Max, du hast gerade dein zweites Album „…aus dem Bauch“ veröffentlicht. Wie hoch war Erwartungsdruck, nach dem erfolgreichen Debüt-Album?
Mutzke: Am Anfang, als wir das erste Album „Max Mutzke“ veröffentlicht haben und sofort auf Platz 1 der Charts gingen, war der Erwartungsdruck überhaupt nicht hoch. Wir waren auf Tour, haben auf diversen Medienevents gespielt, hatten eine weitere Tour als Support von Katie Melua und wurden irgendwie von der Welle des Erfolgs getragen. Dann war schon ein Jahr vorbei, und auf einmal ging alles schlagartig zurück, die Konzerte, Interviews, Festivalbuchungen und so weiter, weil wir einfach viele Sachen in Deutschland schon abgegrast hatten. Da wurde mir klar, dass wir uns auf jeden Fall um ein zweites Album kümmern müssen. Also habe ich mich hingesetzt, an neuen Songs gearbeitet und mir das Gitarre spielen beigebracht. In dieser Zeit habe ich auf jeden Fall auch einen großen Erwartungsdruck gespürt, da kommen dann auch Ängste ins Spiel..
…wie zum Beispiel?
Mutzke: Werden die Songs von den Fans genauso gut aufgenommen wie beim ersten Album? Habe ich überhaupt genug Ideen für ein ganzes Album? Umso näher der Veröffentlichungstermin dann rückte, umso krasser wurden auch meine Gefühle. Ich glaube aber, dass man sich da eigentlich nicht so verrückt machen sollte. Wir haben mit dem neuen Album bis jetzt noch nicht die Chart-Spitze erreicht, aber ich denke, es werden sicherlich viele Leute von den neuen Songs erfahren und dann auch zu den Konzerten kommen.
Du hast gerade auch jene Zeit erwähnt, in der die Aufmerksamkeit für deine Person schlagartig zurückging. Wie fühlt sich das an?
Mutzke: Na ja, man kann das ja persönlich nehmen und sich fragen: Was habe ich jetzt falsch gemacht, bin ich zu langweilig geworden? Damit hatte ich aber eigentlich keine Probleme. Mir wurde ja von vornherein erklärt, dass alles irgendwann weniger wird, egal wie erfolgreich ein Album war. Es gibt ja so viele gute Künstler auf dem Markt, die ihre Songs unter die Leute bringen wollen. Da kann es nicht immer nur um Max Mutzke gehen. Ich habe das als System gesehen, aber natürlich habe ich auch die Bühne vermisst und die Aufmerksamkeit des Publikums. Die Arbeit an neuen Songs und einem Album braucht aber ihre Zeit, und da muss man sich dann auch einfach zurückziehen. Das war schon okay.
Stefan Raab hat in einem Interview einmal gesagt: „Manchmal brauche ich für einen Song nur 10 Minuten.“ Wie entstehen deine Songs? Wie lange brauchst du?
Mutzke: Die Ur-Idee, der Ur-Rhythmus, das Thema eines Songs, das alles entsteht meistens sehr spontan. Man singt im Alltag vor sich her, beim Autofahren oder so. Wenn ich eine Idee habe greife ich zu meinem Handy, schalte in den Aufnahme-Modus und halte sie fest. Über die Zeit entsteht dann eine Sammlung von Ideen, die dann zu in sich schlüssigen Songs verarbeitet wird. Manchmal dauert das nur zwei oder drei Stunden, aber natürlich trägt man eine Songidee auch mal einige Tage mit sich herum, bevor der Song eine klare Struktur bekommt.
Wie hat dein Produzent Stefan Raab auf die neuen Songs reagiert?
Mutzke: Wenn man einen Song schreibt, gibt man ja erstmal viel Persönliches von sich preis, und kann während der Entstehung oft gar nicht objektiv beurteilen, ob der Song jetzt gut oder schlecht ist. Deshalb posaune ich meine Ideen auch nicht durch die Gegend, sondern spiele sie Stefan in alle Ruhe vor, er lädt sie sich auf seinen Ipod und hört sie sich wochenlang an. Ich habe zu Stefan ein großes Vertrauen und weiß, dass er mich niemals auslachen würde. Natürlich gab es einige Songs, wo wir uns einig waren, dass man da melodisch oder inhaltlich noch was verändern muss, aber insgesamt gesehen haben ihm die Songs schon sehr gut gefallen. Ich habe ihm 16 Songs vorgelegt und einen Großteil haben wir dann auch produziert.
