masha Sedgwick

© Masha Sedgwick

Du hast in einem Interview mal deine Angst vor Falten geäußert. Hörst du auf zu bloggen, wenn du die erste Falte entdeckst?
Sedgwick: Quatsch. Natürlich nicht. Meine Leser werden ja mit mir älter. Allerdings ist die Modebranche hart und erlaubt einem kaum älter zu werden. Wenn dann eine Mitte-Zwanzigjährige Werbung für Antifaltencreme macht, dann macht man sich schon so seine Gedanken. Ich dramatisiere das Ganze aber auch gerne, denn eigentlich muss ich mir keine Sorgen mache, wenn ich mir meine Mutter so ansehe. Sie sieht mit 50 Jahren immer noch super aus. Allerdings glaube ich schon, dass das ein Thema ist, was meine Leser in Zukunft durchaus interessieren wird.

Fällt dir spontan jemand ein, der ganz dringend von dir eine Style-Beratung bräuchte?
Sedgwick: Nein. Ich bin der Meinung, dass jeder anziehen sollte, worin er sich wohl fühlt. Mode soll keine Zwangsjacke sein. Wenn man etwas schön findet, sollte man es tragen, egal ob es gerade Trend ist oder nicht. Wenn man sich selbst allerdings unwohl fühlt, kann man sich gerne an mich wenden, dann gebe ich ein paar Tipps.

[Das Interview entstand im November 2014.]

Ein Kommentar zu “Man muss sich auch um seine innere Schönheit kümmern.”

  1. Mister Matthew |

    Howdy!
    Tolles Interview! War richtig gefesselt und habe gespannt gelesen. Deshalb ist mein Reis angebrannt, vielen Dank! :) Die Fragen die gestellt worden gefallen mir sehr gut! Kompliment!

    Lieben Gruß, Mister Matthew.

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