Michael, in der Castingshow „The Voice of Germany“ hast du den dritten Platz belegt, bist mit Jury-Mitglied Rea Garvey auf Tour gegangen, deine Single „Carry me Home“ schaffte es auf Platz 8 der Charts. Wie gehst du mit diesem Erfolg um?
Schulte: Momentan macht mir mein Leben unheimlich großen Spaß. Ich kann das machen, was ich mir schon lange erwünscht habe. Von daher bin ich sehr glücklich darüber, wie sich das in den letzten Monaten alles entwickelt hat. Angefangen mit meinen Youtube-Videos und dann durch die Teilnahme an „The Voice of Germany“ ging es immer ein Stückchen weiter im Musikbusiness. Ich genieße das total und bin sehr dankbar für die Möglichkeiten, die sich jetzt auftun.
Das ist natürlich alles eine große Umstellung zum normalen Schulleben und zu meinem Zivildienst, den ich nach der Schule absolviert habe, auf einmal ist alles völlig anders.
Du bist in den letzten Monaten sehr viel unterwegs gewesen. Wie schwer ist es dabei, den Kontakt zu alten Freunden zu behalten?
Schulte: Das ist für mich kein großes Problem. Ich war nie der Typ, der Unmengen von Freunden um sich herum versammelt. Ich habe so ein paar ganz feste Freunde, die ich so oft es geht versuche zu treffen, aber das war auch schon vor der Musikkarriere nicht so einfach. Da ich in Flensburg auf eine dänische Schule gegangen bin, sind die meisten meiner Freunde nach dem Abitur nach Dänemark gezogen, um dort zu studieren. Die meisten waren also eh schon weg. Es ist nichts Neues für mich, weit weg von denen zu sein. Das ist nicht schlimm, denn ich habe jetzt auch neue Freunde gefunden, zum Beispiel Max Giesinger, den ich durch die Show kennengelernt habe. Er ist zu einem meiner besten Freunde geworden.
Ich habe generell aber auch kein Problem damit, alleine zu sein. Manchmal finde ich das sogar sehr angenehm und entlastend.
Warum hast du eigentlich eine dänische Schule besucht?
Schulte: Ich bin in einem kleinen Dorf bei Flensburg aufgewachsen. Da oben im Norden, direkt an der dänischen Grenze, gibt es eine dänische Minderheit und in jedem fünften Dorf auch eine dänische Schule. Meine Eltern fanden das total super, die Idee des zweisprachigen Aufwachsens und haben mich auf diese Schule geschickt. Die Atmosphäre, das Miteinander zwischen Schülern und Lehrern war auch tatsächlich sehr angenehm und dass ich zudem gelernt habe fließend dänisch zu sprechen ist natürlich auch nicht schlecht.
Wie gut war die Musikförderung auf dieser Schule?
Schulte: Ich war nie in einer Schulband und es gab auf dieser Schule auch keine besondere musikalische Förderung. Es gab schon auch Schulchöre- und Bands, aber das hat mich nie wirklich angezogen. Ich hatte dann in der Oberstufe Musik als Leistungskurs, aber eigentlich bin ich ziemlich autodidaktisch zur Musik gekommen und an die Musik herangegangen.
In all deinen Youtube-Videos begleitest du dich mit der Gitarre. Wann hattest du zum ersten Mal im Leben eine in der Hand?
Schulte: Mit sieben oder acht Jahren habe ich zu Weihnachten eine kleine Kindergitarre geschenkt bekommen. Mein Vater, der ein paar Akkorde spielen konnte, hat mir die ersten Grundgriffe beigebracht. Ich habe jahrelang so rumgeschrammelt, bin singend durchs Haus gelaufen und habe meine Familie genervt. Mit fünfzehn Jahren hatte ich für ein halbes Jahr Gitarrenunterricht, aber das war auch der einzige wirkliche Unterricht. Den Rest habe ich mir selbst beigebracht.
Im Februar 2008 hast du deinen Youtube-Kanal eröffnet und deine ersten Cover-Songs von Bands wie Coldplay und Adele online gestellt. Heute hast du mehr als 100.000 Abonnenten und mehr als 32 Millionen Videoaufrufe. Ab wann war dir klar, dass du durch dieses Portal eine Öffentlichkeit herstellen kannst?
Schulte: 2006 kam dieses Portal erst so richtig nach Deutschland. Ich habe es ziemlich schnell kennengelernt und 2008 meine ersten Videos online gestellt. Ich war einfach neugierig darauf, was die Leute da draußen von meiner Musik halten. Ich war zu dieser Zeit noch relativ am Anfang und hatte auch keine wirkliche Vergleichsmöglichkeit, also niemanden, der mir sagen konnte, was in meiner Stimme so alles steckt. Aber die Videos wurden relativ schnell gut aufgenommen und nach einigen tausenden Klicks, wurde mir klar, dass meine Musik ankommt. Deshalb habe ich das bis heute weitergemacht.
