Mike Myers

Wir setzen den Zuschauer in einen Zug des Irrsinns.

Der kanadische Schauspieler und Comedian Mike Myers hat über den Musikmanager Shep Gordon den Dokumentarfilm „Supermensch“ gedreht. Im Interview sprechen Myers und sein Protagonist über ihre Faszination für Alice Cooper, Jugendkultur, das Konzert-Business und eine kuriose Werbeaktion am Piccadilly Circus.

Mike Myers

© Rapid Eye Movies

Mike Myers, würden Sie zu Beginn bitte den Lesern, die Ihren neuen Film noch nicht gesehen haben, dessen Titel „Supermensch“ erklären?

Mike Myers: „Mensch“ bezeichnet im jiddischen etwas anderes, als das deutsche Wort „Mensch“. Man nennt so eine besonders ehrenwerte Person, jemanden mit hoher Integrität, mit einem noblen Charakter. Mein Film portraitiert ja den Manager, Agenten und Produzenten Shep Gordon und zeigt, dass selbst jemand, der in den Siebzigern mit einem T-Shirt rumlief, auf dem stand: „Ohne Blow-Job kriegst Du keinen Backstage-Pass“, ein Mensch im jiddischen Sinne sein kann, sogar ein Supermensch. (lacht)

Ein anderes sprachliches Detail scheint mir bemerkenswert. Ihr Name, Shep, soll eine Kurzform von Shepherd sein, zu deutsch: Schäferhund.

Shep Gordon: Ich heiße wirklich nur Shep. Trotzdem, wenn ich auf meinen Namen angesprochen werde, mache ich immer wieder gerne den Witz: Eigentlich wollten meine Eltern einen Hund. (lacht)

Kennen Sie den wahren Grund Ihres Namens?

Gordon: Ja, der jüdische Name meines Großvaters war Shepzel. Allerdings muss ich dazu noch erwähnen, dass die erste Platte, die ich mir gekauft habe, „Heartbreak Hotel“ von Elvis Presley war. Der Song auf der B-Seite hieß „Old Shep“. Ich legte ihn auf und Elvis sagt: „Old Shep, he died. Di-di-di-di-di.“ Und das auf meiner allerersten Platte…

Myers: Das ist ja verrückt.

Gordon: Ja, aber zum Glück war der Shep, der in dem Song starb, wirklich ein Hund.

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Die Popkultur wird überbewertet und andererseits von der Wissenschaft sträflich vernachlässigt.

Mike Myers

Mike, Sie zeigen Shep nicht nur in seinem Beruf, sondern auch als Frauenheld, als exzellenten Koch, wunderbaren Gastgeber und Freund. Wie haben Sie ihn kennengelernt?

Myers: Ich traf ihn zum ersten Mal 1991, mitten in den Vorbereitungen zum Dreh meines Films „Wayne’s World“. Ich wollte damals unbedingt einen meiner Lieblingssongs von Alice Cooper verwenden. Shep ist sein Agent. Ich sagte ihm, ich hätte gerne „I’m Eighteen“ oder „School’s Out“. Er sagte: Wie wär’s mit einem Song von der neuen Platte? Ich antwortete: Wie wär’s mit: Nein? Er brummte mit seiner tiefen Stimme: So weit ich weiß, fängst du schon in zwei Wochen an zu drehen. Also hast du eigentlich keine Wahl… (lacht) Deswegen singt Alice Cooper in „Wayne’s World“ nun „Feed My Frankenstein“.

In „Supermensch“ erfährt man, dass Sie drei Jahre später eine persönliche Krise hatten und Gordon Sie in sein Haus auf Hawaii einlud. Hatten Sie sich in der Zwischenzeit überhaupt noch mal getroffen?

Myers: Nur einmal kurz in England, bei der Premiere von „Wayne’s World“. 1994 war ich dann zum ersten Mal auf Hawaii. Ich rief Shep an und er fragte mich: Warum wohnst du in einem Hotel? Komm zu mir in mein Haus. Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Ich meinte nur: Okay. Sein Haus ist einfach fantastisch. Es liegt direkt am Strand, dort herrscht eine sehr liebevolle Atmosphäre.

Sie hätten ihm allerdings theoretisch schon 1969 begegnen können, beim Live-Peace-Konzert in Toronto, wo Sie aufgewachsen sind…

Myers: Damals war ich sechs Jahre alt. Ich war genauso wenig dort, wie die meisten anderen Kanadier, die behaupten, sie wären dabei gewesen. Dieses Konzert ist so etwas wie unser Woodstock. Jeder, den du fragst, sagt dir: Wow! Da waren acht Millionen Zuschauer. Tatsächlich waren es nur 60.000 (lacht)

Aber Sie haben es damals schon mitbekommen, dass das Konzert stattfand?