Auch der Cover-Song „Mein Automobil“ hat es auf das Album bzw. in die Charts geschafft. Allerdings hat man dir auch vorgeworfen, der Song würde in Zeiten der Klima-Debatte ein falsches Zeichen setzen…
Mutzke: Wenn ich so was lese kann ich nur lachen. Der Song soll die Leute ja nicht zum Autofahren animieren, sondern einfach nur gute Laune verbreiten. Des Deutschen Liebling ist mit dem Schäferhund ja das Auto, aber das liegt ja nicht an unserem Song. (lacht) Ich habe den Song immer als sehr charmant empfunden, also dass es da eher um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Den Satz „Und bist du gut zu mir, dann bin ich gut zu dir“ fand ich schon im Original sehr cool. Das ist ja fast so’n Weltsatz! (lacht) Es gab aber oft ein paar Äußerungen, die ich nicht richtig ernst nehmen konnte. „Schwarz auf weiß“ ist zum Beispiel so ein Song, der schon drei Jahre vor dem Raab-Casting fertig war und wo mir damals unterstellt wurde, ich sei rechtsradikal, das wäre so eine Nummer der Unterdrückung, was natürlich völlig absurd ist.
Das zeigt aber auch, was es bedeutet in der Öffentlichkeit zu stehen, welche Reaktionen man unbewusst auslösen kann…
Mutzke: Ja, total! Ich war letzte Woche zu Gast bei einem Radiosender und die haben mir dort erzählt, dass die Redaktion oft bitterböse Emails bekommt, wenn in den Verkehrsnachrichten die Orte falsch ausgesprochen werden. Ich glaube, wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss schon sehr genau darauf achten was und wie man etwas sagt.
Wo wir schon beim Thema Öffentlichkeit sind, im Oktober 2005 warst du als Beifahrer in einen Autounfall mit Todesfolge verwickelt. Die Pressemeldungen überschlugen sich daraufhin mit Spekulationen über eventuelle Mitschuld deinerseits. Du hast dich damals zurückgezogen, und deinen Fans nur eine Nachricht hinterlassen, dass dir nichts passiert sei. Wie hast du diesen öffentlichen Druck damals erlebt?
Mutzke: Ich habe es so empfunden, dass ich von der Boulevard-Presse eigentlich noch relativ verschont wurde. Ich kannte ja die ganzen Angehörigen der verstorbenen Frau durch den Unfall, aber über das Opfer wurde eigentlich nie berichtet. Es hieß immer nur „Max hat den Todesunfall überlebt“ und das fand ich schon ziemlich dreist, also dass der Fokus immer nur auf den Prominenten gelegt wurde. Ich habe den Angehörigen damals gesagt, dass ich dafür nichts kann und mir selber das auch nie recht war. Es ging bei diesem Unfall um ein Menschenleben, und das wurde überhaupt nicht wahrgenommen. Das war alles verzerrt und sensationsgeil. Das hat mich schon sehr geärgert!
Hast du heute noch Kontakt zu den Angehörigen?
Mutzke: Ich glaube das ist sehr schwer da den Kontakt zu halten. Dieser Unfall war für alle Beteiligten sehr schlimm, und wahrscheinlich wird man da als Angehöriger auch nie wirklich drüber hinweg kommen. Die Familie der jungen Frau versucht für sich wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren, und ich glaube, dass ich an dieser Stelle nicht wirklich viel dazu beitragen kann. Ich habe mich da aus Achtung vor der Trauer dieser Menschen auch an keiner Stelle versucht aufzudrängen.
Es gibt ja so viele gute Künstler auf dem Markt, die ihre Songs unter die Leute bringen wollen. Da kann es nicht immer nur um Max Mutzke gehen.
Kommen wir zurück zur Musik: Wie kann man sich einen Studiotag mit Stefan Raab vorstellen?
Mutzke: Wir brauchten zum Arbeiten immer eine gewisse Muße und die haben wir meistens nur am Wochenende gefunden. Ich kam zum Beispiel am Freitag um 15.00 Uhr bei ihm an, wir waren spazieren, haben was gegessen und einfach entspannt die Zeit miteinander verbracht, bevor wir an die Arbeit gegangen sind. Wenn wir dann im Studio waren haben wir aber die ganze Nacht durchgearbeitet und so ging das dann meistens bis Montag früh. Diese Wochenenden mit Stefan waren schon immer sehr intensiv, weil wir wirklich teilweise stundenlang hochkonzentriert gearbeitet haben. Stefan ist auch nach der „TV Total“-Aufzeichnung mit Musikern ins Studio gegangen und hat Musikparts aufgenommen – wir haben einmal ausgerechnet, dass er teilweise auf eine 105-Stunden-Woche gekommen ist. Ich glaube es gibt nur ganz wenige Menschen die so ein Pensum durchziehen können, und ich werde das wahrscheinlich nie in meinem Leben schaffen.
