Ridley Scott

In den 2020ern werden sie auf dem Mars landen.

Ridley Scott begibt sich wieder ins All: Mit „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ hat er den gleichnamigen Bestseller von Andy Weir verfilmt. Im Interview spricht der englische Regisseur über Mars-Missionen, Gespräche mit der NASA, Science-Fiction und die geplante Fortsetzung von „Blade Runner“.

Ridley Scott

© Twentieth Century Fox

Mr. Scott, mit „Der Marsianer“ haben Sie wieder einen Weltraumfilm gedreht, allerdings ohne Monster. Hat Ihnen das nicht gefehlt?
Ridley Scott: Mein Monster ist Matt Damon (lacht). Nein, das „Monster“ war die sagenhafte Geschichte, die Vorlage von Andy Weir. Das war wie ein Kuchen mit vielen Schichten, mit großartigen Figuren in einer misslichen Lage, einem wunderbaren Schauplatz und viel Action. Es ist eine emotionale Erfahrung, in deren Kern es darum geht, dass wir uns gegenseitig brauchen – das ist für die heutige Zeit eine gute Botschaft, denke ich.

Im Buch und im Film kooperieren sogar die chinesische und die amerikanische Raumfahrtbehörde.
Scott: Dass die chinesische Raumfahrtagentur sich in der Geschichte so positiv einbringt ist eine sinnvolle Botschaft. Auch die NASA war davon begeistert, weil sie sagen: Das geschieht genauso in der Realität, die Agenturen kümmern sich nicht um die Politik sondern helfen sich gegenseitig.

Wir können heute bereits Roboter auf den Mars schicken, warum sollten Ihrer Ansicht nach Menschen auf den Mars?
Scott: Gute Frage, die Kosten dafür sind ja kolossal, da geht es um Milliarden.

Sehen Sie eine Notwendigkeit für eine bemannte Mission?
Scott: Ich stelle sie infrage. Ungefähr so wie ich mich frage, warum es Formel1-Rennwagen gibt. Ich gucke mir das manchmal gerne an, aber hat das einen wirklichen Wert? Das behaupten die ja, dass es bei der Formel1 im Hinblick auf Konstruktion oder Emissionstechnik einen gewissen Nutzen gibt. Insofern denke ich, dass die Technologie, die für eine Mars-Mission entwickelt wird, vermutlich auch von unschätzbarem Wert sein wird. Nur, vom Mars zu einem anderen Planeten zu gelangen, das wird, glaube ich, in diesem Jahrhundert nicht mehr geschehen. Dafür müsste man sich mit Lichtgeschwindigkeit beschäftigen, mit Kryotechnik, bevor man überhaupt an den nächsten Stern denkt. Wenn du einmal am Mars vorbei bist, bist du in den Tiefen des Weltraums.

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Wenn du den Mount Everest besteigen kannst und das willst, dann solltest du es auch umsetzen.

Ridley Scott

Wie schätzen Sie die aktuellen Planungen für eine bemannte Mars-Mission ein?
Scott: Ich denke, in den 2020ern werden sie auf dem Mars landen, wenn es mit der Finanzierung klappt. Ich habe den Chef der NASA ein paar Mal getroffen, er und 14 wichtige NASA-Leute haben den Film gesehen. Sie mochten ihn und einer von ihnen witzelte: „Hoffentlich hilft uns das bei der Finanzierung.“
Ich finde außerdem: Wenn man es schon technisch kann, dann sollte man es auch tun. Wenn du den Mount Everest besteigen kannst und das willst, dann solltest du es auch umsetzen. Man weiß ja inzwischen, dass es große Eisgletscher auf dem Mars gibt und in dem Wasser vermutet man kleine Mikroben. Da sind die Wissenschaftler äußerst neugierig.

Und für diese Erforschung reichen Roboter nicht aus?
Scott: Die Arbeit der Marssonden ist ja sehr langwierig und mühsam, Roboter hat man ja schon in den 70er Jahren dort hochgeschickt. Allerdings fahren die nicht in felsige Regionen, wo sie abstürzen könnten – und plötzlich wären 25 Milliarden Dollar futsch.
Also, eine bemannte Mission wird es ganz sicher geben. Und vielleicht erfahren wir durch so eine Mission, dass die Erde früher wie der Mars war, also vor einer Milliarde Jahren.

© Twentieth Century Fox

Matt Damon in „Der Marsianer“ © Twentieth Century Fox


Wie blicken Sie denn auf die Mondlandung vor 46 Jahren?

