Till Brönner

Ich habe nicht provoziert – das war meine Provokation.

Till Brönner wurde zum erfolgreichsten deutschen Jazz-Trompeter – ohne zu provozieren oder Gesetze zu brechen. Ein Gespräch über Selbstfindung in der Musik, veränderte Hörgewohnheiten, Wiedererkennbarkeit, sein Album „The Good Life“ und Jazz als Spiegel von Gesellschaft und Politik.

Till Brönner

© Sony Masterworks

Herr Brönner, in der Einleitung zu Ihrem Buch „Talking Jazz“ (2010) schreiben Sie, dass viele Menschen mit der Bezeichnung Jazz eine „zu anstrengende, zu intellektuelle“ Musik assoziieren. War und ist es ein Ziel von Ihnen, diese Menschen an den Jazz heranzuführen?
Till Brönner: Es war nicht mein primäres Ziel. Erstmal hat die Musik mich selbst in den Bann gezogen – und da ist man dann vor allem mit sich, mit dem Instrument und mit dem Bewerkstelligen dessen zugange, was man hört und gerne können möchte. Allerdings merkte ich auch, dass das, was ich so wahnsinnig interessant und inspirierend fand, von meinen Klassenkameraden und Generationsgenossen völlig anders gesehen wurde. Natürlich habe ich versucht, denen das schmackhaft zu machen…

Auf welche Weise?
Brönner: Ich habe denen Platten empfohlen oder ihnen etwas vorgespielt. Bei den meisten hatte ich damit keinen Erfolg, doch ein enger Schulfreund ist dadurch tatsächlich zum Jazz bzw. zum E-Bass gekommen,
glaube ich. Heute ist er ein angesehener Musikjournalist.

Schreibt er auch über Ihre Musik?
Brönner: Ja, er hat mal über eine Platte von mir geschrieben – aber Namen werden hier nicht genannt. (lacht)

Wie ist es heute, wenn Sie ein Album rausbringen: Schwingt da noch der Wunsch mit, Jazz Leuten nahezubringen, die damit bisher wenig anfangen konnten?
Brönner:
Eher Nein. Heute ist mein Ziel, immer noch ein bisschen mehr ich selbst zu sein. Die Suche nach diesem Selbst dauert auf angenehme Weise an. Obendrein nehmen Menschen an dieser Suche regen Anteil. Das kann man auch bei vielen anderen Künstlern sehen: Die großen Erfolge, das sind meistens die Platten, hinter denen eine sehr persönliche Geschichte steckt. Selbst wenn diese Geschichte absurd klingt – wenn sie echt ist und erlebt wurde können Menschen damit stets etwas anfangen.

Gab es denn Platten in Ihrer Diskographie, die ‚unpersönlicher‘ waren?
Brönner: Ich habe ja früh angefangen, meine Entwicklung zu dokumentieren und bei all dem, was an Alben vorhanden ist, gibt es sicher auch etwas, wo ich rückblickend sagen würde: „Ja, so hat man das damals eben gemacht.“ Man kann das authentischste Album machen, irgendetwas von der Gegenwart wird es immer widerspiegeln…

…oder auch den Wunsch eines Produzenten bzw. der Plattenfirma.
Brönner: Bei den Produzenten, mit denen ich gearbeitet habe, waren sicher auch welche dabei, die sich in Richtung Publikum orientiert haben.
Dafür sind Produzenten auch oft da. Heute leben wir aber in einer Zeit, in der Authentizität stärker denn je registriert wird, auch von Seiten des Publikums. Und das interessiert mich seit jeher mehr als die Frage, welcher Stil sich gerade gut verkauft.

Zitiert

Ich therapiere mich mit meiner Musik.

