Frau Illner, nach der Lektüre Ihres kürzlich erschienenen Buches "Politiker – Deutsch / Deutsch – Politiker" hat man ein wenig den Eindruck, dass das Politikgeschäft in Deutschland eine einzige Show ist, an der ganz viele gewiefte Selbstdarsteller teilnehmen …
Ehrlich? Dieses Gefühl habe ich nicht.
Sondern?
Jeder Politiker will natürlich etwas darstellen, aber gewieft wirken dabei eigentlich die wenigsten. Meiner Beobachtung nach gibt es Standardsituationen, in denen Politiker zu Stanzen und Phrasen greifen. Situation Nummer eins ist der Wahlkampf. Da macht man nicht nur Werbung für seine Partei, sondern auch für sich höchstselbst. Man ist eben auf Kundenfang. Und genauso kritisch wie Sie als Verbraucher im Supermarkt checken, was Ihnen die Werbung suggeriert, sollten Sie als Politik-Konsument prüfen, was Ihnen ein Politiker im Wahlkampf erzählt.
Situation Nummer zwei?
Das ist die eigentlich interessantere: Ein Politiker ist extrem unter Druck. Und das ist die Regel. Es verändert sich irrsinnig viel in irrsinnig kurzer Zeit, man fährt irgendwie immer im fünften Gang. Politiker wollen aber trotzdem jederzeit eine möglichst erhellende und geniale Antwort geben. Meistens können sie es nicht, antworten aber trotzdem wie aus der Pistole geschossen. In dieser Situation leuchten in ihren Hirnen Textbausteine auf wie "Exit"-Zeichen in einem notlandenden Flugzeug.
Wo sehen Sie das grundlegende Problem in Bezug auf die Politiker-Sprache?
Gestresste oder um eine Antwort verlegene Politiker neigen zu Schönsprech. Zu Euphemismen oder Formulierungen, die vage und unkonkret sind und so an den harten Wahrheiten vorbeigehen, dass man sie oft nicht ernst nehmen kann.
Ist es das, was Sie uns mit Ihrem Buch erklären wollen?
Ich will sagen: Gebt euch nicht mit diesen Sprüchen zufrieden! Schaut hinter die Fassade, hinter die Wortkaskaden. Schaut hinter das, was euch mehr als bekannt vorkommt und ermüdet. Davon gibt es genug und wird täglich neu produziert. Eigentlich muss man nur die Agenturmeldungen lesen, und schon hat man wie ein Schmetterlingsfänger neue Beute im Käscher. Es heißt zum Beispiel: "Wir müssen die Sozialsysteme zukunftsfest machen." Es mag toll sein für die Sozialsysteme, wenn sie zukunftsfest sind. Aber es wäre nett, wenn auch die Menschen eine Zukunft hätten. Anderes Beispiel: "Der Aufschwung muss verstetigt werden", und dieser "verstetigte Aufschwung" soll "auf alle Menschen verteilt werden". Von diesen Formulierungen, die so technokratisch sind, gibt es so viele, dass sich einem das Hirn sträubt.
Aber mit Show hat das Ihrer Meinung nach nichts zu tun?
Unter Show verstehe ich eine mehr oder weniger durchdachte Inszenierung. Mein Eindruck ist aber eher, dass die Politiker unter einem irren Druck stehen und nicht mit uns, den Medien, ,spielen‘. Sie machen eigentlich eher einen gehetzten Eindruck, anstatt große Player zu sein.
Gehetzt von den Medien?
Von den Medien, aber auch von den Situationen, auf die sie reagieren müssen. Und natürlich möchten sie nicht nur Spielball sein, sondern den Ball selber auch ins Tor setzen. Das ist ein nachvollziehbares Bedürfnis. Aber 24 Stunden lang ist das bei so einer Aufgabenhäufung nicht möglich. Ich glaube ja, den meisten Politikern wird irgendwann klar, dass sie auch nur Menschen sind und keine Halbgötter mit Parteibuch. Vielleicht rührt daher der Impuls, es an der einen oder anderen Stelle mal so richtig menscheln zu lassen …
… was Sie den Politikern aber auch nicht empfehlen würden, oder?
