Frau Asumang, zunächst ein Zitat von Ihnen: „Man muss sanft mit Nazis umgehen, denn wenn man die böse ansieht, rennen sie weg.“ In Ihrem neuen Dokumentarfilm „Die Arier“ begeben Sie sich auf die Suche nach der Herkunft des Begriffs „arisch“ und sprechen mit Neonazis und einem Anhänger des Ku-Klux-Klan. Woher nehmen Sie den Mut?
Mo Asumang: Es ist vor allem mein Eigeninteresse. Ich will einfach nicht, dass es in Deutschland Rassisten gibt, auch nicht weltweit. Man muss sich nur die aktuellen Zahlen anschauen, um uns herum: In Frankreich hat Marine Le Pen 2012 mit dem Front National 18 Prozent bekommen, die Jobbik-Partei in Ungarn zuletzt über 20 Prozent Ob in Schweden oder in Finnland – ich habe ein großes Interesse daran, dass das mal endlich aufhört.
Das heißt, Interesse schafft Mut?
Asumang: Ich trage die Hautfarbe mit mir rum und bin persönlich von Rassismus betroffen. Aber ich bin auch Deutsche, bin hier geboren, bin hier zur Schule gegangen, habe meine Freunde und meine Familie hier. Warum soll es Menschen geben, die mir das alles absprechen und mir sagen, ich soll verschwinden? Das macht keinen Sinn.
Sie zeigen im Film auf, dass der Begriff „arisch“ nichts mit den Stereotypen wie blauäugig und blond zu tun hat, sondern eine Bezeichnung ist für die Vorfahren der Perser im Iran. Wie konnte es sein, dass sich dieses falsche Verständnis so lange gehalten hat?
Asumang: Ich finde es auch unglaublich, aber offensichtlich hat nach dem Zweiten Weltkrieg niemand nachgefragt. Wir haben wahrscheinlich einfach angenommen, dass das alles seine Richtigkeit hat. Wenn man aber ein bisschen aufmerksam ist und zum Beispiel weiß, dass das Hakenkreuz eigentlich ein 3000 Jahre altes Zeichen ist und aus Asien kommt, könnte man auch die anderen Dinge einmal hinterfragen. Hat aber keiner gemacht, ich selbst auch nicht. Das gibt den Nazis und Rassisten weltweit die Chance, den Begriff weiterhin zu benutzen. Deswegen müssen wir den Begriff gerade rücken.
Glauben Sie, dass es Nazis überhaupt interessiert, dass sie einen Begriff vollkommen falsch verwenden?
Asumang: Ich glaube schon, dass es Ihnen einen Schlag vor den Bug geben wird. Denn dieser Begriff funktioniert ja international. Wenn Rassisten als übergeordnetes Schlagwort „Wir sind weiß“ wählen würden, dann würden viele Juden sagen: „Wir sind auch weiß“. Das können sie also schon mal nicht verwenden. „Deutschblütig“ geht auch nicht, das würde für die amerikanischen, russischen, tschechischen und griechischen Nazis nicht funktionieren. Deshalb funktioniert ja „arisch“ so gut als Überbegriff, um sich von anderen abzugrenzen. Im „Ahnenpass“ steht geschrieben: Nicht-arisch sind Juden, Zigeuner, afrikanische und asiatische Rassen. Das ist nach wie vor das Feindbild der Nazis. Aber auch völliger Quatsch, wie wir jetzt wissen.
Ich möchte der Welt da draußen zeigen, wie Rassismus funktioniert. Ich muss da durch. Ich muss mir diese Gemeinheiten anhören und ein Stück weit leiden, aber ich weiß wofür ich das tue.
Im Film sprechen Sie u.a. mit dem amerikanischen Rassisten Tom Metzger, der Ihnen erklärt: Wenn Sie wissen wollten, wie ein Schwarzer aussieht, sollten Sie im Zoo zum Affengehege gehen. Wie geht man als Interview-Profi aber gleichsam Angefeindete mit solchen Äußerungen um?
