Nicholas Sparks, so gut wie jeder Roman, den Sie bisher geschrieben haben, ist auch verfilmt worden. Hat das Ihr Schreiben verändert?
Sparks: Nicht in dem Ausmaß, wie sie wahrscheinlich denken. Letztlich sind die Filme für mich nur eine Art, jene Menschen mit meinen Geschichten zu erreichen, die nicht lesen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass eigentlich nie einer der Charaktere meiner Geschichten nachher im Film so aussieht, wie ich ihn mir beim Schreiben vorgestellt hatte. Es gibt natürlich Ausnahmen, wie bei dem Film mit Miley Cyrus, den ich für Disney entwickelt habe. Da war von Anfang an klar, wer die Hauptrolle spielen würde.
Für „Safe Haven“ sind Sie nun erstmals auch als Co-Produzent mit verantwortlich. Wie viel Einfluss haben Sie auf das Casting?
Sparks: Ich habe Einfluss, das war aber schon immer so. Ein Film ist ein gemeinsamer Prozess. Ich habe in diesem Prozess eine Stimme, aber das Studio hat eben auch eine, genauso wie die anderen Produzenten, der Regisseur und manchmal sogar einer der anderen Schauspieler. Kevin Costner hatte bei „Message in a Bottle“ das größte Mitspracherecht von allen. Aber zum Glück hatte ich bisher noch nie das Gefühl, man hätte sich für den Falschen entschieden.
Sie haben fünf Kinder. Die dürften mit den Stars Ihrer jüngsten Filme, wie Miley Cyrus oder Josh Duhamel, durchaus einverstanden gewesen sein.
Sparks: Die Vorschläge meiner Kinder richten sich meistens danach, wen sie gerne einmal treffen würden. Das ist dann meistens der neue Disney-Star. Letztes Jahr haben sie mich gefragt: Dad, könntest Du nicht ein Buch für einen Film mit Selena Gomez schreiben. (lacht) Aber um auf Ihre Eingangsfrage zurück zu kommen: das ist in der Regel das letzte, woran ich beim Schreiben denke. Wenn ich an der Konstruktion einer neuen Geschichte bastele, habe ich im Kopf, dass sie als Buch und als Film funktionieren soll. Aber sobald ich konkret zu schreiben anfange, geht es nur noch um den Roman.
Wo schreiben Sie? Zuhause? Haben Sie eine Hütte im Garten?
Sparks: Ich habe ein Büro oberhalb meiner Garage. Da sitze ich, lasse den Fernseher im Hintergrund laufen und schreibe.
Haben sie den Fernseher beim Schreiben an, um Ihre Kinder nicht zu hören?
Sparks: Nein, wenn die Kinder aus der Schule kommen, bin ich mit meinem täglichen Schreibpensum in der Regel durch. Der Fernseher ist Teil meines persönlichen Schreibprozesses. Es gibt Autoren, die schreiben am besten wenn sie nebenbei Musik hören. Andere brauchen die Stille. Ich lasse den Fernseher laufen.
Was lief im Fernsehen, als Sie „Safe Haven“ geschrieben haben? Reklame, Nachrichten, Filme?
Sparks: Vor allem Serien wie „Dexter“, „Seinfeld“ oder „Star Treck – Next Generation“. Das Wichtige daran ist, dass ich nur Sachen laufen lasse, die ich schon mehrfach gesehen habe, sonst würden sie mir die Konzentration rauben. Es geht um ein Hintergrundgeräusch, das ich brauche. Wenn es an der Zeit ist, ein neues Buch zu schreiben, greife ich ins Regal, da stehen so ungefähr zehn verschiedene Serien. Je nachdem, in welcher Stimmung ich bin, greife ich mir eine und beginne mit Staffel 1, Folge 1. Wenn die Serie zu Ende sein sollte, bevor ich fertig mit dem Schreiben bin, hole ich mir die nächste.
