Mike Krüger

Ich bin ein Pünktlichkeitsfanatiker.

Mike Krüger über Humor, Comedians ohne Gitarre, Disziplin und wie Margot Käßmann in seinem aktuellen Programm vorkommt

Mike Krüger

© mike-krueger.de

Herr Krüger, wie werden Sie lieber genannt: Comedian oder Komiker?
Krüger: Ach, das ist mir egal. Ob nun Blödelbarde, Knittelbarde, Komiker, Eintänzer – man wird ja alles genannt. Comedian ist ja nur das moderne neudeutsche Wort für Komiker. Da will ich gerne dazu gehören, das finde ich völlig okay.

Aber wie würden Sie die beiden Begriffe voneinander abgrenzen? Die Bezeichnung Komiker verbindet man ja eher mit den Ur-Gesteinen der Comedy-Szene…
Krüger: Ich denke das ist einfach nur die englische Übersetzung, ich sehe da wirklich keinen Unterschied.

Was unterscheidet die Comedy-Szene heute von der vor 35 Jahren, als Sie angefangen haben?
Krüger: Heute gibt es eine Unzahl von Komikern, die unterwegs sind. Damals haben wir uns den Markt mit fünf Leuten geteilt, was auch sehr schön war, wir haben immer rumgeblödelt und uns gefragt: „Kommt denn da noch mal einer?“ Und dann kam mal wieder einer, der aber nur ein halbes Jahr überlebt hat.
Das Privatfernsehen hat den Jungs, die da heute alle so durch die Gegend düsen, mit Sendungen wie „RTL Samstag Nacht“ und „7 Tage, 7 Köpfe“ ziemlich auf die Beine geholfen. Das ist auch gut so, denn Comedy kann es nicht genug geben. Im Laufe der Zeit hat sich dann in Deutschland auch die Stand-Up-Szene durchgesetzt, das schwappte so langsam aus Amerika rüber, wo es seit Jahrzehnten Comedy-Clubs gibt, wo sich Nachwuchstalente beweisen können. In Deutschland gibt es solche Nachwuchswettbewerbe eigentlich nur beim „Quatsch Comedy Club“ in Hamburg und Berlin, was ich eigentlich sehr schade finde.

Und inwiefern hat sich denn der Humor in den 35 Jahren verändert?
Krüger: Das älteste Thema was es gibt ist „Mann und Frau“, darüber macht Mario Barth jetzt das dritte Programm. Seit Adam und Eva gibt es darüber Witze. Die Themen haben sich überhaupt nicht geändert, außer, dass natürlich immer neue Prominente dazukommen, die man durch den Kakao zieht. Und heute gibt es ja auch das Internet, das es zu meiner Zeit nicht existierte. Aber die großen Themen wie Sex, Mann und Frau, Bundeswehr, Alkohol – da lachen die Leute heute genauso drüber wie vor 30 Jahren.

Gibt es denn bestimmte Tabus, also Themen, über die Sie keine Witze machen würden?
Krüger: Das ist immer der eigene Geschmack und das bleibt jedem selbst überlassen, wo er die Grenze setzt. Es gibt einfach Dinge, über die ich nicht lachen kann, und über die mache ich auch keine Scherze.

Zum Beispiel?
Krüger: Ich mache keine Scherze über Krankheiten oder Behinderungen.

Welche Rolle spielt Niveau heute in der Comedy-Szene?
Krüger: Wenn ich Witze über Blinde mache, die sich an der Käsehobel verletzen, dann ist das Niveau schon ziemlich weit unten. Dass so was Erfolg hat zeigt natürlich, dass sich die gesamte Fernsehlandschaft in einem Abwärtstrend befindet, was das Niveau angeht. Die Grenzen sind durch die Dschungelshow nach unten offen, und so lange sich die Leute das angucken, wird es auch produziert werden.

