Frau Mabuse, durch Ihre Präsenz bei „Let’s Dance“ und „Das Supertalent“ sind Sie inzwischen sehr vielen Fernsehzuschauern bekannt. Wie kommen Sie mit dem Hype um Ihre Person zu Recht?
Mabuse: Der Erfolg ist etwas Neues in meinem Leben. Ich muss mich noch daran gewöhnen.
Ist es anstrengend, erfolgreich zu sein?
Mabuse: Nein. Ich denke, Erfolg wird erst dann anstrengend, wenn die Sache selbst keinen Spaß mehr macht. Wenn man sich zu seinem Tun zwingen muss oder der äußere Druck und der Anspruch an sich selbst zu groß und mächtig werden. Meine Passion ist das Tanzen, diese Liebe dazu habe ich schon seit meiner Kindheit. Und ich habe das Glück, mit meiner Lieblingsbeschäftigung Geld verdienen zu können. Das ist für mich ein unschätzbarer Wert in meinem Leben.
Was hat sich für Sie durch Ihre TV-Präsenz verändert?
Mabuse: Ich bin durch das Tanzen in sehr vielen Ländern unterwegs, da bin ich ein Jedermann. Erst wenn ich wieder in Deutschland bin, wird mir meine Präsenz auf dem Bildschirm wieder bewusst. Die Leute kennen mich wegen der großen Abendshows, schauen mich mit prüfendem Blick an und sprechen mich auch an. Dieser Zustand ist noch sehr neu und ungewohnt für mich. Manchmal frage ich mich: „O, Gott woher kenne ich dich? Wie heißt du denn?“ Irgendwann dämmert es mir, dass dies kein längst vergessener Bekannter ist, sondern ein Zuschauer.
Wie schützen Sie sich und Ihr Privatleben?
Mabuse: Ich rede sehr wenig über mein Privatleben. Jeder weiß zwar, dass ich verheiratet bin, mehr möchte ich aber nicht über unsere Ehe sagen.
Sie strahlen immer Heiterkeit und gute Laune aus. Sind Sie auch mal traurig, antriebslos und möchten sich am liebsten ins Bett verkriechen?
Mabuse: Als Tänzerin muss ich viel trainieren, vor allem jetzt: Ich habe einen neuen Tanzpartner und bin mit ihm bald bei unserer ersten Deutschen Meisterschaft. Manchmal wird es mir schon zu viel, wenn ich müde bin oder mal allein sein möchte, aber dann erinnere ich mich daran, welchen Luxus ich genieße, mit meiner Lieblingsbeschäftigung meinen Unterhalt verdienen zu können. Das ist für mich ein neuer Ehrgeiz.
Warum haben Sie sich einen neuen Tanzpartner gesucht und tanzen nicht mehr gemeinsam mit Ihrem Mann?
Mabuse: Mein Mann ist fünf Jahre älter als ich, er hat in seiner Tanzkarriere alles erreicht, was er erreichen wollte. So ist sein Antrieb weg. Ich spüre dieses Kribbeln noch und wollte unbedingt wieder zurück auf das Parkett. Ich habe momentan zwar Engagements bei „Let´s Dance“ oder „Supertalent“, aber da tanze ich nicht selbst, dieser aktive Part hat mir gefehlt. Außerdem möchte ich nicht auf meinen TV-Erfolg bauen. Oft gibt es einen Hype um Personen, die sind dann eine Zeit lang furchtbar IN – und plötzlich will sie niemand mehr sehen. Das ist mir zu ungewiss. Tanzen ist eine Konstante in meinem Leben, der ich weiterhin treu bleiben möchte.
Wie wichtig ist bei „Let´s Dance“ nackte Haut für die Quote?
Mabuse: Das weiß ich nicht. Aus meiner Sicht sollte es beim Tanzen eher um die Bewegung gehen, als um nackte Haut. Für Jüngere ist sexy und verführerisch sein sehr wichtig. Ich finde die Bewegung muss stimmen, dann kann man sich auch um die Verpackung kümmern.
Fühlen Sie sich manchmal auf Ihr attraktives Äußeres reduziert?
Mabuse: Es ist komisch, weil man sich selbst anders sieht. Eben das typische Problem mit der Fremd- und Eigenwahrnehmung. Viele setzen Motsi Mabuse mit einer geschminkten und durchgestylten Frau gleich. So sehe ich mich aber nicht. Dieses Styling ist für mich Arbeitskleidung. Ich definiere mich eher über meinen Charakter und meine Persönlichkeit. Mein Äußeres spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Privat mag ich Jeans und weite Sachen. Außerdem bin ich dabei fast immer ungeschminkt. Im Fernsehen und bei Turnieren muss ich das tragen. Deshalb kennt meine Haut im Alltag keine Schminke. Ungeschminkt zu sein ist privat sein, wie freie Tage oder Urlaub.
Sie sind als Jurymitglied fast immer nett. Können Sie sich auch vorstellen, härtere Äußerungen zu machen, wie Ihr Kollege Dieter Bohlen bei „Das Supertalent“?