Menscheln als PR-Taktik ist ambivalent. Politiker sollten sich vielleicht in allererster Linie durch eine gute, nachvollziehbare Politik empfehlen. Weniger indem sie hübsche Geschichten aus ihrem Privatleben erzählen oder andere Dinge tun, mit denen sie sich auf das weite Feld des Boulevards begeben. Der Boulevard hat ja das eine oder andere Schlagloch. Wir erinnern uns alle noch an Verteidigungsminister Rudolf Scharping, der sich ausgerechnet während des Krieges im Kosovo mit seiner Freundin im Pool ablichten ließ, um einen besonders lockeren Eindruck zu machen. Oder Gabriele Pauli, die in der CSU erst für ganz große Bewegung sorgte, um sich dann ausgerechnet in Lack und Leder fotografieren zu lassen.
Wir leben in einer Comic-Welt, in der eher Bilder wahrgenommen werden als die Sprechblasen über den Köpfen. Wenn ein Politiker versucht, sich ein besonderes Image zu geben, mit einem besonderen Spin an der Schärfung des eigenen Profils zu arbeiten, geht das in der Regel in die Hose. Ich weiß bis heute nicht, warum manche von den Herren und Damen so scharf darauf sind.
Welchen Rat würden Sie den Politikern geben?
Da braucht es meinen Rat nicht. Sie sollten immer eher an den politischen Problemen arbeiten und weniger an ihrem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Und das tun sie auch. Ich glaube andererseits, das Publikum würde es auch honorieren, wenn ein Politiker mal vor laufenden Kameras seine Ratlosigkeit eingestünde. Er würde eine Menge Herzen gewinnen, wenn er einfach sagte: "Ich kann Ihnen diese Frage gerade nicht beantworten. Ich denke darüber noch mal nach."
Wie viel Prozent der Arbeit eines Politikers ist reine Medienarbeit, wie viel Prozent ist Politik?
Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht, ob man das so quantifizieren kann. Wenn Politiker gerade eine wichtige bundespolitische Debatte bestimmen oder ein Gesetz lancieren, sind sie in den Medien präsent, das ist ja völlig klar. Heikel wird es immer, wenn sie glauben, sich jenseits dessen, was die eigentliche politische Arbeit ist, irgendein Image zulegen zu müssen.
Sie klassifizieren in Ihrem Buch die Politiker, die zu Gast in einer Talkshow sind, in drei Kategorien und sprechen von den "Schmerzfreien", den "Filigrantechnikern" und den "Exoten". Letztere sind für Sie diejenigen, die wirklich klar auf eine Frage antworten, bedauerlicherweise jedoch relativ selten vorkommen, eben "exotisch" sind. Sind Sie unzufrieden mit den Politikern, die Sie in Ihre Sendung einladen?
Nee. Zum einen bitten wir Politiker zum Tanz, die auch einen gewissen Unterhaltungswert haben. Außerdem ist es eine reizvolle Aufgabe, die besonders hartleibigen Gäste ein bisschen mehr ranzunehmen. In der Regel ist es hilfreich, diese "schweren Fälle" mit ganz normalen Menschen zu konfrontieren. Menschen, die mit den Entscheidungen leben müssen. Menschen, die eigentlich die Nutznießer von Politik sein sollten, aber in die Rolle von Opfern geraten. Toll sind auch immer Gäste, die selbst sehr originelle, eigene Lösungen gefunden haben und gar nicht mehr auf die Regierung warten. Das ist der Sinn der Sendung: Politiker treffen auf das wahre Leben.
Weil sich die Politiker dann nicht mehr rausreden können?
Klar, das geht dann schwerer. Unsere Gäste haben in solchen Situationen übrigens auch ihre ehrlichen Momente. Michael Glos saß mal bei uns und sagte: "Das Gleichstellungsgesetz, das wir in der großen Koalition beschlossen haben, ist grober Unfug." Offensichtlich kann eine große Koalition also auch großen Humbug beschließen. Und Ulla Schmidt saß da und seufzte: Die 1,5 Milliarden, die ich aus der Tabaksteuer bekommen sollte, hat mir Herr Steinbrück nur weggenommen, damit er seine Maastricht-Kriterien erfüllen kann. Womit sie natürlich eingestand, dass sie da eigentlich keine Gesundheitspolitik, sondern eine Politik für den Finanzminister gemacht hat. Das sind ehrliche Momente, Momente, in denen Politiker einfach mal sagen, wie viele Konzessionen sie machen müssen.
Worauf wollen Sie nun mit der Klassifizierung in Ihrem Buch hinaus?
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle mal kurz sagen: Meine "Klassifizierung" hält einer wissenschaftlichen Prüfung womöglich nicht stand. Trotzdem ist es ist natürlich so, dass ich Ihnen jetzt sofort fünf Politiker nennen könnte, die ungeachtet der Frage erst mal versuchen, völlig kontextfrei loszuwerden, was sie in zwanzig anderen Interviews des Tages auch schon gesagt haben.