In Ihren Songs spielt oft das Thema Alkohol eine Rolle. Wie gehen Sie aktuell mit dem Fall Margot Käßmann um?
Krüger: Das wird in einem kleinen Scherz kurz erwähnt. Sie hat sich ja entschuldigt und ist sogar auch noch zurückgetreten, was ja auch zu ihrer Person passt, denn sie weiß am besten, dass das ein Fehler war. Ich denke aber auch, wenn so was passiert, darf man darüber einen kleinen Scherz machen. Die Geschichte kommt bei mir aber nur in einem kleinen Nebensatz vor, ich mache da jetzt keine große Nummer draus.

Es gibt ja in Deutschland zwei Comedy-Lager, zum einen ältere Komiker wie Karl Dall, Jürgen von der Lippe und Sie, und auf der anderen Seite Comedians wie Mario Barth und Oliver Pocher, die vor allem jüngere Zielgruppen ansprechen…
Krüger: In meinen Shows sind eigentlich alle Altersgruppen vertreten, aber natürlich auch ein paar ältere, die mich noch von früher kennen und immer noch lustig finden. Bei Mario Barth oder Atze Schröder sitzen aber auch nicht nur junge Leute, sondern auch ganze Familien. Wenn man Erfolg haben will muss man auch alle kriegen.

Aber wie schwierig ist es für Sie heute gerade von jungen Menschen wahrgenommen zu werden?
Krüger: Für mich ist das nicht weiter schwierig, weil ich in den Sendungen vertreten bin, die die jungen Leute gucken. Bei Stefan Raab bin ich zum Beispiel Dauergast, bin mit ihm auch sehr gut befreundet, von daher habe ich damit kein Problem. Durch zehn Jahre „7 Tage, 7 Köpfe“ auf RTL haben mich die jungen Leute ja auch gut kennen gelernt.

Doch es lässt sich auch beobachten, dass Komiker oft eine bestimmte Generation begeistern, das Publikum aber nicht nachwächst; der Nachwuchs hat dann schon wieder seine eigenen, anderen Komiker.
Krüger: Das würde ich so nicht sagen. Die Leute lieben zum Beispiel Otto immer noch, und sein Programm wurde ja auch auf RTL ausgestrahlt. Die Leute haben getobt und sich köstlich amüsiert.
Wenn ein Komiker wirklich gut ist, wird er auch noch nachfolgende Generationen unterhalten. Kollegen wie Loriot oder Otto haben das eben geschafft. Ich glaube das hat auch sehr viel mit der Qualität des Künstlers zu tun.

Die Gitarre ist seit 35 Jahren Ihr ständiger Begleiter auf der Bühne und auch Kollegen wie Otto oder Jürgen von der Lippe greifen noch immer zur Klampfe. Junge Comedians verzichten jedoch größtenteils auf dieses Instrument – wie erklären Sie sich das?
Krüger: Die können das einfach nicht. Wenn sie es könnten, würden sie es bestimmt gerne tun, aber es gibt eben nicht mehr so viele, die das können.

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Das Schöne bei Komik ist, dass man nicht zusätzlich noch gut aussehen muss.

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Das heißt, Sie glauben schon, dass es noch erwünscht wäre?
Krüger: Unbedingt. Man kriegt die Leute auch heute viel eher durch ein Lied als durch einen gesprochenen Text. Ich hab natürlich auch viel Wort bei mir im Programm, aber die Lieder sind ganz wichtig. Auf die musikalischen Einlagen werde ich auch nie verzichten.

Sie feiern dieses Jahr Ihr 35-jähriges Bühnenjubiläum. Wie gehen Sie mit Erwartungen um, als Comedian immer lustig sein zu müssen?
Krüger: Wenn ich damit ein Problem hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht seit 35 Jahren in diesem Beruf tätig. Da mache ich mir überhaupt keine Gedanken drüber. Ich bin auch privat ein fröhlicher Mensch. Ich bin zum Glück mit einer Familie gesegnet, die mich genauso nimmt wie ich bin, als fröhlichen, lockeren Menschen.