Mabuse: Bei „Supertalent“ trifft man auf Leute, die auf der Bühne am Durchdrehen sind. Mir ist es wichtig die Balance zwischen Menschlichkeit, Würde und Ehrlichkeit zu bringen. Auf humane Art und Weise zu vermitteln: Das wird nichts. Aber Dieter macht das ja schon viel länger und vielleicht hat er einfach keine Geduld mehr, es auf die liebe nette Art rüberzubringen.
Wird dabei nicht auch mit Klischees gearbeitet? Die Männer wie Dieter Bohlen oder Joachim Llambi bei „Let´s Dance“ sind hart und direkt, die Frauen wie Sie und Silvie van der Vaart verkörpern das Weiche und Sensible…
Mabuse: Die Frage ist doch, ob die Männer hier nicht irgendwelche Rollen einnehmen? Silvie und mir ist es erlaubt, Frau zu sein. Das Urteil, was ich abgebe, meine ich auch wirklich so. Dagegen kann ich mir nicht vorstellen, dass Herr Llambi immer so ist, wie er sich in der Show gibt.
Welchen Promi, der noch nicht bei „Let´s Dance“ war, würden Sie gerne mal auf das Parkett holen?
Mabuse: Barbara Schöneberger. Ich bin ein wahnsinnig großer Fan von ihr. Sie ist eine tolle Frau. Sie ist pure Energie und wunderbar authentisch.
Tanzen ist eine Konstante in meinem Leben, der ich weiterhin treu bleiben möchte.
Wie kamen Sie eigentlich zum Tanzen?
Mabuse: Während eines Familienurlaubs haben wir Kinder in einer Tanzgruppe zugeschaut. Meine Mama hat mich daraufhin gefragt, ob ich mir das auch vorstellen kann. Und ich wollte es unbedingt! Daraufhin hat meine Mutter einen Raum in einem Kindergarten umgebaut und eine kleine Tanzschule eröffnet. Eigentlich war es nur als Hobby gedacht. Erst als ich in Deutschland war, habe ich darüber nachgedacht, das Tanzen zu meinem Beruf zu machen. Bis dato hatte ich Jura studiert.
Warum sind Sie mit 18 Jahren nach Deutschland gegangen?
Mabuse: Ich habe meinen Mann in England kennengelernt. Er ist Deutscher und auch Profitänzer. Ich bin zuerst mal für ein Jahr hierher hergekommen, um zu sehen, ob es zwischen uns von Dauer ist. Jetzt sind wir seit 12 Jahren zusammen.
In welchen Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen empfinden Sie sich als afrikanisch, in welchen deutsch?
Mabuse: Ich denke, wenn es darum geht Spaß zu haben und das Leben zu genießen verhalte ich mich eher afrikanisch. Wenn es um das Arbeiten und Trainieren geht, bin ich sehr deutsch geworden. Ich bin sehr pflichtbewusst. Außerdem habe ich mir in Deutschland vor allem die Pünktlichkeit angewöhnt. Ich empfinde dies als eine sehr wichtige Eigenschaft. So kann man seinem Gegenüber sofort Respekt entgegenbringen.
Ich bin jung und mit einer lockeren Einstellung nach Deutschland gekommen. Ich habe keine Vergleiche zwischen Afrika und Deutschland gezogen. Was mir aber sofort aufgefallen ist, dass Deutsche gerne planen und sich gerne an diese Pläne halten. Sie sind da konsequenter als meine Landsleute.
Wie unterscheidet sich die Rolle der Frau in Südafrika zu Deutschland?
Mabuse: Da sehe ich keinen großen Unterschied. Es gibt emanzipierte Frauen, die arbeiten gehen, ihr eigenes Geld verdienen und somit unabhängig von ihrem Mann sind. Es gibt aber auch Frauen, die keinen Schritt ohne ihren Mann tun, in Afrika sowie in Deutschland. Ich könnte nicht mehr ruhig schlafen, wenn ich von meinem Mann abhängig wäre. Was passiert, wenn es schief geht? Meine Mama hat uns zu selbstständigen, starken Frauen erzogen. Es ist mir wichtig, diese Selbstständigkeit auszuleben.
Sie waren bei der WM 2010 als Reporterin in Südafrika. Haben Sie dadurch neue Seiten an Ihrem einstigen Heimatland entdeckt?
Mabuse: Es ist für mich immer schön zu sehen, wie Sport Menschen vereinen kann. Und das auch noch in so einem durch Rasse und Geschichte getrennten Land wie Südafrika. Da ist es beeindruckend, wie die Menschen zusammenwachsen und die Unterschiede plötzlich egal sind.
Würden Sie heute sagen, dass die WM in Südafrika nachhaltig etwas verändert hat?