Till Brönner

Hat es mit diesem Streben nach Authentizität zu tun, dass Sie das Album „The Good Life“ mit einem Quartett und nicht etwa mit Streichern oder Elektronik aufgenommen haben?
Brönner: Dahinter steckt keine Strategie oder Konzept. Ich bin hier über den Produzenten Ruud Jacobs zu meinen Wurzeln zurückgekommen, zu meinem allerersten Album, das ich 1993 in Berlin aufgenommen habe (mit Ray Brown, Frank Chastenier, Gregoire Peters und Jeff Hamilton; „Generations Of Jazz“). Denn als ich jetzt in L.A. im Studio stand und es der Wunsch von Ruud Jacobs war, dass wir das mit einer Rhythmusgruppe machen, die in etwa so klingt wie damals – da trafen sich irgendwann die Blicke von Jeff Hamilton und mir, und wir mussten
beidelachen. Weil es nun tatsächlich schon 23 Jahre her ist, dass wir zusammen im Studio gesessen haben und jetzt wieder ein Album machen, dass in gewisser Weise ähnlich klingt. Es ist ein Album mit einigen der besten Musiker und Songs die ich kenne.

Ist es mit dieser Besetzung einfacher, authentisch zu sein?
Brönner: Mit der Musik, die wir aufgenommen haben, auf jeden Fall. Die Musiker kommen alle
von der Westküste, die Musik kommt daher und wurde häufig in diesem Studio aufgenommen. Wir haben, wenn man so möchte, das Höchstmaß an Originalität und Authentizität in dieses Album packen wollen. Es würde anders klingen, wenn man diese Musik zum Beispiel in Stockholm mit schwedischen Musikern aufnehmen würde. Das Album hat eine bestimmte Betriebstemperatur, ein Klima, das – so bilde ich mir das jedenfalls ein – auch mit dem tatsächlichen Klima in L.A. zusammenhängt.

Täuscht der Eindruck oder singen Sie auf „The Good Life“ höher als auf Ihren früheren Alben?
Brönner: Es sind tatsächlich 1-2 Nummern höher geraten als ich sie normalerweise andenken würde. Da steckt aber kein Konzept oder eine bewusste Veränderung dahinter.

Man hört Sie jetzt auf jeden Fall häufiger singen. Sind Sie inzwischen selbstbewusster, was die eigene Stimme anbelangt?
Brönner: Selbstbewusster würde ich nicht sagen. Ich weiß heute die Dosis besser zu wählen und auch den Moment, wo ich meine Stimme einsetze. Nicht jede Nummer, die wir probiert haben, eignete
sich auch. Am Ende blieben aber die Stücke, wo es funktionierte. Ich bin ja kein Crooner – was ich auf der Stimme nicht zur Verfügung habe, übergebe ich gerne der Trompete. Das funktioniert für mich.

In „Talking Jazz“ beschreiben Sie die eigene Stilfindung auf der Trompete anhand von Vorbildern mit den Worten „Irgendwann hast du so viele Sachen im Kopf abgespeichert, dass du sie nach Gusto kombinieren kannst“. Welche Sänger hören wir in Ihrer Stimme, neben Chet Baker?
Brönner: Das ist nicht meine Aufgabe, hier jetzt den Talmud dazu zu liefern. Ich stelle mir diese Fragen
auch nicht mehr: Weil ich irgendwann verstanden habe, dass ich, egal was ich mache, immer so klingen werde wie ich. Das gilt auch für die Trompete. Wahrscheinlich sind alle Exkursionen, oder Maßnahmen, die ich ergriffen habe, um mein Trompetenspiel zu verbessern, viel weniger relevant gewesen für meinen heutigen Klang, als ich es geglaubt habe. Das meiste ist schon vorhanden bei uns Menschen. Und das, was uns ausmacht, das kriegt man durch keine Erziehung weg.

Aber könnten Sie sagen, welche Sänger Sie inspiriert haben?
Brönner: Da gibt es sehr viele. Ich nennen mal einen, den manche Leute bei mir eher nicht als
Einfluß vermuten würden: Joe Williams. Das war einer der ersten Jazz-Sänger, die ich wahrgenommen habe, von dem ich mir alle Aufnahmen besorgt habe. Dann war es auch Mark Murphy, mit dem ich zwei Alben produzieren durfte, den ich aber auch schon lange vorher bewundert habe. Die Begegnung mit ihm war eine sehr fruchtbare und tiefgründige.