Jetzt würde natürlich jeden interessieren wie Stefan Raab dieses Arbeitspensum mit Frau und zwei Kindern in Einklang bringt, doch über sein Privatleben ist so gut wie nichts bekannt. Warum schottet er sich so konsequent von der Öffentlichkeit ab?
Mutzke: Ich kann das gut nachvollziehen. Es birgt ja auch Gefahren, wenn die Öffentlichkeit alles über dich und deine Familie weiß. Ich glaube es ist einfach wichtig, dass man sich als prominente Person seinen ganz privaten Rückzugsraum schafft. Ich bewundere Stefan sehr dafür, dass er diese Maxime so konsequent durchhält, und ich möchte mich da auch ähnlich verhalten. Über meine Familienplanung wird man nie etwas in den Medien finden. Gerüchte, die aufkommen, kommentiere ich auch nicht und ich merke, dass sich das sehr lohnt.
Andererseits steht man als Prominenter auch gerne in der Öffentlichkeit, oder?
Mutzke: Natürlich ist es schön, wenn man viel Aufmerksamkeit durch die Medien bekommt, aber man muss seine Familie da nicht mit reinziehen. Ich finde es auch viel schöner wenn man als Fan nicht so viel über das Privatleben seines Stars weißt, weil man sich dann auch schöne Phantasien spinnen kann. Ich glaube dass es für das lange Überleben eines Künstlers auch wichtig ist, dass man nur bedingt Sachen preisgibt. Da gibt es Extrembeispiele wie Daniel Küblböck, die innerhalb von wenigen Monaten ihr komplettes Privatleben veröffentlichen, und irgendwann gibt es dann einfach nichts mehr zu berichten.
Inwiefern hast du in Deutschland schon unangenehme Erfahrungen mit Paparazzis gemacht?
Mutzke: Ich bin ja ein relativ kleiner Fisch, und da ist das Interesse einfach nicht so groß. Ich kann über die Straße laufen ohne von Kameras verfolgt zu werden. Was mich aber extrem stört sind diese Fotohandys, wo dich dann Jugendliche beim Essen fotografieren und so was. Es gibt einfach nichts Blöderes!
Das Musikgeschäft ist sehr schnelllebig – hast du manchmal Angst, es könnte mit dem Erfolg bald alles wieder vorbei sein?
Mutzke: Ich finde es eigentlich cool, selbstständig zu sein, aber du hast halt kein festes Gehalt und deine Zukunft ist immer ungewiss. Ich würde nichts anderes mehr machen wollen, aber diese Unruhe ist schon ein permanenter Begleiter. Klar, wenn du Erfolg hast und eine tolle Tour spielst, hast du gar nicht viel Zeit zum Grübeln, aber wenn es dann mal stiller wird, ziehen einem schon viele Gedanken durch den Kopf, wie das alles weitergeht und ob die nächste Tour auch ein Erfolg wird. Ich bin zwar ein Bauch-Mensch, der immer auf sein inneres Gefühl hört, aber finanziell versuche ich schon immer ein gewisses Polster zu haben. Das ist mir sehr wichtig. Du erlebst in diesem Business natürlich wahnsinnig viel, wenn es gut läuft, aber diese Unsicherheit ist schon ein gewisser Preis, den du bereit sein musst, zu zahlen.
Im Musikvideo zu „Mein Automobil“ sind neben dir die drei Finalistinnen der Pro7-Show „Germany’s Next Topmodel“ zu sehen. In den Medien werden einem Models ja immer als DIE Traumfrauen suggeriert. War das auch dein persönlicher Eindruck? Oder sind Models privat doch eher langweilig?
Mutzke: Ich bin jetzt seit drei Jahren im Medienbusiness und habe schon viele Leute backstage getroffen, die ich vorher nur aus dem Fernsehen kannte. Da sind auch schon viele Illusionen zerstört worden.
Ich muss aber sagen, dass die Mädchen sehr nett und hübsch waren, auch wenn sie für mich jetzt nicht die absoluten Traumfrauen sind, weil ich einfach einen anderen Frauentyp bevorzuge. Ich würde aber auf keinen Fall sagen, dass die Models langweilig waren. Man muss das ja auch mal so sehen, dass die zum Zeitpunkt des Videodrehs noch ganz frisch im Medienbusiness waren und auf einmal mit ganz vielen wichtigen Menschen konfrontiert wurden. Ich bin vor der Kamera ja auch eher schüchtern, und will nicht unnötigen Quatsch erzählen. Das war bei den Mädchen nicht anders.