Asumang: Das ist ganz schwer, weil es mich als Person im Herzen trifft und sehr wehtut. Andererseits bin ich aber auch Regisseurin und habe einen Auftrag. Ich möchte der Welt da draußen zeigen, wie Rassismus funktioniert. Ich muss da durch. Ich muss mir diese Gemeinheiten anhören und ein Stück weit leiden, aber ich weiß wofür ich das tue. Ich überstehe lieber so ein Interview als ein Leben lang mit diesem Thema rumzueiern. Es macht mir nichts aus, weil ich eine selbstbewusste Person bin. Von daher schaffe ich das schon! (Lacht)
Gibt es nicht manchmal trotzdem den Impuls, so einen Nazi anzubrüllen?
Asumang: Mittlerweile nicht mehr. Mit meinem Regiedebüt „Roots Germania“ habe ich mich dem Thema Rechtsextremismus bereits genährt. Da ging es um meine Identitätssuche als Afro-Deutsche, aber ich hatte auch erste Kontakte mit Neonazis. Damals habe ich die Angst abgebaut. Tief verwunden können die mich jetzt nicht mehr. Naziäußerungen würden mein Leben nicht mehr aus der Umlaufbahn schleudern, weil ich weiß, wen ich da vor mir habe und dass ich vor denen keine Angst haben muss. Im Gegenteil, ich versuche eher auf sie einzugehen und herauszufinden, wo es hängt.
Wo hängt es denn?
Asumang: Ich würde mir für jeden Mensch wünschen, dass er ein echtes Selbstbewusstsein hat. Ich glaube, das ist das Wichtigste, das man sich im Laufe seines Lebens aneignen kann. Offensichtlich haben die Rechtsextremisten und Rassisten kein echtes Selbstbewusstsein. Sie wälzen ihre eigenen Probleme auf andere ab – und das ist nicht die feine Art.
Wie würden Sie Ihre Interview-Strategie beschreiben?
Asumang: Wenn ich die Rassisten treffe, habe ich vorher keine Chance, ein Vorgespräch zu führen. Schon gar nicht über das Thema „Arier“. Deshalb sind die Interviews, wie sie sind. Manche würden vielleicht sagen, das sei von mir gespielte Naivität, das ist es aber nicht, ich urteile nur nicht über Menschen, wenn ich sie interviewe, egal wie schräg das ganze ist. Und ich habe einfach nur versucht, den Moment auszuhalten. Ich wollte nicht kopfmäßig an die Sache herangehen, sondern aus dem Bauch heraus. Ich habe versucht, Fragen zu stellen, die mir gerade auf der Leber lagen. Ich habe nichts aufgeschrieben, nichts heruntergerattert, sondern gefragt, was ich in dem Moment wirklich wissen wollte.
Gibt es trotzdem eine Strategie der Demaskierung?
Asumang: Nein, ich brauche diese Leute nicht zu demaskieren. Das machen sie selbst. Ich tippe sie an, sie erzählen und für das normale Ohr ist das dann schlimm genug. Da braucht man nix oben drauf zu setzen oder provozieren, man muss nur hören, was da raus blubbert.
Die Journalistin Andrea Röpke ist auf Rechtsextremismus spezialisiert und sagte uns: „Mit Rechten konstruktiv über ihre Gesinnung zu diskutieren – das geht nicht.“ Würden Sie widersprechen?
Asumang: Nein, was sie sagt, ist absolut richtig. Mit Rechtsextremisten über ihre Gesinnung zu sprechen, macht gar keinen Sinn. Die Meisten sind geschult und werden von morgens bis abends mit Hassreden, Hassbüchern und Hass-CD’s vollgestopft. Es gibt Leute in den oberen Reihen, die Interesse daran haben, dass man rechts bleibt.
Wenn man wirklich etwas erreichen will, muss man sich diesen Leuten auf eine menschliche Art und Weise nähern. Den ein oder anderen jüngeren Menschen bringt man auch manchmal zum Weinen, wenn man mit ihm über sein Leben spricht. Das ist schon vielen passiert.
Im deutschen Fernsehen gibt es selten Interviews mit Nazis oder rechten Politikern, weil man ihnen keine Plattform bieten will. Halten Sie das für richtig?
Asumang: Eigentlich ja. Ich mache das ja auch anders, ich halte nicht die Kamera auf den Rechtsextremisten, um ihn dann einfach reden zu lassen. Bei mir findet ein Dialog statt, ich bin als Feindbild der Nazis immer mit zu sehen, das ist eine andere Ausgangssituation. Diese Leute einfach nur sagen zu lassen, was sie denken, wäre verkehrt, das bringt nichts.
