Maximilian, wann hast du gemerkt, dass Mode mehr für dich ist, als einfach nur was zum Anziehen?
Maximilian Seitz: Ich habe mich schon immer verrückt und auffallend angezogen, aber in die Szene der Modeblogger bin ich eher durch Zufall reingerutscht.
Wie kam das?
Seitz: Vor drei Jahren habe ich just for fun eine Facebook-Seite erstellt und dort dann Bilder und Zeichnungen von mir hochgeladen. Nach einem Monat kam dann bereits die erste Anfrage eines Labels, ob sie mir Klamotten zuschicken dürften und von da an ging alles ruck zuck.
Wie gings dann weiter?
Seitz: Es haben mich immer mehr Labels angeschrieben, man hat sich mit vielen Leuten getroffen und ausgetauscht und plötzlich war ich dann Blogger. Als ich dann realisiert habe, dass sich das T-Shirt, das ich auf einem Bild trage, teilweise 300-mal verkauft, dachte ich mir: Mach ich diese T-Shirts doch einfach selbst. Und so habe ich dann mit 16 Jahren mein eigenes Modelabel gegründet.
Sind das Bloggen und dein Label gerade dein Hauptberuf?
Seitz: Nein. Mein Hauptberuf ist meine Ausbildung zum Verkäufer. Manche gehen in ihrer freien Zeit zum Fußball oder spielen Tennis und ich blogge und designe.
Auf deiner Website bietest du neben deinen eigenen Klamotten auch fremde Labels an. Nach welchen Kriterien suchst du die aus?
Seitz: Weder die Klamotten noch die Einstellung der Designer darf 0815 sein. Wenn ich eine Kooperation starte, muss ich merken, dass die anderen auch wirklich Lust auf die Zusammenarbeit haben und nicht nach ein paar Monaten schon wieder abspringen. Ich unterstütze auch gerne junge Designer, was allerdings nicht immer ganz einfach ist, da viele von denen noch minderjährig und damit vor dem Gesetz noch nicht voll geschäftsfähig sind.
Und wie kommt man dann „ins Geschäft“?
Seitz: Als ich mein Label gegründet habe, war ich auch noch keine 18 Jahre, hatte aber einen Geschäftspartner, meinen Vormund in solchen Dingen, der dann Verträge unterschreibt. Ich musste mich auch erstmal informieren, wie man ein Gewerbe anmeldet, wo man seine Klamotten produzieren lassen kann und so weiter. Meinen Vormund habe ich zum Beispiel ganz unseriös auf einer Feier kennengelernt (lacht). Wir waren uns gleich sympathisch und haben dann schnell entschieden uns zusammenzutun.
Gibt es für dich Tabus bei Kooperationen?
Seitz: Das Wichtigste ist, dass mir das Label gefällt. Ich achte allerdings auch darauf, dass es einen guten Ruf hat. Mit Designern, die Kinderarbeit unterstützen, würde ich zum Beispiel nie zusammenarbeiten, da recherchiere ich dann vorher ganz genau. Meine letzte Kollektion war auch zu 100% „fair trade“ hergestellt. Wir haben aus alten Jeanshosen, die wir im Freundeskreis zusammen gesammelt haben Beutel genäht und Leder von Möbeln abgezogen, die schon auf dem Sperrmüll standen.
Wie kommst du auf solche Ideen?
Seitz: Die kommen mir immer nachts. (lacht) Wenn ich dann aufwache, versuche ich sie mir immer gleich zu notieren, damit ich dann am nächsten Tag in Ruhe recherchieren kann, ob das Ganze auch umsetzbar ist.
Du erwähnst, dass du nicht mit Designern arbeitest, die Kinderarbeit unterstützen. Warum postest bzw. verlost du auf deiner Facebook-Seite denn immer wieder Schuhe von Nike? Wie geht das zusammen? Nike ist ja immer wieder wegen Kinderarbeit in die Kritik geraten.
Seitz: Dazu liegen mir persönlich keine Informationen vor, allerdings werde ich das noch einmal genauer recherchieren. Sollte diese Kritik der Wahrheit entsprechen, werde ich das Posten von Nike Schuhe etc. in Zukunft auf jeden Fall einschränken beziehungsweise beenden. Es entspricht nicht meiner Moral Kinderarbeit zu unterstützen.
Könntest du von deinem Hobby leben?
Seitz: Wenn ich eine geldgeilere Einstellung hätte, bestimmt. Viele raten mir immer wieder, mich richtig bei der Sache anzustellen, um viel Geld rauszuholen, aber das will ich gar nicht. Ich kenne die finanziellen Möglichkeiten von Leuten in meinem Alter. Man hat kaum Taschengeld und will aber trotzdem gut aussehen. Das Geld, was ich durch mein Label verdiene, wandert alles auf ein Konto und wird dort erstmal angelegt. Bei meinem Blog habe ich die finanzielle Seite einfach ausgeblendet. Ich lasse mir Klamotten zuschicken, verlange aber kein Geld dafür, wenn ich sie promote. Ich komme mit einem Plus raus und mehr brauch ich auch nicht. Ich blogge ja auch „nur“ über Facebook und Instagram.
Warum?
Seitz: Ich hatte auf meiner Facebook-Seite sehr viele Fans. Irgendwann stand dann aber natürlich zur Debatte, ob ich nicht lieber einen klassischen Blog für meine Entwürfe und Post erstellen sollte. Allerdings wäre dabei die Gefahr gewesen, die Leute beim „Umzug“ zu verlieren. Und so „blogge“ ich heute eben nur auf Facebook und Instagram. Das klappt super. Ich markiere einfach die Facebook-Seite des jeweiligen Labels und so bekommen die User alle wichtigen News von denen mit. Das ist eine viel bessere Werbung, als wenn ich den Namen des Labels auf einem klassischen Blog nur einmal erwähne.