Myers: Natürlich. Meine Eltern stammen ja aus Liverpool, England. Wir fühlten uns wahnsinnig geehrt, dass John Lennon, der Mann aus Liverpool, seine erstes Konzert nach der Trennung der Beatles ausgerechnet bei uns in Toronto gab. Aber dann hörten meine Brüder und ich von diesem Typen Alice Cooper, der vor Lennons Band aufgetreten war. Ich dachte nur: Wer ist dieser Wahnsinnige? Seitdem war ich von ihm besessen. Damals nahm Alice Cooper in Toronto auch sein neues Album auf, im Studio Nimbus 9, in Yorkville, Downtown. Wir sind natürlich hingefahren und hingen vor dem Studio rum, nur um einmal einen Blick auf ihn zu werfen.

Alice Coopers Konzert in Toronto ist berüchtigt, weil dort ein Huhn auf unglückliche Weise zu Tode kam. Eine der Zeitungen schrieb am nächsten Tag von einer „Neo-Dada-Performance“. Wissen Sie, Shep, was Yoko Ono von diesem Auftritt gehalten hat?

Gordon: (lacht) Das weiß ich nicht wirklich, aber ich vermute, dass es sie wahnsinnig gemacht hat. Ein Teil von ihr hätte das sicherlich auch als Kunst des Absurden zu schätzen gewusst, aber das Konzert war ja von ihr und John auch als Peace-Konzert gedacht. Und Alice Coopers Show war das Gegenteil von friedlich. Ich habe sie nie darauf angesprochen. Und wenn ich es mir recht überlege, möchte ich es auch nicht darauf ankommen lassen. (lacht) Aber Alice und John wurden danach sehr gute Freunde, also muss es zumindest für ihn okay gewesen sein.

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Shep Gordon und Alice Cooper © Rapid Eye Movies


Gut 20 Jahre später sind Sie, Mike, und Ihr Co-Hauptdarsteller Dana Carvey in „Wayne’s World“ vor Cooper auf die Knie gefallen, mit den Worten „Wir sind nicht würdig“…

Myers: Die Produzenten hatten mich einfach gefragt: Wen hättest du gerne dabei? Und ich sagte: Alice Cooper und Queen. (lacht) Freddie Mercury war damals, wie wir jetzt wissen, schon zu krank. Aber dank der Szene, in der wir im Auto „Bohemian Rhapsody“ hören, war er dann trotzdem in gewisser Weise anwesend. Von Alice Cooper wusste ich, dass er witzig ist, ich hatte Interviews mit ihm gesehen. Als wir Shep anriefen um zu fragen, ob Alice interessiert sei, konnte ich trotzdem kaum glauben, dass er Ja sagen würde. Für mich ist damals wirklich ein kranker Traum wahr geworden.

In „Supermensch“ erzählt der Produzent Bob Ezrin, Alice Cooper hätte mit seinem düsteren Horror-Image eine „Kulturbewegung“ losgetreten, die in den deutschen Untertiteln als „Subkultur“ übersetzt wird. Ist diese Unterscheidung in Ihrem Sinne?

Gordon: Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine klar definierte Abgrenzung von Kultur und Subkultur gibt.

Myers: Man müsste sich wohl fragen, ob die Person, die die Untertitel gemacht hat, da eine persönliche Wertung vornehmen wollte. Für mich ist die Subkultur etwas sehr Interessantes. Ich bin von der Popkultur generell fasziniert, denn so sehr man sie einerseits überbewertet, wird sie andererseits von der Wissenschaft bisher sträflich vernachlässigt. Daher gibt es da auch keine wirklich überzeugenden einheitlichen Sprachregelungen. Schon Marshall McLuhan hat das beklagt. Der war ja nicht nur Linguist, sondern auch ein Kanadier. Er hat nicht nur den Begriff vom „Globalen Dorf“ geprägt sondern auch zwischen „heißen und kalten Medien“ unterschieden, je nachdem, wie viel Teilnahme ein Medium erfordert…

Gordon: Kultur war für mich immer ein seltsames Wort. Mein Verhältnis zur Kultur war eigentlich immer das eines Surfers zum Meer. Ich beobachte sie und dann geht es darum, die nächste Welle zu erwischen und sie zu reiten. Im Fall von Alice konnte man eine große kulturelle Welle kommen sehen. Man konnte sehen, wie homosexuelles Verhalten nach und nach auch in der Öffentlichkeit stattfand. Man sah zunehmend weniger Uniformität in der Art sich zu kleiden.

