Frau Neuhaus, Ihr Buch „Mordsfreunde“ haben Sie einst noch im Selbstverlag herausgegeben haben, Erstauflage 5000 Stück. Nun lief kürzlich die Verfilmung zur Prime Time im ZDF. Kneifen Sie sich manchmal, um zu gucken, ob Sie träumen?
Nele Neuhaus: Nicht nur manchmal, sondern sehr häufig. Ich war bei den Dreharbeiten dabei, habe den riesigen Aufwand und das ganze Gewusel gesehen und gedacht: „Die sind alle hier, weil du dir mal etwas ausgedacht hat.“
Mit den ersten beiden Verfilmungen waren Sie nicht zufrieden, unter anderem, weil eine Geschichte einen neuen Mörder bekommen hat. Was haben Sie daraus gelernt?
Neuhaus: Damit war ich sehr unglücklich. Ich habe gelernt, dass ich meinen Einfluss mehr geltend machen oder sagen muss: „Die Bücher werden nicht verfilmt.“ Als Autor geht man ein großes Wagnis ein und man weiß, dass ein 500-Seiten-Roman nicht eins zu eins in 90 Minuten gezeigt werden kann. Aber die Regisseure der ersten beiden Filme hatten noch nicht einmal die Romanvorlagen gelesen. Nach der Ausstrahlung der Filme ging ein wahrer Shitstorm los, der hat am Ende doch wieder mich eingeholt. Dann habe ich interveniert.
Die nächsten drei Bücher hat mit Marcus O. Rosenmüller („Der fremde Gast“, „Wunderkinder“) ein neuer Regisseur verfilmt. Wie hat Ihnen seine Umsetzung gefallen?
Neuhaus: Er hat einen bemerkenswerten Satz gesagt: „Als Regisseur muss man die Quintessenz eines Buchs begreifen.“ Bei den nächsten drei Verfilmungen ist das gelungen. Es fällt gar nicht auf, dass eine wichtige Figur fehlt, weil die Geschichte als solche schlüssig ist. (lacht)
Ein Kritiker hat mal gesagt, Ihre Geschichten seien wie Rosamunde Pilcher mit Toten. Verletzt Sie das, der Plot Ihrer Handlungen ist doch deutlich komplexer als eine Liebesgeschichte?
Neuhaus: Er wollte mich damit ärgern, aber ich habe das als Kompliment aufgefasst. Wer ist schon so erfolgreich wie Rosamunde Pilcher? Ich wage zu behaupten, dass die Hälfte meiner Fans fast mehr Wert auf die persönliche Entwicklung meiner Ermittler Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein legt, als auf den Krimiplot. Als von Bodenstein am Ende von „Wer Wind sät“ überlegte, ob er nach Berlin gehen soll, habe ich säckeweise Post bekommen, weil meine Leser damit nicht einverstanden waren. Wenn ich dann mit Rosamunde Pilcher verglichen werde, was soll’s?
Ihre Ermittlerin ist geschieden, mit einem neuen Partner glücklich, Hundefan und Jahrgang 1967. Diese auffälligen Parallelen zu Ihrem Leben sind kein Zufall oder?
Neuhaus (lacht):Es ist nie absichtlich Autobiografisches in meinen Büchern, aber so ein bisschen Einfluss ist nicht zu vermeiden. Manchmal will ich das auch gar nicht. Zum Beispiel kocht Pia im neuen Buch eine Kürbissuppe, denn ich hatte gerade selbst den Kampf mit einem widerspenstigen Kürbis hinter mir. Mir macht das Spaß, weil es aus dem Leben gegriffen ist.
Ganz normale Menschen und ihre Abgründe, viel Lokalkolorit und Ermittler mit einem umfangreichen Privatleben: Ist diese Mischung das Erfolgsrezept Ihrer Bücher?