Sehen Sie sich hin und wieder neue Serien an, um mal ein neues Hintergrundgeräusch zu hören?
Sparks: Das ist nicht nötig. Ich nehme immer wieder dieselben.
Ihr Co-Produzent Marty Bowen wird mit den Worten zitiert: „Nicholas Sparks kennt den Herzschlag Amerikas“. Was meint er damit?
Sparks: Ich vermute mal, er meint, dass ich das beherrsche, worum es einem Autor meines Fachs immer geht: das Hervorrufen von Emotionen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Hervorrufen von Emotionen und billiger Manipulation. Ich tu mein Bestes, um die Emotionen so real erfahrbar zu machen wie möglich, ohne den Leser zu manipulieren. Mit anderen Worten, wenn jemand in einer Geschichte „Ich liebe dich“ sagt, dann soll der Leser denken: „Natürlich tust du das, ich wusste schon vor acht Seiten, dass du sie liebst. Hat ja ganz schön lange gedauert, bis du endlich mit der Sprache rausrückst.“ Man will nicht, dass jemand „Ich liebe dich“ sagt und der Leser denkt: „Wie bitte? Jetzt schon? Ich glaub ihm kein Wort.“ Der Zuschauer oder Leser soll etwas fühlen, bevor er es gesagt bekommt.
Eines der wiederkehrenden Stilmerkmale eines Nicholas-Sparks-Films ist das eher gemächliche, geradezu altmodische Erzähltempo. Sind Sie deswegen nun auch Produzent Ihres Films geworden, um diesen Stil gegen mögliche Modernisierungsversuche zu verteidigen?
Sparks: Die meisten meiner Filme wurden sehr positiv aufgenommen. Ihr Erzähltempo scheint also das richtige gewesen zu sein. Wir wollen im Film eine Authentizität der Charaktere und ihrer Emotionen herstellen. Und in der echten Welt verlieben sich Menschen normalerweise nicht sofort. Es braucht Zeit, bis man denkt, dass man eine Person wirklich kennt. Also lassen wir uns auch ein bisschen Zeit, wenn wir von der Liebe erzählen. Und in den Filmen geht es ja nicht nur um eine Art der Liebe. In „Wie ein einziger Tag“ oder „Nur mit Dir“ geht es um die erste Liebe. Die ist am intensivsten und leidenschaftlichsten, denn alles an ihr ist neu. In „Safe Haven“ erleben die Menschen ihre zweite oder dritte Liebe. Da wird man oft etwas vorsichtiger. Wenn man vielleicht einmal verletzt worden ist, will man sicher gehen, dass die Liebe echt ist, bevor man das nächste Mal sein Herz öffnet.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Hervorrufen von Emotionen und billiger Manipulation.
Fühlen Sie sich unwohl mit Leuten, die schnell denken und handeln?
Sparks: Oh nein. Ich bin auch selbst eher schnell. Ich habe meine Frau, mit der ich jetzt 23 Jahre verheiratet bin, zum ersten Mal an einem Montag getroffen und am Dienstag waren wir verheiratet.
Im Ernst?
Sparks: (lacht) Naja, ich habe ihr am ersten Tag nur gesagt, dass wir heiraten werden und sie hat mich ausgelacht. Tatsächlich sind wir uns im März zum ersten Mal begegnet, im August ist sie zu mir nach Kalifornien gezogen, im Oktober habe ich um ihre Hand angehalten und im darauf folgenden Juli haben wir geheiratet. Da war ich 23.
Durchleben Sie diese Zeit immer wieder von neuem, wenn Sie Ihre Romane schreiben?
Sparks: Ich kann zumindest sagen, dass die meisten Frauen in meinen Romanen Züge meiner Frau tragen. Denn ich erfinde weibliche Charaktere, die ich attraktiv finde: mit Loyalität, Humor, Freundlichkeit, einem herzlichen Lachen, Ehre und dem Wunsch, das richtige zu tun, auch wenn es schwer fällt. Das alles trifft auf meine Frau zu und steckt auch in jedem der weiblichen Charaktere in meinen Romanen, obwohl sie alle sehr unterschiedlich sind.