Myers: Damals war ich sechs und hatte schon genug damit zu tun, mir überhaupt irgendeinen Reim auf alles zu machen. Und dann kam Alice Cooper. Er war Punk-Rock, obwohl es den noch gar nicht gab. Er war einer der ersten Anti-Hippies.

Gordon: Absolut. Grateful Dead haben ihn gehasst, die ganze Flower-Power-Bewegung hasste ihn. Damals wollte jeder Rockstar der König der Blumen sein. Alice wollte Captain Hook sein, ein echter Schurke. (lacht) Alle sagten immer: Die Blumen sind so schön! Der Sonnenschein ist toll, wir lieben alle, was für eine schöne Welt. Alice war ihr Gegenspieler: Seht euch doch mal um in der Welt! Da kann man doch nur zu Captain Hook werden.

Sheps Erfolgsformel in den 1970er Jahren war erstens: Man muss etwas für Jugendliche produzieren, was deren Eltern hassen. Zweitens: Es muss etwas mit Sex, Gewalt und Rebellion zu tun haben. Ist diese Formel heute noch gültig?

Myers: Punkt zwei gilt nach wie vor, zumindest für die Massenkunst. Sex, Gewalt und Rebellion haben ja nichts von ihrer Attraktivität verloren, nur weil viele Eltern das heutzutage genauso gerne konsumieren, wie ihre Kinder.

Gordon: Was ich an dem Punkt eigentlich sagen wollte: Wenn jemand wie die Beatles so groß werden, wie sie es waren, dann hat das nie nur mit der Band selbst zu tun. Da muss ein kulturelle, soziale Parallelentwicklung existieren. Nimm James Taylor. Okay, viele Leute sind irritiert, wenn ich das sage, aber ich liebe James Taylor. Aber er hat die Welt nicht veränderte. Was bei den Beatles, den Rolling Stones und Elvis Presley passierte, ging weit über die Musik hinaus.

Myers: Heute ist etwas mit dieser Wirkung wohl nicht mehr möglich, weil parallel zur Massenkultur auch das immer breitere Angebot zu einer Diversifizierung des Publikumsgeschmacks geführt hat. Viele finden nun die größte Befriedigung in Nischenkulturen, in denen man mehr unter sich ist.

Gordon: Ironischerweise neige ich als Konsument auch eher dazu, Dinge zu mögen, die nicht besonders groß werden.

Apropos Musikbusiness, im Vergleich zu anderen großen Stars sind Tickets für Alice-Cooper-Shows heute sehr günstig, man bekommt sie für umgerechnet knapp 30 Euro. Ist das ein bewusstes Statement gegen die Preispolitik von Konzernen wie Live Nation Entertainment?

Gordon: In erster Linie ist das einfach der Preis, den sich ein normaler Fan noch leisten kann, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen. Und Alice liebt es einfach zu sehr aufzutreten. An Gewinnmaximierung hat er weniger Interesse.

Sie sind also in Fragen der Tourplanung und Hallenbuchung komplett unabhängig?

Gordon: Ja, es gibt immer ein paar mehr Optionen, als dir die Platzhirsche weißmachen wollen. Es gab immer Promoter, die ihren eigenen Weg gegangen sind, in Deutschland zum Beispiel Fritz Rau. Es gibt immer ein paar Leute, die den Typen, die den Markt beherrschen wollen, die Stirn bieten.

Zurück zu „Supermensch“. Der Film hat nicht zuletzt auch musikalisch eine große Bandbreite. Mehrmals erklingt zum Beispiel die minimalistische Klaviermusik von Erik Satie…

Myers: Ja, das ist eine sehr zugängliche Musik. Sie steht mit einem Fuß im Entertainment, aber mit dem anderen eben auch in der Avantgarde. Zu Erik Satie habe ich eine ganz besondere, sehr familiäre Beziehung. Schon mein Vater liebte ihn und er wurde bei uns zuhause viel gespielt. Im Film haben wir ein paar seiner Stücke benutzt, die aber alle Variationen des selben Themas sind.

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Eine besonders dramatische Szene des Films besticht ebenfalls durch die Musik. Shep muss sich einer schweren Operation unterziehen. Man sieht eine OP, wie Ärzte an einem offenen Körper arbeiten und hört „Everything in Its Right Place“ von Radiohead.