In amerikanischen HipHop-Videos tanzen Models im Bikini auf der Gartenparty oder räkeln sich im fetten Cabrio. Worin unterscheidet sich dein Video davon?
Mutzke: Diese Videos aus Amerika sind ja immer gleich aufgebaut, die Mädchen sehen alle gleich aus und tragen immer die gleichen sexy Klamotten. Es gibt meiner Meinung nach nur ganz wenige Künstler aus Amerika, die individuelle und interessante Videos machen. Ich habe zu den Mädchen und dem Team im Vorfeld immer gesagt, dass ich kein reines Flirt-Video machen will, wo man denkt, ich will die Mädchen alle nur ins Bett bekommen. Die Models sollten nicht das Gefühl bekommen, sie wären nur das Objekt der männlichen Begierde. Wir haben auch geguckt, dass wir keine Corvette oder irgendeinen fetten Sportwagen nehmen, sondern den klassischen deutschen Wagen, und das ist halt der VW Käfer. Der Song soll ja ironisch sein und keine Machonummer.
In den Medien war zu lesen, du seiest ein großer Fan von „Germany’s Next Topmodel“. Was gefällt dir denn an dieser Sendung?
Mutzke: Ich war eigentlich nie ein wirklicher Fan von den Top-Models und habe die Sendung auch erst angesehen als ich wusste, dass ich mit den drei Mädels drehen werde. Ich fand das dann aber schon ganz lustig zu sehen, wie die Mädchen die verschiedenen Aufgaben meistern. Und natürlich ist Bruce mit seiner abgedrehten Art irgendwie ein großer Publikumsmagnet dieser Show. Aber ich hab das jetzt nicht regelmäßig verfolgt. Ich bin auch kein großer Fernseh-Gucker, gucke nur hin und wieder mal die Nachrichten.
Du bist durch einen Casting-Wettbewerb einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Wie hast du dir vorher dein Geld verdient?
Mutzke: Als ich in Freiburg an der „Jazz & Rock“-Schule studiert habe musste ich das Geld teilweise selbst aufbringen und habe im Baumarkt im Holzzuschnitt gearbeitet. Das war ein Horrorjob! Das Arbeitsklima war total schroff, unpersönlich und ekelhaft. Ich habe mich da überhaupt nicht wohl gefühlt.
Wie hast du denn die Kundschaft im Baumarkt erlebt?
Mutzke: In so einem Baumarkt hast du ein relativ gemischtes Publikum. Ich hatte immer das Gefühl, dass die richtigen Profis dort gar nicht einkaufen, höchstens wenn es mal extreme Sonderangebote gibt. Meistens triffst du so auf den typischen Heimwerker oder auf die Leute, die noch nie einen Hammer in der Hand hatten. Da gab es dann auch welche, die mich allen Ernstes gefragt haben, was eine Stichsäge sei. Da denkst du dir echt: Wollen die mich jetzt verarschen? (lacht)
Aber du hattest auch angenehmere Nebenjobs…
Mutzke: Ja, ich habe an der Tankstelle hier in der Gegend von Waldshut gearbeitet, und das war schon ganz cool. Wenn ich Nachtschicht hatte, kamen immer mal wieder ein paar Kumpels vorbei, haben sich ihr Bierchen abgeholt und man hat ’n bisschen gequatscht.
Aber der coolste Job, den ich je gemacht habe, war der als LKW-Fahrer. Ich habe mit 18 gleich die Führerscheine für’s Auto, Motorrad und LKW gemacht und konnte dann immer mit Vier-Achsern in die Schweiz fahren. Das war richtig cool; manchmal hätte ich echt Bock, das noch mal zu machen. (lacht) Aber man darf natürlich auch nicht die Verantwortung unterschätzen, die man als Fahrer von so einem Wagen hat. Teilweise sind die Fahrer völlig übermüdet, weil sie sich zeitlich keine Pause erlauben dürfen. Viele LKW-Fahrer arbeiten da schon unter harten Arbeitsbedingungen.
Bei mir war das nicht so hart. Einmal durfte ich auch mit Hunderttonnern durch Kiesgruben fahren. Das waren dann teilweise echt Karren, die 40 Tonnen Leergewicht und voll beladen 100 Tonnen Gesamtgewicht hatten, so breit wie eine Bundesstraße und so groß und wuchtig wie ein Haus waren. Das war schon krass! (lacht)