Was bedeutet das Streben nach Authentizität für Ihre Arbeit im Studio: Besteht ein Song aus einem einzigen Take? Werden alle Musiker gleichzeitig aufgenommen?
Brönner: Es gibt Menschen, die behaupten, hören zu können, ob etwas gleichzeitig eingespielt wurde oder nicht – und die haben am Ende meistens Unrecht.
Mir ist irgendwann aufgefallen, dass bei den Takes, die Frank Sinatra während der Capitol-Jahre gemacht hat, es bei einem Song zum Beispiel heißt „Take 157“ oder „Take 78“. Bei einem anderen Song hat man dann gleich das erste Take genommen, wo einfach mal alles gestimmt hat – und trotzdem hat man nie gescheut, alles nochmal zu machen. Weil damals nachträglich nicht so viel ausgebessert werden konnte. Ich will nicht wissen, wie die Jungs nach dem 80. Take ausgesehen haben.

Aber wie ist es heute? Wird am Stück aufgenommen oder nachträglich montiert?
Brönner: Sowohl als auch. Wir haben das Album in zweieinhalb Tagen aufgenommen.

…was bedeutet, dass es so viele Takes nicht gegeben haben kann.
Brönner: Genau.
Diese Musik lebt vom Zusammenspiel. Theoretisch könnte man die Musiker auch einzeln aufnehmen, das würde aber nie das gleiche Ergebnis zeitigen. Wir haben auch ohne Clicktrack – einem Metronom  aufgenommen, weil sich Jeff Hamilton weigerte, mit Click zu spielen. Heute weiß ich auch, mehr als früher, warum: Weil das Tempo bei Aufnahmen, die einen bestimmten Geist in sich tragen, changieren muss, sich entwickeln muss. Die besten Aufnahmen beginnen oft 20bpm langsamer als sie enden.
Ich habe zum Test gelegentlich ein zweites Solo im Nachhinein aufgenommen, in der Regel haben wir uns dann aber für den Take entschieden, den wir schon hatten.
Und für das Abmischen meiner Stimme (Vocal-Mix) braucht man jemanden
, der sich mit so was auskennt, damit es am Ende auch brauchbar ist.

Ist Tonhöhenkorrektur in der Nachbearbeitung für Sie ein rotes Tuch oder völlig legitim?
Brönner: Ich glaube, das war noch nie ein rotes Tuch. Man wünscht sich bei einigen Platten
ja auch im Nachhinein, dass es passiert wäre, diese Technik stand zur Entstehungszeit aber noch nicht zur Verfügung.

Sie wollen Platten aufnehmen, von denen Sie hoffen, „dass sie funktionieren“, schreiben Sie in „Talking Jazz“. Was meinen Sie mit „funktionieren“?
Brönner:
Ich meine damit, dass man der Tatsache, dass Menschen heute faktisch nur noch einzelne Songs runterladen oder sich Alben nach Stimmungen auflegen, in irgendeiner Art und Weise Rechnung trägt. Früher hat man Alben mit großem Bogen und Dynamik produziert, weil man davon ausgegangen ist, dass die Fans im Ohrensessel zwischen perfekt positionierten Lautsprechern genießen. Das machen heute nur noch die wenigsten – unddas hat auch früher nur eine Minderheit getan. Es ist heute noch schwieriger geworden, Aufmerksamkeit für Dynamik in der Musik zu bekommen.

Warum?
Brönner: Weil
Musik auf CD oder dem Ipod heute in der Regel nur noch Untermalung ist. Wir fahren Auto und hören Musik, wir laden Freunde zum Dinner ein und hören Musik. Und wenn wenn jemand in der U-Bahn Kopfhörer aufsetzt, denke ich oft: Der hört eigentlich nur Musik, um sich abzuschotten, damit er nicht mit seinem Umfeld kommunizieren muss. Da muss die Musik oft in einer Art konstanten Temperatur spielen, sonst erfüllt sie ihren „Job“ nicht. Aber ins Kino gehen und gleichzeitig ein Buch lesen, das geht nicht. Es gibt einfach bestimmte Tätigkeiten, denen muss man sich ungeteilt widmen, da muss man sich konzentrieren – Musik ist ein Teamplayer, sie emotionalisiert nicht selten das, was die Augen sehen.