Welche Vorteile hat der Beruf noch?
Krüger: Das Schöne bei Komik ist, dass man nicht zusätzlich noch gut aussehen muss. Wenn ich jetzt Schlagersänger wäre, wäre das wichtig, aber bei Komikern ist es den Leuten egal, wie ich aussehe.

"Humor rüberzubringen ist eine ernsthafte Sache" sagte uns einmal Herbert Feuerstein in einem Interview. Inwiefern würden Sie das unterschreiben?
Krüger: Bei Feuerstein ja, das kommt auch so rüber bei ihm. Ich selbst sehe Humor wirklich als Spaß an. Wenn man richtig viel Spaß auf der Bühne hat, und den habe ich jeden Abend, dann überträgt sich das auch auf das Publikum.

Aber zumindest das Schreiben von Gags ist ja schon ein Handwerk…
Krüger: Die Menschen, die wirklich Spaß an ihrem Beruf haben sind auch am erfolgreichsten. Während der letzten Preview-Konzerte hatte ich meinen neuen Co-Autor Till Hoheneder dabei und wir haben dann abends im Bus neue Nummern geschrieben – wir haben stundenlang vor uns hingegackert. Wenn man beim Gag-Schreiben keinen Spaß hat, läuft irgendwas verkehrt.

Doch wie viel Disziplin ist notwendig in Ihrem Beruf?
Krüger: Um so lange Erfolg zu haben ist ganz viel Disziplin notwendig. Auf der Bühne kann man zwei Stunden rumblödeln, aber gerade die Organisation ist immens wichtig. Wenn es heißt: „Um 17.00 Uhr machen wir Soundcheck!“, dann machen wir auch um 17.00 Uhr Soundcheck. Sonst würden wir irgendwann chaotische Zustände bekommen. Manchmal fährt man sechs Stunden und mehr in die nächste Stadt, und dann müssen am Abend vorher eben alle mal früher ins Bett, damit wir das Pensum schaffen.

Waren Sie schon immer diszipliniert oder mussten Sie sich das aneignen?
Krüger: Ich war schon immer sehr diszipliniert. Ich bin ein Pünktlichkeitsfanatiker. Das sind auch die wenigen Dinge, bei denen ich ungemütlich werden kann. Ich bin immer sehr pünktlich und versuche das auch an meinen Mitarbeiterstab weiterzugeben – und die wissen das mittlerweile auch. (lacht)

Pünktlichkeit ist ja eine deutsche Tugend. Was ist für Sie typisch deutscher Humor?
Krüger: Ich kenne mich weltweit ganz gut in Sachen Humor aus und bin sehr froh, dass ich in Deutschland Humor machen kann. In Amerika ist Humor zum Beispiel oft sehr oberflächlich und viele Comedians dort arbeiten ganz ganz weit unter der Gürtellinie, dagegen sind wir hier fast schon intellektuell.
Der norddeutsche Humor ist vergleichbar mit dem britischen, der ja auch so ein bisschen schwarz und sarkastisch ist, das mag ich eigentlich ganz gerne.

Beim „Deutschen Comedy-Preis 2009“ ist es zwischen Ihnen, Karl Dall und Cindy aus Marzahn zu Spannungen gekommen…
Krüger: Spannung ist zu viel gesagt… Wir jedenfalls haben sie nett behandelt und sehen sie auch als Kollegin, die ja auch viel Erfolg hat. Ich gönne auch jedem seinen Erfolg und Cindy mag ich eigentlich auch ganz gerne.

Dennoch die Frage: Ist es in der Comedy-Szene ein Tabu, sich über Kollegen lustig zu machen?
Krüger: Nee, das ist kein Tabu. Wenn es passt und lustig ist, geht das natürlich. Wenn ein Gag über mich lustig ist, bin ich der allerletzte, der da was gegen hätte. Wer mein Programm kennt, weiß, dass ich mich selber am meisten auf den Arm nehme, und das muss man als Komiker auch können.