Neuhaus: Ja. Ich denke gerade dieser Regionalbezug und die scheinbare Normalität berühren den Leser besonders. Es könnte um den Nachbarn gehen oder einen Bekannten. Kürzlich hat in meinem Nachbarort ein Mann in der Garage seines verstorbenen Schwiegervaters in Fässern Leichenteile gefunden. In der Zeitung stand: „Das hätte sich Nele Neuhaus nicht besser ausdenken können.“
Kommen jetzt in einem Ihrer nächsten Bücher auch Leichenteile in Fässern vor?
Neuhaus: Nein, niemals! Das finde ich wirklich ganz eklig. Bei mir bleiben die Leichen meistens in einem Stück.
Alles im Leben hat seinen Preis, das versuche ich darzustellen.
Ihre Krimis verkaufen sich auch im Ausland gut. Kürzlich waren Sie beim Krimifestival „Bloody Scotland“. Gerade die Briten haben doch selbst gute Krimiautoren. Was schätzen die ausländischen Leser an Ihren Büchern?
Neuhaus: Meine Plots handeln von den Schwächen und den dunklen Seiten der Menschen. Rache, verletzte Eitelkeit, Verlassenwerden, das sind Motive, die auch in Großbritannien, Südkorea oder den USA verstanden werden. Es kommen inzwischen sogar Journalisten aus dem Ausland in den Taunus, um mit mir mal an die Schauplätze meiner Bücher zu fahren.
Reicht es, wenn Sie mit offenen Augen durch den Taunus spazieren, um Inspiration für einen neuen Krimi und seine Figuren zu bekommen?
Neuhaus: Nein, das reicht nicht, aber es ist während der Arbeit sehr wichtig, noch ein paar Eindrücke vor Ort aufzunehmen. Es gibt derart viele verschieden Menschen, die im Rhein-Main-Gebiet zwischen Frankfurt, Wiesbaden und dem Flughafen leben, dass das Potenzial für mich als Krimiautorin noch lange nicht ausgeschöpft ist. Am Anfang jeden Buches steht eine Idee, die sich über Wochen und Monate hinweg in meinem Kopf entwickelt. Bei „Schneewittchen muss sterben“ war es der Fall eines spurlos verschwundenen Mädchens aus meinem Heimatort Kelkheim. Ich habe mich gefragt, wie Eltern mit dieser quälenden Ungewissheit umgehen. Meistens sind es kleine Sachen, eine Zeitungsmeldung oder eine Dokumentation im Fernsehen, die mich inspirieren und daraus macht meine Fantasie dann meistens mehr als 500 Seiten.
Ihr Kollege aus der Eifel, Jacques Berndorf, hat einmal in einem Interview erzählt, dass ein Leser ihn darauf aufmerksam gemacht hat, dass an der von ihm beschriebenen Stelle Tannen statt Buchen stünden. Bekommen Sie solche Post auch?
Neuhaus: Das kenne ich: „Der Briefkasten hängt doch gar net da.“ Die Leute sind schon sehr akribisch. Es gibt für alles auf dieser Welt Spezialisten. Man kann noch so gut recherchieren, es gibt immer irgendwen, der es besser weiß. Jedes Mal, wenn ich die Druckfahnen lese, denke ich: Musst du da nicht noch einmal nachfragen? Aber letztendlich ist es ein Roman, ganz perfekt geht es einfach nicht.
Sie haben mal gesagt, dass Unrecht nicht immer bestraft wird und das Leben trotzdem weiter geht. Wie realitätsnah muss ein Krimiende sein?