Das wären dann die "Schmerzfreien" …
… und die berühmten "Filigrantechniker" sind diejenigen, die ihre Gastgeberin erstmal in die warme väterliche Umarmung nehmen, für die Frage loben und dann trotzdem sagen: "Und jetzt mal zum eigentlich Kern der Frage." Weil sie eigentlich nur ihre keymassage loswerden wollen.
Ihr Buch ist zum Teil recht humoristisch.
Menschenskinder, ich danke für diesen Satz! Endlich wird das mal gesagt. Der Sprachführer "Politiker-Deutsch" ist ja auch nicht als akademische Publikation erschienen, sondern in einer augenzwinkernden Reihe von Langenscheidt. Ich habe das Buch zusammen mit zwei Kollegen aus meiner Redaktion gemacht, und das mit viel Spaß. Was wir liefern wollten ist eine Art Übersetzungshilfe. Im Grunde ist jeder zweite Satz Ironie.
Aber Sie haben schon auch ein ernstes Anliegen und wollen dazu beitragen, dass der Leser die Politiker im Alltag besser verstehen kann?
Na ja, im Grunde glaube ich ja, dass die meisten Zeitgenossen, die sich für Politik interessieren, genau spüren, wann ein Politiker authentisch ist und wann er sich hinter einer Mauer von Phrasen verschanzt. Wir schauen halt mal noch ein bisschen genauer hin und versuchen, zum Kern von Standard-Statements vorzudringen. Wenn beispielsweise ein kurz vor der Abwahl stehender Politiker erklärt, er habe sich über die solidarischen Stimmen aus seiner Partei außerordentlich gefreut, dann kann man das halt nur so übersetzen: "Meine Sekretärin hat mir gerade erzählt, dass Bürowetten laufen, wer mein Nachfolger wird." Sie merken, das ist sehr kulinarisch.
Sie haben keine Befürchtung, dass Sie Ihre – durchaus ernst gemeinte – Kritik an der Sprache der Politiker damit verwässern könnten?
Durch Humor? Süßer Jesus hilf‘, haben Sie schon einmal was von einem kathartischen Lachen gehört? Diesem befreienden, reinigenden Lachen?
Das Buch rangiert stilistisch irgendwo zwischen Heinz und Ludwig Erhard(t).
Wir leben in einer Comic-Welt, in der eher Bilder wahrgenommen werden als die Sprechblasen über den Köpfen.
Sprich, wenn die Leute es mit Humor beigebracht kriegen, wird schon etwas hängen bleiben?
Wir sind halt nicht mit missionarischem Eifer unterwegs, sondern sagen einfach: "Leute, ihr interessiert euch für Politik – schauen wir uns also mal diese Sprache an, in der sie sich präsentiert." In meinen Sendungen versuche ich ja auch, die Gäste zu einer klaren, normalen Sprache zu animieren. Wenn da nichts zu holen ist, unternehme ich den einen oder anderen Versuch der Simultanübersetzung. So gesehen ist das Buch eigentlich nur die logische Verlängerung der Sendung. Das ZDF hat im Januar 2007 rund um "Maybrit Illner" eine Werbekampagne gemacht, die genau auf diese Dolmetscher-Rolle abgehoben hat, die ich jeden Donnerstag spiele. Das wurde auf Plakaten und in Trailern optisch umgesetzt mit einem Wörterbuch und meinem Konterfei drauf. Nachvollziehbarerweise rief der Langenscheidt-Verlag an und fragte, ob ich nicht Lust hätte, auch noch was zwischen die Buchdeckel zu schreiben.
Anlässlich der Veröffentlichung des Buches erfolgte auch ein Vorabdruck in der BILD-Zeitung – warum ist die BILD für Sie und Ihren Verlag der "ideale Medienpartner"?
Wenn man sich die Mühe macht, zweihundert Seiten zu Papier zu bringen, dann möchte man auch Publicity. BILD veröffentlichte fünf kleine Teile des Buches. Vermutlich, weil die Kollegen der Meinung waren, dass sie ihre Leser damit gut unterhalten.
Teilen Sie die Bedenken vieler Medienjournalisten gegenüber der BILD-Zeitung, hinsichtlich der Verletzung von Persönlichkeitsrechten in der BILD oder auch der "hetzerischen Gewalt", wie Hans Leyendecker sie im Mai 2007 der BILD attestierte?