Sie sind derzeit auf großer Deutschland-Tour. Name des Programms: „Is das Kunst, oder kann das weg?“ Wie ist Ihr Verhältnis zur Kunst, zum Beispiel Museen, Ausstellungen, Oper und Theater?
Krüger: Wenn man Architektur studiert hat, sollte man auch kunstinteressiert sein. Ich gucke mir gerne Ausstellungen an und gehe auch gerne in Museen. Manchmal bin ich in der Hamburger Kunsthalle und komme dann in die Abteilung für moderne Kunst und denke mir: „Mensch, die bauen hier grade, streichen und machen das Licht anders, dann komm ich doch lieber wann anders noch mal wieder!“ Und dann kommt aber der Aufseher zu mir und sagt: „Nee Mike, das ist eine Installation von einem Künstler aus New York!“ Dabei sieht der Raum genauso aus wie meine Baustellen früher. Deshalb finde ich moderne Kunst auch so spannend, weil man sich denkt: „Das sollte eigentlich weg!“ Es gibt schon vieles was ich interessant finde, aber oft fragt man sich, was das eigentlich darstellen soll. Was ich auch sehr schätze ist Malerei – nur leider ist große Kunst auch immer sehr teuer. Ich habe neulich Monet im Museum gesehen und saß bestimmt zwei Stunden davor und habe nur gestaunt, wie jemand so malen kann.

In solchen Momenten können Sie auch ganz still werden?
Krüger: Total, ja. Ich kann sehr gut genießen, meine Frau zum Glück auch. Wir müssen auch nicht ständig aufeinander einreden. Wir können ein schönes Buch genießen, jeder für sich auf dem Sofa. Genauso kann ich auch Musik oder eben ein schönes Bild genießen.

Aber gerade wenn man von einer Tour nach Hause kommt, ist es sicherlich schwer runterzukommen…
Krüger: Heute kann ich das relativ schnell, weil ich einfach die Mechanismen kenne, die sich da in einem abspielen. Früher fiel mir das aber sehr schwer. Wenn ich nicht gerade auf der Bühne stand, war ich im Fernsehen zu Gast oder habe selber eine Show moderiert oder einen Film mit Gottschalk gedreht. Da war ein Riesen-Hype, weil man ständig von Leuten umlagert war. Heute ist das alles entspannter. Heute fahr ich in zum Veranstaltungsort, sitze gemütlich in der Garderobe, mache zwei Stunden Programm und trinke dann im Hotel noch einen Tee.

Gab es denn Phasen, in denen Sie richtig erschöpft waren?
Krüger: Ja,  die gab es natürlich, aber da war ich jünger und habe das gut weggesteckt. Heute sagt eher meine Frau: "Mensch, jetzt machst du wieder 70 Konzerte. Was soll das? Das musst du doch gar nicht tun?“ Aber es macht mir einfach Freude – und die Leute haben Spaß. Ich mache zwischendurch aber auch immer mal wieder längere Pausen.

Was erwartet die Zuschauer auf Ihrer aktuellen Tour?
Krüger: Auf der Bühne stehen ganz viele Umzugskartons rum, die ich mit den Leuten zusammen besprechen werde. Das sind sozusagen die Reste von meinem Umzug von Quickborn zurück nach Hamburg. Die zeige ich dann und frage die Leute: „Is das Kunst, oder kann das weg?“ Das ist so ein schöner roter Faden, der sich durchs Programm zieht. Sonst wird von Bundeswehr, Mann und Frau bis hin zum Autofahren, Urlaubsverhalten alles behandelt, was mich beschäftigt. Und natürlich werde ich auch viele Songs zum Besten geben.

Michael Friedrich Wilhelm Krüger wurde am 14. Dez. 1951 in Ulm geboren. Bevor er Humor zu seinem Beruf machte war er ausgebildeter Betonbauer, im Wehrdienst Funker bei der Marine und für kurze Zeit Architektur-Student. Seine ersten erfolgreichen mehr

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