Neuhaus: Bei meinem letzten Buch „Böser Wolf“ kommt der Böse am Ende davon. Darüber hatte ich lange Diskussionen mit meiner Verlegerin. Aber gerade beim Thema organisierter Mädchenhandel gibt es nicht immer ein Happy End. Ich bin Schirmherrin des Frankfurter Mädchenhauses und bin mir darüber bewusst geworden, dass das durch alle Bereiche der Gesellschaft auch bei uns im scheinbar idyllischen Vordertaunus geht. Bei aller Fiktion finde ich es gut, wenn man die Realität in seinem Roman abbildet. Es kann halt nicht immer das Rosamunde-Pilcher-Ende nehmen. (lacht)
In Ihrem neuen Buch „Die Lebenden und die Toten“ taucht auch eine Unternehmensberaterin auf, die viel Geld verdient und nur unterwegs ist. Diese Rolle übernehmen meistens Männer. Haben Sie eine feministische Ader?
Neuhaus: Das glaube ich nicht. In meinem Bekanntenkreis gibt es sehr erfolgreiche Frauen. Viele von ihnen kommen eines Tages an einen Punkt, an dem sie sich fragen: „Wo ist mein Privatleben geblieben?“ Alles im Leben hat seinen Preis, das versuche ich immer darzustellen. Mir wird gelegentlich vorgeworfen, dass in meinen Büchern immer die Reichen die Bösen seien. Aber tatsächlich ist es viel spannender, wenn jemand, der super erfolgreich ist, strauchelt. Dann ist die Fallhöhe eine ganz andere. Oft gelangen Menschen nicht in einflussreiche Positionen, weil sie so nett sind, sondern weil sie sich rücksichtlos ihren Weg gebahnt haben. Das finde ich faszinierend.
Warum haben Sie „Die Lebenden und die Toten“ kurz bevor es fertig war noch einmal komplett umgeschrieben?
Neuhaus: Ich habe zu dem Zeitpunkt ein Buch von einer Autorenkollegin gelesen und die hatte einen ähnlichen Twist. Da habe ich mir gesagt: „Das kannst du jetzt nicht machen, hinterher behauptet noch jemand, das hast du abgeschrieben.“ In dem Moment hatte ich dann eine noch viel bessere Idee. Und während ich alles überarbeitete, stellte ich fest, dass eine Figur obsolet geworden ist. So habe ich quasi mit dem Skalpell die Figur von hinten nach vorne komplett aus dem Krimiplot herausseziert und die Aufgaben, die diese Figur hatte, jemand anderem aufgeladen.
Auf www.vorablesen.de war die Kommentaranzahl zu Ihren ersten 30 Seiten sofort dreistellig. Machen Sie sich überhaupt noch Sorgen, ob sich ein neues Buch verkauft?
Neuhaus: Ich bin in der absolut fantastischen und sehr seltenen Position, dass ich mich beinahe darauf verlassen kann, dass meine Bücher laufen. Dafür arbeite ich aber auch sehr hart. Ich habe keine Ghostwriter oder Recherchehelfer wie andere Kollegen und haue pro Jahr keine drei Krimis raus, dann würde die Qualität leiden. Im Sommer habe ich unter meinem Mädchennamen meinen ersten Roman herausgebracht und da wusste ich überhaupt nicht, ob das funktionieren würde. Trotz aller Erfolge bin ich noch immer eine große Selbstzweiflerin.
Ein typisches Frauenproblem.
Neuhaus: Ich fürchte, ja. Das wird wohl nie ganz weggehen, aber das ist auch gut so, denn es spornt mich an, immer mein Bestes zu geben. Jedes neue Buch ist wie ein Kind, das man in den Kindergarten entlässt. Entweder geht alles gut und es gewinnt Freunde oder es ist total unbeliebt und wird verprügelt. (lacht) Bei meinem Roman gab es natürlich am Anfang Krimileser, die enttäuscht waren, aber ich habe dadurch auch eine ganz neue Leserschaft generieren können. Das schreit nach einer Fortsetzung.
Im August haben Sie sich bei Facebook verabschiedet. Brauchen Sie das soziale Netzwerk als Marketinginstrument nicht mehr?