Ich lese die Bild auch kritisch. Und bin gelegentlich nicht begeistert über den Ton, der dort angeschlagen wird. Mit der Zeitung erreicht man aber gegebenenfalls auch Menschen, die sich kaum noch für Politik interessieren und vielleicht wieder mit ins Boot geholt werden könnten – mit einem Buch, das sich nicht ganz ernst nimmt.
Sie haben kein Problem damit, dort das eigene Werk zum Vorabdruck zur Verfügung zu stellen?
Bundeskanzler, Bundespräsidenten und Bischöfe haben in BILD publiziert und sich dabei wahrscheinlich auch was gedacht.
Und das redaktionelle Umfeld? Sie wissen ja, was eventuell für Artikel oder Fotos neben Ihren Inhalten stehen können. Daran stören Sie sich nicht?
Ich stehe in erster Linie mal für mich selbst.
Finden Sie, dass die BILD-Zeitung ein guter Politik-Vermittler ist?
Die BILD-Zeitung ist einer von vielen Politik-Vermittlern. Sie lebt von Vereinfachung und Zuspitzung, die auch mal in Simplifizierung oder Krawallmacherei ausufern kann.
Ist sie, trotz allem, ein guter Politik-Vermittler?
Das ist schlicht von Artikel zu Artikel verschieden. Da stehen gut recherchierte Stücke und scharfsinnige Kommentare neben Sachen, über die man nur den Kopf schütteln kann. Auf jeden Fall kommt man schwer an der BILD vorbei.
Haben Sie in Ihrer Fernsehlaufbahn schon mal einen Kompromiss für die Quote gemacht?
Ja klar, weil wir geguckt werden wollen. Wir laufen Donnerstagnacht um 22.15 Uhr. Versuchen Sie mal, da ein paar Millionen Zuschauer vor die Glotze zu kriegen. Also wenden wir uns unter Umständen schon mal von einem Thema ab, das wir spannend finden, aber vielleicht leider auch nur wir. Ich will ja keine sogenannte Kult-Sendung machen, sondern auch wahrgenommen werden. Mit einer Sendung, die die Fragen der Zuschauer stellt, die nicht ermüdet, sondern wach macht und wach hält. Wir leben in einer Zeit, in der für dieses Land viele Weichen gestellt werden. Und wichtige Fragen: Was sind eigentlich unsere Werte? Mit wem wollen wir noch solidarisch sein? Wir wollen einfach kein Mäusekino veranstalten.
Aber noch mal zurück zur Quote: Wie wichtig ist sie, und haben Sie nicht manchmal auch den Gedanken: "Das müssten wir gegen die Quote machen?"
Das haben wir auch schon gemacht. Auslandsthemen laufen in der Regel schlechter. Klima gilt eher als "Kassengift". Trotzdem haben wir regelmäßig Klimasendungen gemacht, angefangen 2003 mit Roland Emmerich, anlässlich von dessen Film "The Day After Tomorrow". Mir fallen auch unsere Diskussionsrunden darüber ein, ob wir Soldaten im Libanon brauchen – die hatten auch nicht die Hammerquote, weil sich diese bundesdeutsche Öffentlichkeit nun mal nicht so wahnsinnig für den Nahostkonflikt interessiert.
Sind die Quoten für Fernsehmoderatoren so etwas wie Umfragewerte für Politiker?
Das haben Sie sehr schön beobachtet. Das Publikum trifft eine Wahl, es entscheidet sich für oder gegen eine Sendung und damit eben auch für oder gegen ein Format. Das ist völlig in Ordnung so, und das ist auch ein Ausweis der Qualität unserer Arbeit.
Die Quote bestätigt die Qualität?
Ja, für ein politisches Talkshow-Format kann ich das hier mal kühn bejahen. Wenn Sie mit einem so spröden Material wie Politik ein Produkt herstellen, das ein paar Millionen Abnehmer findet, haben Sie wahrscheinlich etwas richtig gemacht.
Der Regisseur Hans Weingartner kritisiert in seinem Film "Free Rainer", dass die Quote immer mehr herangezogen wird als das einzige Maß bei der Gestaltung von medialen Inhalten.
Natürlich gibt es die traurige Tendenz, Trash zu senden, nur weil es Quote bringt. Aber es gibt auch noch genug öffentlich-rechtliches Programm, das sich wirklich anzusehen lohnt. Und das ist genau das, was wir auch wollen. Dafür ackern wir echt. Ich kann Ihnen versprechen, es gibt im Fernsehgeschäft kein härteres Schwarzbrot, als sich jede Woche mit einem politischen Thema zu befassen. Und wir machen das Woche für Woche. Wenn ich mal Intendant bin, können Sie mich gerne für das Gesamtprogramm in Verantwortung nehmen.