Es fällt auf, dass Ihre Geschichten immer wieder am Meer spielen, aber es gibt in ihnen kein Fernweh. Niemand will den Ozean, an dem er wohnt, überqueren. Reisen Sie nicht gerne?
Sparks: Ich reise gerne, eigentlich die ganze Zeit. Ich habe sogar eine Schule gegründet, in der Auslandsaufenthalte auf dem Lehrplan stehen. Junge Menschen müssen hinaus in die Welt, erst recht heutzutage, um vorbereitet zu sein auf die Zukunft. Ich liebe also das Reisen. Aber ich siedele meine Romane nun mal immer in North Carolina an.
Aber warum?
Sparks: Jeder meiner Romane hat eine andere Geschichte, mit eigenen Charakteren unterschiedlichen Alters. Es gibt verschiedene Themen, verschiedene Rhythmen und Perspektiven. Aber irgendetwas sollte dem Leser vertraut sein, sonst wüsste er nicht, dass er sich gerade in einer Nicholas-Sparks-Geschichte befindet. Also spielen meine Romane immer in Kleinstädten in North Carolina, wahrscheinlich verlieben sich ein paar Leute und etwas Wasser gibt es auch. (lacht) Es ist wie bei Stephen King. Seine Romane haben immer etwas Unheimliches. Aber was das ist, ist jedesmal anders. Mal ist es ein Vampir, dann ein Haus oder ein Hund. Egal – Angst hat man immer.
Haben Sie früher viel von Stephen King gelesen?
Sparks: Die Bücher, die ich früher gelesen habe, sind eigentlich immer noch die, die ich heute lese. Stephen King war ein wesentlicher Anstoß für mich, um Schriftsteller zu werden. Ohne, dass ich mir bewusst war, wie er das genau macht, zeigte er mir, wie man von einer Geschichte in den Bann gezogen wird: Verliere niemals deine Leser aus den Augen. Du sollst es ihnen so schwer wie möglich machen, dein Buch aus der Hand zu legen. Natürlich arbeiten Stephen King und ich in zwei ganz verschiedenen Sujets, aber alles, was ich erzählt habe, von meinem Bestreben, die Geschichten und ihre Charaktere authentisch zu gestalten, habe ich nicht zuletzt von ihm gelernt.
Sie lesen selbst keine romantischen Geschichten?
Sparks: Ehrlich gesagt, solange es keine klassischen tragischen Liebesgeschichten sind, wie Hemingways „Farewell to Arms“ – Nein. Es gibt nicht so viele romantische Geschichten, die nicht in Fantasy abdriften, die nicht zu Groschenromanen werden. Ich möchte stets etwas schreiben, das thematisch weiter angelegt ist, als die üblichen Schnulzen.
Sehen Sie sich die Verfilmungen Ihrer Bücher privat selbst an?
Sparks: Das kommt vor, vor allem wegen meiner Kinder. Sie sehen natürlich am liebsten „Mit Dir an meiner Seite“ – wegen Miley Cyrus.
Stephen King hat sich auch öfter als Regisseur ausprobiert. Wäre das auch was für Sie?
Sparks: Nein. Regie zu führen ist gleichermaßen Kunst und Handwerk. Und wie jedes Handwerk muss es trainiert werden. Es ist ein sehr komplexer Beruf, man muss nicht nur wissen, wie man eine Szene arrangiert. Man muss wissen, wie man mit Menschen umgeht, was man mit einem Schauspieler macht, der immer eine Stunde zu spät kommt oder wie man reagiert, wenn man, iwe bei „Safe Haven“, ein Feuer drehen will und ein Sturm aufkommt. Wenn ich also gerne Regisseur sein würde, hätte ich sehr viel zu lernen. Und dazu habe weder Zeit noch Lust.