Neuhaus: Nein, das würde ich so nicht sagen. Die Entscheidung ist mir bei über 20 000 Followern sehr schwer gefallen, ich habe den direkten Austausch mit meinen Fans geliebt. Als ich Namen für meine Figuren brauchte, wurden mir Hunderte zur Verfügung gestellt. Aber diese Art der Kommunikation hat immer mehr Zeit in Anspruch genommen und irgendwann bekam ich echte Konzentrationsprobleme. In Zukunft will ich meine Fans über meine Homepage und einen Newsletter auf dem Laufenden halten.
Sie gehören neben anderen bekannten Autoren wie Elfriede Jelinek und Günter Wallraff zu den Unterzeichnern einen Protestbriefs gegen die Geschäftsmethoden von Amazon. Was ist Ihre größte Sorge im Hinblick auf den Versandhändler?
Neuhaus: Ich bin ein Riesenfan von Amazon gewesen. Als ich Selbstverlegerin war, war es die einzige Möglichkeit für mich, meine Bücher in ganz Deutschland zu verschicken. Umso größer die Enttäuschung, dass Amazon plötzlich zu solchen Methoden greift, um mehr Profit zu machen. Dass bis heute viele meiner Bücher nur mit Verzögerung zu bestellen sind, –natürlich nur die älteren Titel, nicht die gut laufenden neuen Bücher, – ärgert mich. Viele Kollegen, deren Verlage ihre älteren Titel nicht mehr auflegen, bleibt nur die Möglichkeit, ihre Bücher via Amazon als E-Book zu verkaufen. Für sehr viele Autoren ist es deshalb existenziell, wenn Amazon mehr Prozente beim Verkauf der E-Books haben möchte, denn das schmälert natürlich erheblich ihren Verdienst.
Sie schreiben auch Jugendbücher, führen eine Stiftung, die sich für die Leseförderung einsetzt, und spielen mit dem Gedanken eine Westernreitschule zu gründen. Hat Ihr Tag mehr als 24 Stunden?
Neuhaus: Wie alles im Leben ist das eine Organisationssache. Mein Lebensgefährte ist der Vorstandsvorsitzende meiner Stiftung, er kennt sich mit dem Thema berufsbedingt gut aus. Ich bin Anfang des Jahres nach 30 Jahren des „englischen Reitens“ auf die Westernreiterei umgestiegen und habe festgestellt, dass es in unserer Gegend dafür kaum Angebote gibt. Das würde ich gerne ändern, aber man muss erst einmal die richtigen Leute zusammenbekommen und einen passenden Stall finden.
Haben Sie überhaupt noch Zeit, mal in die Bücher Ihrer Konkurrenz zu schauen?
Neuhaus: Absolut, aber Konkurrenz ist das falsche Wort. Unter uns Autoren besteht keine Konkurrenz, wir erkennen den Erfolg der anderen an. Sicherlich schielt man mal rüber und denkt: „Mist, an der Stelle wäre ich jetzt auch gerne.“ Ich bin eine flexible Schnellleserin: Gerade habe ich von Katja Kessler „Silicon Wahnsinn. Wie ich mit meinem Schatzi nach Kalifornien auswanderte“ gelesen und mich köstlich amüsiert. Serien faszinieren mich, Lee Child mit seinem Ermittler Jack Reacher habe ich quasi inhaliert. Aber mittlerweile bin ich auch in der Lage, nach 40 oder 50 Seiten zu sagen: „Ist nicht meins“ und es wegzulegen.
Ich bin froh, dass mein Freund, der mit mir Schluss gemacht hat, wieder bei mir ist, danke für deine Hilfe (Greatmutaba @yahoo.com), dass du mir geholfen hast, einen Liebeszauber zu wirken, der ihn zu mir zurückgebracht hat, wenn du seine Hilfe brauchst, um zu kommen Dein Ex-Liebhaber mit einem Zauberspruch füge ihn auf WhatsApp hinzu +2348054681416