Die Nutzer auf Youtube sind oft entwaffnend ehrlich, gelegentlich auch beleidigend in ihren Kommentaren. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Schulte: Wenn du dich bei Youtube öffentlich zeigst, musst du damit rechnen, dass es Leute gibt, die viel Blödsinn schreiben, eben weil es ziemlich anonym ist. Da muss man einfach drüberstehen. Beleidigende Kommentare hatte ich kaum, aber wenn es blöde Statements gab, habe ich die nicht wirklich ernst genommen. Wenn du damit nicht umgehen kannst, ist es wahrscheinlich auch nicht die richtige Plattform für dich.
Nach einigen tausenden Klicks, wurde mir klar, dass meine Musik ankommt.
Vor einigen Jahren hast du einen Song über den Tod deines Vaters geschrieben und ihn auf deinem Account veröffentlicht, unterlegt mit Bildern, die dein Vater gemalt hat. Das ist schon ein sehr privates und emotionales Thema, warum bist du damit an die Öffentlichkeit gegangen?
Schulte: Das war so vor vier oder fünf Jahren, also damals natürlich noch etwas frischer als jetzt. Damals habe ich wohl diesen Drang verspürt, diese Gefühle in Form eines Songs raus zu lassen und der Öffentlichkeit mitzuteilen. Ich weiß nicht, ob ich das heute nochmal so machen würde, aber ich lösche das Video auch nicht, weil es einfach ein schöner Song ist. Außerdem finde ich es schön, dass ich sowas damals mit den Leuten teilen konnte und sie das Video auch heute noch sehen können.
Du hast am Anfang erzählt, dass du auch mal alleine sein magst. Brauchtest du dieses Alleinsein damals auch, damit dieses Videos überhaupt entstehen konnten?
Schulte: Ich bin ein Typ, der gerne auch mal alleine ist, das stimmt. Und damals war das einfach schön, mit der Gitarre in meinem Zimmer zu sitzen und Songs aufzunehmen. So konnte ich auch viele Gefühle für mich verarbeiten. Ich habe das genossen. Heute bin ich schon mit vielen Leuten zusammen, das ist auch oft sehr lustig, aber mal für sich zu sein, ist immer noch sehr schön. Ich brauche das.
Derzeit bist du im Studio um ein komplettes Album aufzunehmen. Wie soll dieses Album klingen? Was ist dir wichtig?
Schulte: Es soll natürlich nach Michael Schulte klingen. Wir versuchen eine recht interessante Mischung hinzukriegen. Einerseits soll es so klingen, wie die Leute mich kennengelernt haben: Der Junge, der bei Youtube mit seiner Gitarre sitzt und dazu singt. Das heißt, wir haben drei ganz klassische Akustik-Songs, die ich live einsinge, ohne andere Instrumente, damit man auch die Gefühle und Emotionen spürt. Außerdem haben wir zwölf weitere Songs, die im Bandsound aufgenommen sind, also wiederum ganz anders als die Akustik-Songs. Auch auf der Tour werde ich komplett mit Band auf der Bühne stehen. Es ist mir wichtig, kein reines Akustik-Album abzuliefern. Es soll viele verschiedene Facetten von mir abdecken und zeigen.
Sind auf dem Album auch deutschsprachige Songs oder singst du komplett in Englisch?
Schulte: Auf dem Album werden nur englischsprachige Songs zu hören sein. Ich fühle mich mit Englisch wohler und singe, warum auch immer, nicht wirklich gerne auf Deutsch. Das habe ich schon ab und zu mal gemacht, aber ich mag die englische Sprache wahnsinnig gerne.
Ist Rea Garvey, dein Juror und Mentor von „The Voice of Germany“, den du auch schon auf seiner Tour begleitet hast, bei der Albumproduktion involviert?
Schulte: Er hat mir während der Show und der Tour sehr viel beigebracht und steht mir natürlich in Sachen Beratung immer noch zur Seite, ist zudem ein sehr guter Freund geworden. An der Albumproduktion ist er nicht direkt beteiligt, jedoch ist ein von ihm geschriebener Song mit drauf. Sämtliche Songs sind ja von mir geschrieben, entweder alleine oder in sogenannten Co-Writes zusammen mit anderen Songwritern, aber dieser eine Song von Rea hat mir unheimlich gefallen, und da er ihn für sich nicht nutzen wollte, habe ich ihn gefragt ob ich ihn für mein Album aufnehmen darf. Und so kam es dann.
Aber es könnte durchaus mal wieder zu einer Zusammenarbeit kommen?
Schulte: Auf jeden Fall! Wir haben immer noch viel Kontakt und werden ganz sicher immer mal wieder zusammen auf der Bühne stehen. Ich mache jetzt jedoch erstmal mein Album und gehe zusammen mit Max Giesinger ab dem 25. September auf Tour. Dann wird es natürlich auch noch eine Solo-Tour geben und vieles mehr.