Gut, aber wird nicht auch bei ARD und ZDF zu viel Programm nach Quote gemacht?
Die öffentlich-rechtlichen Sender machen diesen Veitstanz um die Quote nur bis zu einem bestimmten Punkt mit. Bei uns wird keiner auf die Idee kommen, von morgens bis in den frühen Abend hinein diese völlig irren Talkshows zu präsentieren, die unter dem Label laufen "Dein Hund treibt’s mit meiner Katze". Wir werden nicht wie RTL2 unter "News" vermelden, wer die letzten Weltmeisterschaften im Hotdog-Essen gewonnen hat.
Ihre Sendung beginnt um 22.15 Uhr. Ist das zu spät?
Wir haben einen guten Sendeplatz und versuchen, das Beste draus zu machen. Viertel nach Zehn ist relativ spät für jemanden, der um halb sechs aus dem Bettchen muss, aber der Donnerstag ist ein eingeführter Talkplatz im ZDF. Schon seit vielen, vielen Monden. Insofern wird sich an unserer Programmierung nicht viel ändern.
Aber die Politik schafft es auch bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht auf den Sendeplatz um 20.15 Uhr. Und das hat doch auch mit der Quote zu tun.
Ich bitte Sie, es gibt Nachrichtensendungen um 19 Uhr, um 20 Uhr, zur Hauptsehzeit…
… in denen aber kaum Politik vermittelt wird. Es gibt Studien, die bestätigen, wie wenig von den Inhalten der "Tagesschau" bei den Zuschauern wirklich ankommt, des weiteren wurde gerade ein Buch veröffentlicht, das die Aufbereitung der Inhalte der "Tagesschau" infrage stellt.
Gut, die "Tagesschau" ist eine tägliche Nachrichtensendung…
…die es wohl noch gibt, weil sie die besten Quoten hat. Natürlich, die Menschen haben ein Grundbedürfnis für Nachrichten. Wir aber meinen Politikvermittlung, die politische Diskussion – die wird nie in dieser Hauptsehzeit stattfinden, oder?
Na ja, die ARD sendet seit ein paar Wochen noch eine politische Talkshow; damit kann der Zuschauer sich im Grunde jeden zweiten Abend eine geballte Ladung Politik reinziehen. Sehen wir uns das doch mal im Detail an: Sandra Maischberger diskutiert häufig politische Themen, Herr Beckmann manchmal, am Mittwoch kommt jetzt Herr Plasberg, am Donnerstag Frau Illner, und dann haben wir am Sonntag noch Anne Will. Ich kann da keinen wirklichen Trend zur Entpolitisierung der öffentlich-rechtlichen Sender erkennen, also bitte.
Wir haben zum Schluss noch drei Politiker-Zitate, die wir Sie bitten möchten zu "übersetzen":
Gerhard Schröder: "Wladimir Putin ist ein lupenreiner Demokrat." Was hat er damit gemeint?
Mein Kumpel Putin wäre nicht mein Kumpel Putin, wenn er nicht ein ganz toller Hecht wäre.
Wolfgang Schäuble sagt: "Niemand in Deutschland will einen Überwachungsstaat." Was meint er?
Das ist eine durchaus richtige Beobachtung. Wahrscheinlich will nicht mal Wolfgang Schäuble einen Überwachungsstaat.
Tut er nicht genau das Gegenteil?
Meine Sendung würde ich wahrscheinlich mit derselben Frage überschreiben. Also etwa: "Freiheit gegen Sicherheit – auf dem Weg in den Überwachungsstaat?"
Schließlich ein Zitat von Norbert Lammert: "Vielleicht sollten alle Politiker mal eine zweijährige Talkshow-Pause einlegen."
Mein Übersetzungsvorschlag könnte in etwa lauten: "Solange ich nicht auch mal in einer Talkshow präsent bin, haben Maischberger und Will und Illner mal Sendepause!" Aber ich kann mich auch irren.
Gehört es auch dazu, dass immer die gleichen Gäste in den politischen Talkshows sitzen? Vielleicht auch aufgrund der Quote, weil bestimmte Politiker einen bekannten Namen haben und die Leute dann eher einschalten?
Das ist auch eine Jacke, die ich mir nicht anziehe. Weil bei uns sitzen nicht immer die üblichen Verdächtigen. Falls Sie das mal checken wollen: Donnerstag, 22.15 Uhr, ZDF.