Scott: Das war eine bemerkenswerte Leistung, ein großes Stück Ingenieurskunst. Eine Raumfahrtagentur wird dir auch immer 95000 Gründe nennen können, warum sie noch weiter hinaus wollen. Ich saß mit sieben Wissenschaftlern am Tisch, die sagen, dass Reisen mit Lichtgeschwindigkeit machbar sind, mathematisch gesehen, von der Astrophysik her. Die Möglichkeit besteht – sie wissen nur noch nicht wie. Aber man sagt niemals nie.

Mit heutiger Technik dauert eine Reise zum Mars mehrere Monate. Was würden Sie während so einer langen Reise tun?
Scott: Wahrscheinlich lesen. Und trainieren, du musst dann ja mindestens vier Stunden am Tag trainieren.

Sie würden keine Filme gucken?
Scott: Die würden mir ja sehr schnell ausgehen. Wir machen heute zwar immer mehr Filme, aber die sind nicht alle gut, oder? Nein, ich würde so etwas lesen wie „Robinson Crusoe“, oder Robert Lee Stevenson, all die Klassiker, die ich schon als Kind gelesen haben. Geschichte war mein einziges Schulfach, in dem ich gut war. Mein Geschichtslehrer hat mir damals C.S. Forester empfohlen: seine Bücher sind sehr akkurat, unterhaltsamer als Geschichtsbücher und es gibt auch ein bisschen Sex.

Was war der erste Science-Fiction-Roman, den Sie gelesen haben?
Scott: Ich bin kein großer Fan von Science-Fiction-Literatur, das war mir oft zu viel Fantasy. Das Buch, welches mich dann allerdings doch gepackt hat, das war der erste Teil der „Dune“-Serie (dt. „Der Wüstenplanet“).

Mit „Alien“ und „Blade Runner“ haben Sie wegweisende Filme gedreht. Hat sich Ihre Herangehensweise an Science-Fiction im Lauf der Zeit verändert?
Scott: Nein, nicht wirklich. Ich mag vor allem Science-Fiction, wenn es darin auch um reale Fragen geht. „Alien“ hatte das nicht, aber das war ehrlich gesagt auch ein B-Movie, der jedoch großen Erfolg hatte. Mir geht es schon darum, dass ein Film realistische Schlüsse zulässt, sogar bei „Prometheus“ geht es um Fragen wie: Wie sind wir entstanden, woher kommen wir?

Regisseur Scott mit Matt Damon © Twentieth Century Fox

Regisseur Scott mit Matt Damon © Twentieth Century Fox

Im Science-Fiction-Genre wird die Zukunft als Utopie oder als Dystopie dargestellt, mit großen mächtigen Konzernen, die die Welt beherrschen. Wozu neigen Sie?
Scott: Zur Dystopie. Weil das doch schon geschieht, sehen Sie das etwa nicht?

Die Zukunft könnte also so aussehen wie in Ihrem Film „Blade Runner“?
Scott: In „Blade Runner“ hatten wir zumindest schon eine ganz gute Vorstellung davon, was die Macht einiger großer Konzerne anbelangt. Aber ich nenne da jetzt keine Namen.

Ein zweiter Teil von „Blade Runner“ ist in Planung, bei dem Sie aber nur als Produzent dabei sind. Warum führen Sie diesmal nicht Regie?
Scott: Weil mir die Zeit dafür fehlt, da ich gerade den zweiten Teil von „Prometheus“ vorbereite. Aber ich konnte Harrison Ford zurückholen und Ryan Gosling dafür gewinnen. Denis Villeneuve als Regisseur ist eine gute Wahl denke ich. Als Autor konnte ich mir eigentlich nur Hampton Fancher vorstellen (Drehbuchautor des ersten „Blade Runner“-Films). Wir haben zusammen eine großartige Idee entwickelt, wie die Geschichte weitergeht, dann hat er daraus eine 110-seitige Kurzgeschichte gemacht und aus der wiederum habe ich zusammen mit Michael Green ein Drehbuch entwickelt.

Mögen Sie denn überhaupt Sequels?
Scott: Nein, ich neige eigentlich eher dazu, voran zu schreiten. Aber hier gibt es einfach diese großartige Idee in der Fortsetzung. Harrison Ford meint, es sei das Beste, was ich bisher geschrieben habe.

Wie entscheiden Sie, ob Sie bei einem Film Regie führen oder ihn nur produzieren?
Scott: Da halte ich es wie ein guter Antiquitätenhändler: Du musst immer auch bereit sein, deinen besten Tisch zu verkaufen.

Was würden Sie sagen, welche Ihrer Filme bis heute unterschätzt werden?
Scott: Alle. Ich meine, vernichtende Kritiken bekam ich für „Blade Runner“, für „Legend“, für „Die Duellisten“, wie ist das möglich? Das ist doch lächerlich! Also, das beachte ich nicht und mache einfach meine Arbeit.

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