Herr Wirbitzky, Herr Zeus, Sie haben mit „Die Tagung“ gerade Ihr drittes gemeinsames Buch veröffentlicht. Es geht darin um die völlig missglückte Wochenendsitzung eines großen Pharmakonzerns. Wie kamen Sie auf die Idee, so eine Tagung in den Mittelpunkt zu stellen?
Wirbitzy: Das ganze Buch ist ein bisschen autobiographisch, weil wir neben unserer Tätigkeit als Radiomoderatoren schon einige Male auf solchen Firmenveranstaltungen aufgetreten sind. Zum einen als Moderatoren, zum anderen aber auch als reine Comedians, so wie es auch im Buch – natürlich ziemlich überzeichnet – beschrieben ist. Das waren dann so Auftritte mit einer Länge von 20, 30 Minuten. Wir haben da im Laufe der Jahre allerhand erlebt.
Zum Beispiel einen Pharmakonzern, der seinen Mitarbeitern auf einer Tagung mittels Sketchen versucht, bevorstehende Stellenkürzungen nahe zu bringen…
Wirbitzky: Ja, so etwas haben wir erlebt, man mag es kaum glauben. Wir waren auf einer großen Firmentagung in Hamburg – den Namen der Firma sagen wir jetzt mal lieber nicht – und dort wurde uns praktisch auferlegt, über Sketche den Mitarbeitern einen problematischen Sachverhalt zu vermitteln. Da ging es speziell um Filialleiter und denen sollte mitgeteilt werden, dass sie in Zukunft weniger Geld verdienen würden. Und das wurde denen dann durch uns auf eine „Hahaha-Lustig“-Weise reingedrückt. Das fand ich total mies und da dachten wir dann eben auch, dass so etwas unbedingt in das Buch hinein muss.
Zeus: Da stand der Vorstandsvorsitzende auf der Bühne und sagte: „Was ich meine, verdeutlichen wir Ihnen jetzt mit einem Sketch.“ Den hatte jemand anderes geschrieben und wir wussten eigentlich gar nicht genau, was kommen würde. Dann haben wir diesen Sketch gespielt und im Publikum hat keiner gelacht und keiner applaudiert, weil die natürlich begriffen haben, um was es geht. Danach kam der Vorstandsvorsitzende dann wieder auf die Bühne – Totenstille – und sagte seelenruhig: „Aus Ihrer Reaktion schließe ich, dass Sie verstehen, was wir meinen.“ Das war wirklich brutal.
Bekannt geworden sind Sie durch Ihre langjährige gemeinsame Tätigkeit beim Radio. Wann hat die eigentlich angefangen?
Wirbitzky: Wir moderieren seit 1996 zusammen – und immer die Frühsendung. Los ging es mit „On“ auf SWF3, dann ging es weiter mit „Puls“ auf SWR3 und heute moderieren wir die „SWR3-Morningshow“. Wir haben zwar auch schon vorher, nämlich seit 1989, gemeinsam moderiert, aber nicht in dieser Regelmäßigkeit, sondern eher sporadisch und nur einzelne Sendungen wie beispielsweise den SWF3-„Flohmarkt“ am Sonntagvormittag.
Erinnern Sie sich noch an Ihre aller erste Begegnung?
Wirbitzky: (lacht) Ja. Wir haben uns das erste Mal in einer Pizzeria in Baden-Baden getroffen, ich glaube die hieß „La Sila“. Das war damals so ein bisschen der Underdog-Stammtisch, der sich dort traf. Denn die Leute, die da saßen, kamen – so wie wir – alle vom Privatradio und das hatte damals nicht das beste Ansehen. Das ist ja auch heute noch so, vollkommen zurecht übrigens… (lacht)
Zeus: Wir waren Teufelswerk, denn bei SWF3 arbeiteten schließlich lauter gestandene Journalisten, öffentlich-rechtliche Leute, die gesagt haben: „Um Gottes Willen, was kommt denn da? Diese schrecklichen Plappermäulchen vom Privatradio aus Köln und München!“
Die „SWR3-Morningshow“ beginnt um 6 Uhr. Wann stehen Sie auf?
Zeus: Wir stehen um Viertel vor vier auf und sind dann um halb fünf in der Redaktion. Dort ist dann bereits ein Regisseur, der schon seit vier Uhr da ist, und sich die Sachen anhört, die die Kollegen von der Tagesschicht vorbereitet haben. Dann besprechen wir gemeinsam den Sendeplan und haben anderthalb Stunden Vorbereitungszeit vor der Sendung. In dieser Zeit besprechen wir uns dann auch noch mit den Mitarbeitern, die fürs Sounddesign, die Nachrichten, das Wetter und den Verkehrsservice zuständig sind. Dann machen wir die Sendung von sechs bis neun Uhr. Danach sind noch zwei Konferenzen – und dann gehen wir gegen halb elf heim.
Im Radiobereich kann einem keine größere Ehre zuteil werden, als die Morgenschiene moderieren zu dürfen.
Und Sie haben nie an einen Wechsel auf einen anderen Sendeplatz gedacht? Ein Format, wie Sie es machen, würde doch sicherlich auch am Nachmittag gut funktionieren…
Wirbitzky: Das wäre sicherlich vorstellbar und wäre natürlich auch für uns entspannter zum Aufstehen, aber es ist nun mal so, dass beim Radio im Gegensatz zum Fernsehen die Primetime nicht am Abend, sondern am Morgen liegt. Die meisten Menschen hören Radio morgens zwischen sieben und halb acht, das ist der Peak. Da haben wir zum Teil über 1,4 Millionen Hörer. Und im Radiobereich kann einem eigentlich keine größere Ehre zuteil werden, als die Morgenschiene moderieren zu dürfen.
