Herr Henssler, 2012 setzen Sie Ihre Live-Tournee „Meerjungfrauen kocht man nicht“ fort. Wie unterhalten Sie die Zuschauer einen ganzen Abend lang?
Steffen Henssler: Es ist eine Live-Kochshow, wobei die Betonung auf „Show“ liegt. Ich stelle jeden Abend 10 bis 15 Gerichte vor, die zwar alle einen besonderen Kniff haben, aber trotzdem für jeden absolut einfach nachzukochen sind. So kann jeder Hobbykoch für sich seinen persönlichen „Aha“-Moment mit nach Hause nehmen. Beim Kochen binde ich das Publikum gerne mit ein, auch auf der Bühne. Natürlich erzähle ich auch viel – nicht nur über mich, sondern auch viel darüber, wie es so hinter den Kulissen der ganzen Kochshows aussieht. Ich lästere also auch ordentlich über die Kollegen ab (lacht). Neu ist übrigens eine Tanzeinlage, an der wir gerade herum choreographieren – man darf gespannt sein.
Sie haben zwei eigene Restaurants, eine werktägliche Sendung im ZDF, Sie sind oft Gast bei anderen Koch- und Showformaten, schreiben Kochbücher, haben zwei Töchter – wie bewältigt man das alles?
Henssler: Du musst einfach gut organisiert sein und brauchst gute Leute um dich herum. In meinen Restaurants habe ich Küchenchefs, denen ich absolut vertraue. Wenn ich wenig Zeit habe, brauche ich nur kurz mit den beiden zu telefonieren und sie setzen meine Vorstellungen Eins zu Eins um.
Natürlich hab ich oft einen stressigen Tagesablauf, aber es ist positiver Stress, weil ich eben alles sehr gerne tue. Außerdem langweile ich mich schnell, wenn mein Tag mal nicht so vollgepackt ist. Aber ich nehme mir auch mal eine Auszeit und daddle den ganzen Tag mit meinen Kids herum, das muss auch sein.
Bedeutet Weihnachten für Sie Ruhe oder Arbeit?
Henssler: Weihnachten ist bei uns generell immer Ruhe, da beide Restaurants von Heiligabend bis Anfang Januar Betriebsferien haben. Gedreht wird in dieser Zeit auch nicht, also bedeutet Weihnachten für mich eine Zeit des Entschleunigens.
Wie verbringen Sie die Feiertage?
Henssler: Das ist immer ganz unterschiedlich, in diesem Jahr werde ich wahrscheinlich wegfahren. Ich hab mal keine Lust darauf, zu Hause zu sitzen und Familienbesuche zu machen. Ich schnappe mir die Kids und dann geht es bis nach Neujahr in die Sonne: Marokko, Dubai – so in die Richtung. Auf jeden Fall Sonnenschirm statt Weihnachtsbaum, dreißig Grad und eine Piña Colada in der Hand.
Und wenn Sie Weihnachten mit der Familie feiern – wer steht am Herd und welche traditionellen Weihnachtsgerichte gibt es im Hause Henssler?
Henssler: Normalerweise stehe ich am Herd. Dabei habe ich Traditionen wie die Weihnachtsgans in den letzten Jahren etwas aufgebrochen: Heiligabend Gans, Rotkohl, Klöße, vielleicht noch ein Stück Kuchen mit Sahne obendrauf und am nächsten Tag das große Weihnachtsessen bei Muttern – dann hängt man immer so in den Seilen und kann sich kaum noch bewegen. Genauso lecker ist doch ein ganzer Fisch. Im letzten Jahr habe ich zum Beispiel einen Lachs mit Kräuterkruste in den Ofen geschoben, dazu gab es Salat.
Angenommen, Sie kommen nach einem stressigen Tag spät nach Hause, haben großen Hunger aber keine Lust, lange zu kochen und der Vorratsschrank und Tiefkühler bieten nur den übliche Standard. Was würde es zu essen geben?
Henssler: In solchen Situationen bin ich der Brot-Typ. ‚Ne Scheibe gutes Brot, eine Tomate drüber reiben – nicht schneiden – und dazu ein bisschen gehobeltes Gemüse kurz durch die Pfanne ziehen, Zucchini und Fenchel zum Beispiel, dann passt das schon für mich. Oder ’ne schnelle Pasta geht auch. Was übrigens die wenigsten wissen: Die heutige Industriepasta kann man gleich ins kalte Wasser schmeißen. So spart man Zeit und hat sich nebenher noch schnell eine einfache Tomatensauce gezaubert.
Heiligabend Gans, Rotkohl, Klöße, vielleicht noch ein Stück Kuchen mit Sahne obendrauf – dann hängt man immer so in den Seilen und kann sich kaum noch bewegen.
Nudelwasser muss nicht kochen?
Henssler: Nein, muss es nicht. Die Annahme stammt noch von früher, bei frisch gemachten Nudeln muss das Wasser natürlich kochen. Aber die ganz normalen Industrie-Spaghetti aus der Tüte wirft man einfach in einen Topf mit kaltem Wasser, dann ab auf den Herd damit und wenn es anfängt zu kochen brauchen die meistens nur noch zwei Minuten und sind schon fertig.
Welches Gericht oder Lebensmittel kommt bei Ihnen nie auf den Tisch?