Mabuse: Es ist auf jeden Fall anders geworden. Der Stolz dieser Nation hat sich positiv verändert. Gerade die junge, schwarze Bevölkerung sieht sich nicht mehr in der Außenseiterrolle. Sie sind stolz darauf, schwarz zu sein und sehen ihre Hautfarbe nicht mehr als Nachteil. Das größte Problem in Südafrika ist nach wie vor die Korruption. Die Jungen möchten diesen Zustand sofort unterbinden. Sie kämpfen dagegen an, starten übereilt Kampagnen. Ich bin der Meinung, dass man in einem Land die Korruption nicht von einem Tag auf den anderen austreiben kann. Gesetze nützen eher weniger, es geht um die Einstellung der Menschen um eine Veränderung in ihren Köpfen, um die Schaffung eines Unrechtsbewusstseins. Dies erreicht man durch Bildung. Deshalb plädiere ich für eine Schulpflicht, für einen kostenlosen Schulbesuch. Nur so kann sich dauerhaft die Einstellung zur Korruption verändern.
In Deutschland flackert der Rechtsextremismus immer wieder auf – auch mit Anschlägen auf Ausländer und Menschen anderer Hautfarbe. Wie sicher fühlen Sie sich in Deutschland?
Mabuse: Ich spüre Rassismus erst, seitdem ich in der Öffentlichkeit stehe. Ich bin eine der wenigen Schwarzen auf dem Bildschirm. Vorher war das für mich kein Thema. Es kommt vereinzelt vor, dass ich nicht so ganz nette Briefe erhalte. Anfangs ist man schockiert, bis ins Mark verletzt, aber es sind nur Worte.
Nur Worte?
Mabuse: Ja, nur Worte. Ich lasse doch nicht zu, dass einzelne Menschen es schaffen, mein positives Denken und mein gutes Bild von Deutschland zu zerstören. Ich kenne viele, viele andere Menschen, die gut sind. Auf diese Menschen konzentriere ich mich.
Hat sich Ihrer Ansicht nach das Klima für Einwanderer in Deutschland in den letzten Jahren verbessert?
Mabuse: Ich erlebe und sehe, dass sich viele Menschen Mühe geben, um die Situation der Einwanderer zu verbessern. Es gibt aber auch Menschen, die andere gerne kategorisieren, nach dem Motto „Du bist Türke, du Afrikaner“, statt denjenigen als Mensch zu sehen. Wir sind doch alle von der gleichen Welt. Warum spielt es dann eine so große Rolle, aus welchem Land einer kommt? Die Leute haben Angst, sich zu öffnen, das verlangsamt den Prozess eines friedlichen Miteinanders. Ich beobachte es an den heranwachsenden Generationen, die sind offener.
Der Autor Wladimir Kaminer, selbst russischer Einwanderer, sagte uns im Interview: „Die Angst vor der Zukunft, die Sorge um die Zukunft ist in Deutschland etwas übertrieben.“
Mabuse: Dem kann ich bedingt zustimmen. Im Grunde ist die Einstellung immer vom Einzelnen abhängig. Aber es gibt in Deutschland schon Menschen, die nur in der Zukunft leben und das Hier und Jetzt vergessen. Das macht aber unglücklich, weil die Zukunft nie so werden wird, wie man es sich schön ausmalt. Natürlich muss man planen und Grundsteine für die Zukunft legen – aber wir leben trotzdem im jetzigen Moment und dieser Moment kann jede Sekunde vorbei sein. Deutschland hat mich in dieser Hinsicht beeinflusst, früher habe ich eher abgewartet, mal sehen, was kommt, was die Zukunft bringt. Jetzt bin ich anders, ich mache mir mehr Gedanken über die Zukunft, wäge Entscheidungen gezielt ab, und nehme das Ruder selbst in die Hand.
Wie wird es bei Ihnen die nächsten Jahre weitergehen?
Mabuse: Mein großes Ziel ist mit meinem neuen Tanzpartner deutscher Meister zu werden. Wenn man einen neuen Tanzpartner hat, muss man erstmal wieder von unten anfangen. Aber vor dieser großen Trainingsphase habe ich keine Angst.
Außerdem würde ich gerne beim Fernsehen bleiben, weil es mir enormen Spaß macht. In Deutschland gibt es keine große Nachmittags-Talkshow, so wie die von Oprah Winfrey in den USA. Hier gibt es nur politische Talksendungen. Eine richtige Talkshow mit Niveau, in der gesellschaftliche Themen besprochen werden, fehlt meiner Meinung nach. Das könnte ich mir vorstellen. Um als Moderatorin arbeiten zu können, muss ich allerdings mein Deutsch noch etwas verbessern. Daran arbeite ich.
Letzte Frage: Warum wird bei „Let´s Dance“ nie zu afrikanischer Musik getanzt?
Mabuse: Samba und Rumba haben ihren Ursprung auch in Afrika, vor allem die Trommeln, dazu kommen europäische Melodien. Insofern ist Afrika schon ein bisschen vertreten. Aber bei „Let´s Dance“ dreht sich fast alles nur um Gesellschaftstanz wie Standard, Latein und Discofox. Und gesellschaftstanz ist in Afrika eher weniger verbreitet.