Die Art und Weise bei meiner Arbeit gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, mitzufühlen. Er spürt, was ich spüre und so gesehen spürt er auch die ganzen rassistischen Anfeindungen gegen mich am eigenen Leib. Er kann sich von dem Gefühl, angefeindet zu werden direkt ein Bild machen. Das finde ich wichtig und das führt vielleicht auch dazu, dass Zuschauer sich selbst engagieren wollen.
Serdar Somuncu hat jahrelang „Mein Kampf“ vorgelesen, damit man sich mit der Ideologie der Nazis kritisch auseinandersetzt. Was halten Sie von dieser Herangehensweise?
Asumang: Ich war selbst nicht auf so einer Lesung. Aber es ist auf jeden Fall provokant und regt die Diskussion an. Jede Form von Kunst, die sich mit diesem Thema auseinandersetzt, ist wichtig. Es muss auch irgendwie eine Kunstform dabei sein, nur plump Geschichtsbücher vorzulesen, wird niemanden hinter’m Ofen hervorlocken.
Im Film sieht man Nazis aufmarschieren, Sie haben auch auf einem Nazikonzert gedreht. War das schwierig?
Asumang: Die Presse hat natürlich die Möglichkeit, auf solche Veranstaltungen zu gehen. Und jeder, der auf eine Demo geht, muss damit rechnen, fotografiert oder gefilmt zu werden. Es ist aber anders, wenn ich dort aufkreuze, weil sie sich fragen, was ausgerechnet ich denn dort mache. Teilweise sieht man im Film ja auch, wie sie versuchen, wegzulaufen, mir den Rücken zudrehen oder einfach schweigen. Diese Bilder haben eine große Aussagekraft.
Sie haben einmal gesagt: „Das Neonazi-Problem kann nur über Kommunikation gelöst werden“ und ergänzt, dies sei eine eher weibliche Sicht auf das Problem. Was können Frauen hier besser machen?
Asumang: Wir waren gezwungen mit Frauen zu drehen, weil es mit Männern nicht funktioniert hat. Männer waren für die Nazis zu viel Provokation. Mit Frauen war die Stimmung beim Dreh eine andere, die Nazis haben sich nicht so provoziert gefühlt, sie hatten eine größere Hemmschwelle, zuzuschlagen. Frauen sind vielleicht insgesamt sanftmütiger.
Wie erging es Ihnen als Sie bei Nacht und Nebel den maskierten Anhänger des Ku-Klux-Klans trafen? Wie haben Sie sich geschützt?
Asumang: Wir haben den ganzen Tag nach dem Klan gesucht und auch bei der Polizei und auf der Straße nachgefragt. Das heißt, die Polizei wusste, dass wir in der Gegend waren. Das war schon mal ein kleiner Schutz, ansonsten gab es aber keinen. Wir haben bis in die Nacht hinein gewartet und irgendwann kamen die Klan-Anhänger dann.
Das klingt nach mysteriösen Umständen…
Asumang: Naja. (Lacht) Es war eine pure und authentische Situation, das ist nicht Scripted Reality. Wir sind dort hingefahren, hatten aus dem Internet einen kleinen Flyer für diese KKK-Kundgebung dabei, allerdings ohne konkrete Adresse. Es stand aber eine Telefonnummer auf dem Flyer, von den „Loyal White Knights of the Ku Klux Klan“. Da ging erstmal niemand ran, aber als ich es lange genug probiert habe, nahm irgendwann jemand ab und erklärte, wir sollten an einem Treffpunkt warten. Klar war das mysteriös!
All unsere Interviews mit Nazis, auch unsere Interviews im Iran liefen ohne Vorgespräch ab. Das war schon sehr schwierig zu drehen und wir wussten im Voraus nicht, ob es überhaupt klappt.
Der Anhänger des Ku-Klux-Klans kann Ihnen im Film den Sinn seiner Kutte nicht wirklich erklären. Ist Ihnen in solchen Momenten nicht manchmal fast zum Lachen zumute?