Henssler: Rosenkohl und Leber. Ich mag beide einfach überhaupt nicht, in keiner Form.
Und was macht Sie glücklich, was ist Ihr persönliches „Soulfood“, wie Koch-Kollege Nelson Müller es immer nennt?
Henssler: Nach wie vor Sushi. Wenn ich bei mir im „ONO“ bin und die Jungs gerade eine Rolle fertig machen – da kann ich nicht nein sagen. Sushi erinnert mich auch immer an Kalifornien, an die gute alte Zeit eben (lacht).
Sie sprechen Ihre Ausbildung in der „Sushi Academy“ in Los Angeles an. Ermöglicht hat Ihnen die Ausbildung ja ein Lottogewinn. Wo wären Sie heute, wenn Sie damals nicht im Lotto gewonnen hätten?
Henssler: Wahrscheinlich würde ich auch irgendwo kochen. Aber ich hätte meinen Kochstil nicht so entwickelt, wie es heute der Fall ist. Ich will mich aber lieber nicht fragen, wo ich karrieremäßig gelandet wäre oder in welchem Laden ich kochen würde. Momentan ist alles so perfekt, da will ich mich mit solchen Fragen gar nicht beschäftigen (lacht).
Glauben Sie, dass Ihnen Ihr Aussehen bei der Koch-Karriere behilflich war?
Henssler: Für das Fernsehen war es bestimmt nicht hinderlich. Aber es gibt ja auch genügend Kollegen im Fernsehen, die … ich sag mal … anders aussehen (lacht). Und natürlich bin ich schon öfters mit dem Klischee konfrontiert worden „Sieht nett aus und ist deswegen auf dem Bildschirm“. Es gibt auch viele, die mich als arroganten Sack bezeichnen, der dazu auch noch sein Maul zu weit aufreißt. Es gibt also zwei Seiten – einerseits hat es sicherlich schon geholfen, andererseits wird man in eine Schublade gesteckt.
Von welchem Promikoch-Kollegen würden Sie sich gerne einmal privat bekochen lassen und warum?
Henssler: Also ich war in der letzten Zeit zweimal bei meinem „Topfgeldjäger“-Kollegen Frank Rosin essen. Ich ärgere ihn in meiner Sendung zwar gerne, aber von ihm lasse ich mich gern bekochen. Er hat ja vor Kurzem seinen zweiten Stern erhalten, das schmeckt man auch!
Kochen ist nach wie vor der große Trend in Deutschland, noch nie gab es so viele bekannte Promi-Köche, TV-Formate rund um den Herd, Koch-Tourneen usw. Gleichzeitig kochen die Deutschen zu Hause aber immer seltener und greifen lieber auf Fertigprodukte zurück. Wie erklären Sie sich das?
Henssler: Das verstehe ich selber nicht wirklich. Ich höre immer nur „Ich hab doch keine Zeit“. Das sind meistens die Leute, die täglich ohne Ende bei Facebook posten und ständig twittern. Kochen und Essen ist ein großes Thema, aber die wenigsten wollen sich auch die Zeit dafür nehmen. Eigentlich sollte man ja denken, dass wenn die Menschen die Muße haben, sich Kochsendungen anzusehen, sie auch die Zeit finden, selber zu kochen. Es gibt mittlerweile sogar Studien, die besagen, dass viele nach dem Anschauen eines Kochformats im TV das Gefühl haben, sie hätten ihr Soll erledigt. Darum versuche ich ja auch, meine Zuschauer immer wieder mit leckeren und gesunden Gerichten zu animieren, die sie einfach und schnell nachkochen können.
Dann nennen Sie uns mal spontan drei leckere und gesunde Gerichte, die jeder mit zwei linken Kochhänden innerhalb von einer halben Stunde zubereiten kann.
Henssler: Gern. Gucken Sie einfach mal in den Kühlschrank: Eine Zucchini und ’ne rote Paprika ist ja was, was immer gerne mal herumliegt. Dazu eine frische Hähnchenbrust würfeln und ganz schnell ist eine süß-saure Hähnchenpfanne fertig: Alles anbraten, bisschen Zucker, bisschen Sojasauce, vielleicht noch ein Schuß Orangsensaft und etwas Honig. Dazu kochen Sie eine Tüte Reis – fertig. Oder Spaghetti mit einer guten Tomatensauce, auch schnell gezaubert. Bisschen Butter in die Pfanne, schmelzen lassen, doppelt soviel Zucker wie Butter dazu und rühren, bis Sie Karamell haben. Da schmeißen Sie Tomatenstücke rein, ein paar getrocknete Kräuter aus dem Glas, löschen das ganze mit dem Rest Rotwein von letzter Woche ab und lassen das einkochen, vielleicht noch ein bisschen Knoblauch dazu. Oder gerade eben hab ich noch gebratene Garnelen mit einer sämigen Brotpfanne gemacht. Dazu hab ich einfach Brot- und Speckwürfel genommen, das zusammen angebraten, Rosmarin und Knoblauch dazu gegeben, alles schön kross gebraten und dann mit Sahne abgelöscht. Dann hab ich Garnelen paniert, gebacken und auf diesen Brotsalat gegeben, fertig. Liebe Kochmuffel: Einfach mal machen und ausprobieren! An die großen und aufwändigen Gerichte kann man sich später immer noch ran trauen!