Zeus: Das ist gewissermaßen der Samstagabend des Radios. Wenn man Radio macht und dann auch noch die wichtigste Sendung moderieren darf, dann macht man das natürlich auch. Warum sollte ich irgendwo in einem Sendeloch verschwinden? (lacht)
Wie muss man sich die Vorbereitung auf die Sendung vorstellen? Geschieht da vieles schon am Vortag oder erst am frühen Morgen, kurz bevor es losgeht?
Wirbitzky: Inhaltliche und journalistische Themen besprechen wir natürlich schon am Vortag. Da gibt es tagsüber auch bereits einen Chef vom Dienst, der die einzelnen Themen anleiert, Interviewpartner und Beiträge besorgt. Wir überlegen uns in Bezug auf das aktuelle Tagesgeschehen natürlich auch schon einige Gags. Vieles passiert dann aber auch wirklich erst am Morgen vor der Sendung, zumal sich die Nachrichtenlage über Nacht ja noch einmal komplett ändern kann.
Ihre Moderationen wirken stets spontan und improvisiert. Aber mal Hand aufs Herz: Wie viel davon ist wirklich Improvisation, wie viel ist davon präzise vorbereitet?
Zeus: Es ist natürlich nicht so, dass wir alles spontan machen, das wäre auch unprofessionell. Es gibt eigentlich keine Moderation, die wir vorher nicht zumindest absprechen. Wir wissen, wo’s hingeht und sprechen uns ab, wer wann was sagt. Rubriken wie „Schwarzer Gürtel“, „Dandy van Dünkel“ oder „Peter Gedöhns“ sind alle aufgeschrieben. Das sind Dialoge, die wir vorher ausformulieren und auf Pointe schreiben, die wir dann aber live präsentieren. Das hält einen auch wach. Wenn man nur irgendeinen Knopf drücken und etwas Vorproduziertes aus dem Computer abfahren würde, wäre das nichts.
Wirbitzky: Man muss wissen, wo man hinwill; das ist ganz wichtig. Radio ist so kurz getaktet, da kann man nicht einfach drauflos labern.
Zeus: Wobei mir das relativ oft bei den Privatradio-Kollegen auffällt. Die reden auch in der Doppelmoderation einfach los und als Hörer merkt man, dass sie eigentlich den Faden verloren haben. Furchtbar! Da gibt es dann nur munteres Geplapper ohne Ziel. Man sollte sich im Vorfeld schon Gedanken machen, was man sagen will, dann wird’s einfach besser.
Sie haben auch bereits mehrere, sehr erfolgreiche Bühnenprogramme auf die Beine gestellt. Hat Sie das am Anfang Überwindung gekostet, vor ein großes Publikum zu treten? Beim Radio hat man seine Hörer schließlich nicht vor Augen…
Wirbitzky: Das stimmt, aber dennoch hatten wir keine Furcht davor, auf die Bühne zu treten. Wir haben so etwas ja eigentlich auch schon vorher gemacht. Ich habe zum Beispiel Schultheater und nach dem Abitur anderthalb Jahre professionell Boulevardtheater gespielt. Der Sascha hatte schon eine Fernsehshow in München, die vor Publikum aufgezeichnet wurde.
Der Anlass für die Programme war auch gar nicht, dass wir unbedingt vor Leuten auftreten wollten, sondern dass wir ein paar gute Gags hatten, von denen wir wussten, dass sie im Radio nicht funktionieren würden, dafür jedoch umso besser in der optischen Umsetzung auf der Bühne.
Zeus: Menschen, die abends in ein Theater gehen, um unser Programm zu sehen, wissen, was sie tun und wofür sie bezahlen. Im Radio erwischst du jeden, der gerade sein Radio angestellt hat. Wenn da ein Gag zu hart ist, kannst du ihn einfach nicht bringen, da muss man im Radio ein bisschen moderat sein…
Wirbitzky: …da man eben jeden erreicht. Da hören Kinder zu, alle möglichen Leute. Diesem Umstand muss man Rechnung tragen.
Gab es in all den Jahren gemeinsamer Zusammenarbeit nicht irgendwann einmal auch den Punkt, wo Sie dachten, es wäre besser, getrennte Wege zu gehen?
Zeus: Nee, gab es überhaupt nicht.
Wirbitzky: Wir sind ja auch darauf eingestellt, dass wir Dinge zusammen machen. Man zieht außerdem viel Spaß und Motivation aus so einer Zusammenarbeit. Ich glaube, ich würde keine Morgensendung mehr moderieren, wenn ich es alleine machen müsste. Wir schaukeln uns einfach gegenseitig hoch. Wenn der eine morgens mal müde ist, dann zieht ihn der andere hoch und umgekehrt.
Zeus: Wir unternehmen auch privat immer noch etwas gemeinsam. Wir waren vor kurzem zum Beispiel eine Woche lang Segeln. Das hat immer noch sehr gut funktioniert – auch nach zwanzig Jahren, da gibt es also keine Abnutzungserscheinungen. (lacht)
Wirbitzky: Zumal wir uns eben auch viel aus dem Weg gehen – natürlich nicht vorsätzlich, sondern einfach dadurch, dass wir unsere eigenen Leben haben, eigene Familien, eigene Freundeskreise. Durch das Radio entsteht natürlich der Eindruck, als würden wir 24 Stunden am Tag aufeinander hocken, dem ist aber nicht so.
Zeus: Nach der Sendung gehen wir noch gemeinsam frühstücken und dann aber auf getrennten Wegen nach Hause. (lacht)