Myers: Diesen Song an diese Stelle zu setzen war eine äußerst bewusste Entscheidung. Es geht eben um die Organe und ihren Platz in diesem Körper. Aber dieses „alles ist an seinem Platz“ trifft eben auch auf Sheps Besitztümer zu, auf sein Haus. Wie wir vorher gesehen haben, war es immer voller Menschen. Nun, wo er mit dem Tod kämpfte, war es leer, verwaist. Alles war an Ort und Stelle, was fehlte war Shep.

Es ist sozusagen eine filmische Erzählung von Körper und Seele, die erst durch den Einsatz einer zunächst widersprüchlich scheinenden Musik wirkt.

Myers: Ja. So etwas gibt es ja in der Filmgeschichte immer wieder. Es gibt da diesen fantastischen Film von Kenneth Anger, dem Regisseur von „Scorpio Rising“. In einer Szene hört man… ich glaube der Song war „He Hit Me (and it Felt Like a Kiss)“ von den Ronettes. In der Geschichte geht es um eine Gruppe schwuler Rocker- und Ledertypen, um das Strichermilieu und so weiter. Sie stehen da rum und plötzlich hört man diesen etwas blödsinnigen Popsong, der gerade im Zusammenhang mit dem Thema Prostitution gleichzeitig sarkastisch und ironisch wirkt. Sarkonisch, sozusagen.

Wie endet diese Szene?

Myers: Jemand schlägt wirklich zu. Der Film verlässt die „sarkonische Ebene“ und wird plötzlich total direkt. Das hat mich umgehauen, als ich das gesehen habe, damals in einem Kino in Toronto. Ähnlich funktioniert auch „We’ll meet again“, wenn er am Ende von Stanley Kubricks „Dr. Strangelove“ zu einer Montage aus Atombomben-Explosionen gespielt wird, oder „I Heard it Through the Grapevine“ in dem fantastischen Film „Big Chill“. Und „Singing in the Rain“ in „Clockwork Orange“. Das alles steht für den tapferen Versuch, fröhlich zu bleiben, angesichts einer traurigen Wirklichkeit. Für mich macht das diese Traurigkeit allerdings noch trauriger.

Ein besonders fröhliche Geschichte in „Supermensch“ ist hingegen jene von der Werbeaktion für ein Alice-Cooper-Konzert in London, 1972.

Myers: Ja, man hatte die Wembley Arena in London gebucht, aber der Ticketverkauf entsprach bei weitem nicht den Erwartungen. Also kamen Shep, Alice und Derek Taylor, der ehemalige Pressesprecher der Beatles, auf eine tolle Idee. Sie druckten das Foto, auf dem Alice nackt mit einer Kobra posiert als riesiges Plakat für die Alice-Cooper-Show, stellten es auf die Ladefläche eines Lasters und fuhren damit durch London. Mitten auf dem Piccadilly Circus hatte der Laster… nunja, eine Panne. Das verursachte ein Verkehrschaos und die Abendnachrichten waren voll von dem nackten Alice mit seiner Schlange. Das Konzert wurde im Handumdrehen ausverkauft. (lacht)

Im Film sieht man an der Stelle plötzlich ein Foto, auf dem Shep Gordon mit schnurrbärtigen falschen Politessen aufmarschiert. Gehörte das auch zu der Aktion damals?

Myers: Eines der Prinzipien meines Films war: Wenn die Dinge in Sheps Leben immer verrückter werden, wollte ich sie noch mit einem zusätzlichen verrückten Element anreichern. In der Szene erzählt Shep: „… und dann warteten wir auf die Polizei.“ Ich habe also seine Fotosammlung nach etwas passendem durchsucht und fand diese alte Bild von ihm mit diesen eigenartigen kleinen Polizisten. Aber wenn man genauer hinschaut, tragen sie amerikanische Polizistenuniformen. Die britischen Bobbys haben ja diese komischen Helme. Es ist das erste von etwa 30 Bildern, die ich in dem Film nutze, obwohl sie mit der jeweiligen Szene streng dokumentarisch genommen nichts zu tun haben. Aber durch sie soll sich der Zuschauer selbst zunehmend verrückter fühlen. Wir setzen ihn in einem Zug des Irrsinns. Aussteigen kann man dann erst wieder, wenn Shep nach Hawaii zieht.