Asumang: Ich lache nicht über Menschen. Manchmal muss ich darüber schmunzeln, wie sie etwas formulieren. Wenn sie das Kreuz für Jesus Christus verbrennen und ich entgegne: „Ja, aber Jesus liebt doch auch die Schwarzen“ – und ich als Antwort dann nur eine wackelnde Klan-Mütze zu sehen bekomme. Das ist ein Moment, wo ich denke, sie hätten sich vorher überlegen sollen, was sie da machen. Weil es ja überhaupt keinen Sinn ergibt.
„Wenn man dazu beitragen will, das Problem mit dem Rassismus zu lösen, muss man bereit sein, etwas von der eigenen Kraft abzugeben.“ Das ist Ihr Schlusssatz im Film. Warum „abgeben“ und nicht „investieren“?
Asumang: Ich finde es ganz wichtig, dass man eine menschliche Wärme mitbringt. Man sollte versuchen, bei sich zu bleiben und nicht in einen Angstmodus zu verfallen. Ein Nazi ist kein Gespenst, sondern ein Mensch. Auch wenn er Rassist ist und schlimme Dinge getan hat, verdient er als Mensch Respekt. Auch wenn man darauf keinen Bock hat und ihn am liebsten anschreien würde.
Wenn wir besser sein wollen als die, müssen wir auch andere Methoden haben. Und das bedeutet, eine gewisse Menschlichkeit mitzubringen, niemanden in eine Schublade zu packen und den Willen zu haben, die Situation zu verbessern. Keine weitere Provokation! Deshalb muss man etwas von seiner Kraft abgeben und in den Dialog legen. Man kann nicht einfach nur sagen „Nazis raus! Haut mal ab!“ – Damit wird man nichts lösen.
Wann sind harte Worte wie „Nazis raus!“ dennoch angebracht?
Asumang: Gegenüber den Nazichefs. Da muss man hart bleiben, denn diese Strategen verfolgen ein Ziel und benutzen Mitläufer, Personen, die gerade eine schlechte Phase haben oder in sich noch nicht gefestigt sind. Die Chefideologen haben kein Interesse daran, dass es den Mitläufern gut geht, im Gegenteil, der Hass soll sogar in ihnen bleiben, damit man sie besser aufpeitschen kann. Allerdings ist an die Nazichefs schwer ranzukommen.
Nun haben Sie so viel Zeit und Kraft investiert und das ZDF strahlt Ihren Film erst um 23:55 Uhr aus. Macht Sie das traurig?
Asumang: Der Film läuft im „Kleinen Fernsehspiel“ des ZDF und ich bin sehr froh, dass die den Mut hatten, diesen Film mit uns zu machen. Ich finde allerdings, dass die mutigen Filme, die „Das kleine Fernsehspiel“ zeigt, insgesamt ein bisschen früher laufen könnten. Aber das ist eine andere Diskussion.
Ist Rechtsextremismus denn, wie Andrea Röpke sagt, ein Quotenkiller?
Asumang: Es kommt darauf an, wie man mit dem Thema umgeht. Wenn ein Fünkchen Hoffnung dabei und ein bisschen Humor im Spiel ist, und wenn man nicht die ganze Zeit ängstlich zittern muss, dann kann man so etwas zeigen. Wenn man aber nur Hardcore-Nazis mit Baseballschläger und Springerstiefeln zeigt und der Zuschauer sich fürchtet, zappt er vielleicht weiter.
Würden Sie dem ZDF zutrauen, dass die Ihren Film auch mal um 20:15 Uhr ausstrahlen?
Asumang: Ursprünglich war es angedacht, dass er auf ARTE um 20:15 Uhr läuft, aber es hat sich dann doch anders ergeben. Die ZDF kann den Film ja wiederholen, wenn sie merken, dass viele Leute einschalten oder sich viele Leute über Twitter und Facebook positiv über den Film äußern. Ich denke, da muss vom Zuschauer etwas kommen.