Aber vermisst du es nicht eine eigene, persönlich gestaltete Website zu haben?
Seitz: Das frage viele, aber ich finde es so einfach viel sinnvoller und auch einfacher. Und was meine Designansprüche angeht, die kann ich auf der Website meines Labels ja jetzt schonungslos ausleben.
Wie wichtig sind soziale Netzwerke für dich?
Seitz: Sehr wichtig. Dadurch kann man heute super in Kontakt bleiben. Meine Fans können mir auf Facebook und Instagram Nachrichten schreiben, ich kann ihnen antworten, sie bekommen immer meine neusten Aktionen mit, ich kann auf sie eingehen und sie auch ein bisschen stalken. (lacht)
Du stalkst deine Fans?
Seitz: Ja klar. Wenn eine Person beinahe jedes Bild von mir liked, dann will ich schon wissen, wer da jetzt dahinter steckt. Also stalke ich und like dann auch immer das ein oder andere Bild von denen. Die meisten sind dann immer ganz aus dem Häuschen.
Wenn du dich zwischen Facebook, Instagram und Twitter entscheiden müsstest…
Seitz: Würde ich mich für Instagram entscheiden, Bilder sagen, gerade in der Modebranche, häufig mehr als tausend Worte. Facebook schränkt mir auch die Reich- und die Sichtweite zu sehr ein. Meine Facebook-Seite hat beispielsweise gerade um die 50.000 Fans. Damit 100% deiner Anhänger deine Posts sehen können, musst du allerdings Geld an Facebook bezahlen. Auf Instagram habe ich nur 21.000 Follower, bekomme aber deutlich mehr Likes, weil es da dieses System noch nicht gibt. Ich befürchte allerdings, dass dies nur eine Frage der Zeit ist, schließlich gehört Instagram jetzt ja auch zu Facebook. Ich empfinde das Ganze als große Verarsche, schließlich liken die Leute eine Seite um Informationen über die Person oder das Thema zu bekommen. Und wenn du dann als User nicht in diesem ausgelosten Prozentsatz bist, bekommst du gar nichts mehr mit.
Du wurdest in diesem Jahr auch exklusiv zur Fashion Week nach Berlin eingeladen…
Seitz: Verschiedene Designer haben mich zu ihren Shows eingeladen, das stimmt. Allerdings waren das dann irgendwann so viele, dass ich gar nicht die Zeit hatte überall hinzugehen. Mit vier Shows und drei Aftershowpartys am Tag man schon gut ausgelastet.
Bekommst du häufig fragende Blicke zugeworfen, wenn du mit 18 Jahren schon in der Frontrow von großen Designern sitzt?
Seitz: Wenn man so jung ist und ein bisschen verrückter angezogen, bekommt man solche Blicke immer mit. Ich finde es ja sehr amüsant, wie sich die Stimmung sofort wandelt, wenn plötzlich ein riesiger Managerheini neben dir steht. (lacht) Das ist dann meistens nochmal ein anderes Erscheinungsbild und alles ist plötzlich kein Problem. Man wird häufig nicht erst genommen, wenn man noch so jung ist, dabei steckt bei mir schon genauso viel Business hinter allem, wie bei den alten Hasen.
Was hast du als Inspiration von der letzten Fashion Week mitgenommen?
Seitz: In erster Linie haben mich die Zuschauer inspiriert, da gab es schon interessante Kreationen. (lacht) Eventuell tausche ich mich mit einem Designer aus, wo er einen bestimmten Stoff her hat, aber an Entwürfen orientiere ich mich nie. Am wichtigsten auf der Fashion Week sind meiner Meinung nach auch nicht die Shows, sondern das Austauschen und Networken. Ich habe bestimmt über 500 Visitenkarten von mir rausgehauen und genauso viele eingesteckt.
Was hat dich bei der Fashion Week am meisten überrascht?
Seitz: Die Dreistigkeit mancher Menschen. Ich habe ganz oft beobachtet, wie sich Leute unauffällig in die erste Reihe gesetzt haben, um die Geschenke aus der Goodiebag (Geschenktüte vom Designer, Anm. d. Red.) gemütlich in ihre Tasche umzufüllen. Wenn dann der Platzanweiser kam, haben sie sich dann umgesetzt und die leere Goodiebag zurückgelassen. Der Gast, dem der Platz eigentlich zusteht, geht dann leer aus. Sowas ist nicht nur für den Besucher mega scheiße, sondern auch für den Designer selbst. Wenn an dem Platz dann ein wichtiger Designer sitzt und die leere Goodiebag findet, wirft das kein sonderlich professionelles Licht auf das Label.
Schlussfrage: Wie viele Selfies machst du am Tag von dir?
Seitz: Nicht so viele. Ich mag eher Fotos, die von mir gemacht werden, weil man so auch meistens das ganze Outfit sieht. Ich finde die ganze Selfiekultur auch irgendwie blöd, weil man häufig nur noch die Hälfte mitbekommt. Gerade auf Konzerten stehen immer mehr Leute nur noch mit ihren Handys da und machen Fotos, damit sie später einen tollen Beweis haben. Die sind dann so darauf fokussiert das geilste Bild zu schießen, das sie den eigentlichen Moment dadurch verpassen. Ich erteile mir bei solchen Veranstaltungen immer selbst Handyverbot. Ein Bild wird geschossen und dann kommt das Teil weg.