Sie lassen auch Jimi Hendrix und Janis Joplin auftreten, deren Münder sich synchron zum Filmtext bewegen…

Myers: Wir haben einfach nach Filmmaterial aus der Welt gesucht, in der sich Shep damals aufhielt. Es dauerte eine Weile bis wir sie gefunden haben. Aber auch hier ging es weniger darum, nachzustellen, wie die Dinge wirklich waren, sondern um eine Annäherung an ein bestimmtes Lebensgefühl. Es sollte nicht durch die Fülle von Informationen verschüttet werden, die da ja ohnehin auf einen einprasseln. Erst heute habe ich mich mit Shep getroffen und er hat mir schon wieder zehn Geschichten erzählt, die ich nicht kannte. Dabei habe ich zwanzig Jahre lang gebraucht, um ihn zu überreden diesen Film zu machen. Jetzt ist der Film fertig, aber er hat noch immer neue, verrückte Geschichten auf Lager. Es hört einfach nicht auf.

Shep, der bisher letzte große Spielfilm von Mike Myers war „Der Love Guru“, eine Satire auf einen indischen spirituellen Lehrer. Er fiel bei Kritik und Publikum durch. Bei Ihnen auch?

Gordon: Oh nein. Ich liebe diesen Film.

Das ist unter anderem deshalb interessant, weil Sie selbst mit einem der großen spirituellen Lehrer der Gegenwart befreundet sind, mit dem Dalai Lama.

Gordon: Ich wünschte, die Leute könnten Mike kennenlernen, bevor sie den „Love Guru“ sehen. Denn was man über den Film lesen konnte, hatte meistens nur mit der Voreingenommenheit zu tun, mit der die Leute ihn sich angesehen haben. Der Film bringt es auf den Punkt: Nichts ist so wichtig, wie sich daran zu erinnern, dass religiöse Führer auch nur Menschen sind. Und ich denke, Seine Heiligkeit wäre der erste, der da zustimmen würde.

Im Grunde versucht der „Love Guru“ mit der Welt des Spirituellen das zu tun, was „Austin Powers“ mit der Popkultur der 60er macht: sie wird liebevoll ironisiert.

Gordon: Und das gelingt Mike immer wieder, in dem er vor allem fantastische Charaktere entwickelt. Der Love Guru ist einer von ihnen. Es soll keine Geschichststunde sein, kein Kapitel aus der Encyclopædia Britannic. Der Film ist dazu da, eine gute Zeit zu verschaffen und ein wenig die eigene Welt unter die Lupe zu nehmen, eben so, wie es Austin Powers auch getan hat. Ich liebe den „Love Guru“. Ich habe ihn bestimmt 25 mal gesehen. Und ich lache immer noch jedes Mal.

In ihm haben jene Penis- und Kotwitze wohl zum letzten Mal Sinn gemacht, die seit Jahren zur Standardausstattung von Hollywoods Familienkomödien gehören. In „Love Guru“ haben sie noch einen direkten Bezug zum propagierten Körperbewusstsein…

Gordon: Ja, sie sind keine Kommentare gegen das Glaubenssystem, sondern betonen das Menschliche in ihm, seinen Humor. Gerade wenn es um die letzten Dinge geht, ist es wichtig, seinen Humor zu behalten. Denn niemand weiß irgendetwas und auch das würde Ihnen Seine Heiligkeit sofort bestätigen.

Der Dalai Lama hat den „Love Guru“ aber wahrscheinlich nicht gesehen, oder?

Gordon: Ich weiß nicht, ob er solche Filme überhaupt anschaut. Ich habe ihn aber fragen lassen, ob er „Supermensch“ nun im Vorfeld anschauen möchte. Er wollte nicht und das ist mir auch ganz recht so. (lacht)

Eine letzte Frage über den schmalen Grad zwischen Öffentlichkeit und Intimität. Sie, Shep, haben noch nicht mal einen eigenen Wikipedia-Eintrag…

Gordon: Das ist lustig. Allen Journalisten scheint das aufgefallen zu sein…

Andererseits wird „Supermensch“ am Ende persönlicher, als alles, was ich bisher im Kino gesehen habe. Der Film wird zu einer Art Kontaktanzeige…

Gordon: (Lacht) Es ist wohl die aufgeblasenste Kontaktanzeige aller Zeiten. Ich habe gerade erst von dieser neuen Dating-App erfahren, Tinder. Da kann man sich anzeigen lassen, welche Frau in der näheren Umgebung gerade möglicherweise Lust auf Sex hätte. Da sollte ich vielleicht mal den Film posten. Das hier geht an alle, die vielleicht ein Baby möchten… (lacht)

Hatten Sie mit dieser „Anzeige“ bisher Erfolg?

Gordon: Nunja…

Myers: Wir sind da noch dran. Shep wäre sicher erfolgreicher gewesen, wenn wir den Film anders angelegt hätten. Aber wir hatten niemals vor, mit „Supermensch“ „Batman“ Konkurrenz zu machen.

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