Ich dachte, dass so eine Sendezeit für Sie als Filmemacherin eher frustrierend ist, aber Sie nehmen das offenbar so hin…
Asumang: Ich bin einfach total froh, dass ich überhaupt „Das kleine Fernsehspiel“ und ARTE Thema gefunden habe. Die waren wirklich mutig und haben mich bei den Dreharbeiten unterstützt. Das würde nicht jeder machen, denn es war eine wagemutige Filmreise, die ich machen wollte. Da braucht man mutige Partner. „Das kleine Fernsehspiel“ z.B. steht Leuten, die ein Debüt machen oder schwierige Themen angehen, mutig zur Seite. Meine Redakteurin Claudia Tronnier glaubt an einen. Sie gibt einem Kraft und gemeinsam mit Kathrin Brinkmann von Arte, mit den Co-Produzenten Hanfgarn & Ufer haben wir das dann durchgezogen.
Wie fühlen Sie sich momentan in Deutschland angesichts eines wachsenden Populismus eines Horst Seehofer oder der diversen Vertuschungen und Aktenschreddereien rund um den NSU?
Asumang: Ich fühle mich total verpflichtet noch mehr über das Thema Nazis zu sprechen. Bis es den letzten erreicht. Im Übrigen ist das Thema Rassismus auch nur ein vorgeschobenes Thema, womit man leicht Leute angeln kann. Dahinter steckt das Abschaffen der Demokratie. Es geht denen darum, mehr Einfluss zu bekommen, die Nazis von damals haben es auch nicht anders gemacht. Das sollte allen Menschen und auch den Politikern bewusst sein: Das Abschaffen der Demokratie ist letztendlich das Ziel dieser Rassisten. Aber das verstehen nicht mal die Leute, die für die Neonazis Randale machen. Letztlich schneiden sie sich nämlich selbst ins Fleisch der eigenen Freiheit.
Was sagen Sie zu positivem Rassismus? Begegnet Ihnen dieses Phänomen häufig?
Asumang: Heute nicht mehr so oft. Als Kind haben mir die Leute in der Straßenbahn mal eine Banane gereicht oder über meine Haare gestreichelt und gesagt: „Ach, sind die schön weich!“ So etwas erlebe ich heutzutage nicht mehr. Ich bin aber auch viel selbstbewusster geworden, durch meine ganze Arbeit mit dem Thema, angefangen mit „Roots Germania“. Daran bin ich gewachsen und stärker geworden. Heutzutage würde mir keiner mehr einfach so durch die Haare zu wuscheln. (Lacht)
Zu Ihrer Karriere: Wie kommt man von der Sendung „Liebe Sünde“ zum Kampf gegen Rassismus?
Asumang: Naja, so weit ist der Weg ja nicht. Schließlich widme ich mich immer noch Tabuthemen (lacht): Bei „Liebe Sünde“ habe ich über Liebe, Erotik und Sex gesprochen und jetzt spreche ich über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.
Ich glaube, ich bin prädestiniert dafür, schwierige Themen anzugehen. Es macht mir Spaß, über Dinge zu sprechen, über die andere sich nicht zu sprechen trauen. Der Bekanntheitsgrad durch „Liebe Sünde“ machte mich zur Zielscheibe einer Morddrohung der rechtsextremen Band „White Aryan Rebels“, und dann bin ich tief in die Szene der Nazis eingetaucht. Das Thema hat mich nicht mehr losgelassen.
Serdar Somuncu trug bei seinen Lesungen auf Anraten der Polizei eine kugelsichere Weste. Sie gehen mit Ihrem Film „Die Arier“ jetzt auch auf Tour durch Schulen. Gibt es ähnliche Sicherheitsmaßnahmen?
Asumang: Ich bin bis jetzt ohne Schutz unterwegs gewesen. Ich werde auch jetzt keine kugelsichere Weste tragen. Wenn es soweit kommen würde, dann hätte ich verloren.
Ich wünsche mir, dass wir etwas verändern können und ich weiß um die Menschen, die um mich herum sich das ebenfalls wünschen. Das ist eine schöne und positive Kraft. Da ist viel Menschlichkeit und Liebe drin und ich glaube, genau das ist mein Schutz. Man kann nie sicher sein, aber ich versuche positiv zu denken. Mich mit Schutzwesten oder Waffen zu schützen, darauf würde ich nie kommen, weil es das ist, was die Neonazis machen. Das machen ängstliche Menschen. Ich möchte das für mein Leben nicht. Das möchte doch keiner, oder?