Wenn nun jemand zu Ihnen sagt, er höre Ihre Musik gerne zum Essen, sind Sie dann pikiert?
Brönner: Keinesfalls. Ich kann auch Miles Davis zum Essen hören und finde das super. Ich weiß gar nicht, was Miles Davis zum Essen gehört hat,
man sagt ja er soll Stockhausen-Fan gewesen sein.
Ich kann den Leuten nicht vorschreiben, wie und wobei sie meine Musik hören – und übel nehmen schon gar nicht.

Versuchen Sie, Ihre Musik so zu machen, dass sie nicht anstrengend ist?
Brönner: Das wird mir immer mal unterstellt. Und wenn man meine Alben anhört, ist man geneigt, das auch zu glauben,
oder?

Gibt es denn diese Motivation bei Ihnen?
Brönner: Ich würde es so formulieren: Ich therapiere mich selbst mit meiner Musik. Die Musik beschreibt einen Zustand, in dem ich selbst gerne öfter wäre. Und weil ich so selten dazu komme, mich so zu fühlen, wie die Alben klingen, versuche ich wenigstens in der Musik dahinzukommen: dass ich wie vor dem Kamin sitze, mal eine gute Flasche aufmache und Musik genieße. Denn das passiert in meinem Leben so gut wie gar nicht mehr. Und dieses Schicksal teile ich mit vielen Kollegen. Das ist wie beim Schuster, der selbst immer nur die schlechtesten Schuhe trägt. Er hat es nicht nötig, aber es kommt einfach nicht zum guten Schuh.

© Sony Masterworks

© Sony Masterworks

 

In einem Interview sagte uns der Jazz-Musiker Paul Kuhn: „Der Jazz ist fertig.“ Was halten Sie von dieser Aussage?
Brönner: Ich kann das gut nachvollziehen. Ohne den Kontext zu kennen würde ich sagen, dass Kuhn damit nicht gemeint hat, dass Jazz tot ist, sondern dass die Zeit der Gesetzesbrecherei vorbei ist – und die hat der Jazz wie wenige andere Musikstilrichtungen verkörpert. Man hat vom Jazz während all der Dekaden erwartet, dass er die Gesetze bricht, dass es immer noch weiter geht. Deswegen gibt es ja auch so viele unterschiedliche Arten von Jazz. Allerdings wurde Jazz spätestens ab 1960 zur Kunstmusik. Sie hat zwar immer noch Gesetze gebrochen, nur irgendwann unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Damals hat man auch mal eine Badewanne mit auf die Bühne geholt und es zu Musik erklärt. Doch ich fürchte, mit so etwas kann man heute nicht mehr aufwarten. Heute geht es mehr um die Funktion des Jazz – und die ist ja nicht uninteressant.

Welche Funktion meinen Sie?
Brönner: Die Funktion des Jazz ist nach wie vor, zu reflektieren und zu zeigen, was politisch, gesellschaftlich usw. passiert. Dafür eignen sich Jazz-Musiker in meinen Augen ziemlich gut.

Um zu zeigen, was politisch passiert?
Brönner: Ich denke schon.

An wen konkret denken Sie da?
Brönner: Es gibt wahnsinnig viele Jazz-Musiker, die ihren eigenen kulturellen oder biographischen Hintergrund zum Thema erklären, um Konflikte aufzuarbeiten, beispielsweise Musiker aus dem Orient.
Jazz bedeutet Freiheit, die nach wie vor an vielen Orten der Welt massiv unterdrückt wird. Diktatoren spüren sowas.Jazz ist zudem eine Musik, die nur funktioniert, weil Menschen etwas miteinander machen wollen und nicht gegeneinander – und das auch ohne sich zu kennen. Man lässt sich aufeinander ein und kommt zu einem gemeinsamen Ergebnis, zu einem Kompromiss oder zu Harmonie. Insofern steht für mich der Jazz symbolisch nach wie vor für einen Dialog und für das Kreieren einerseits aber auch das sofortige Ausräumen von Konflikten andererseits. Das ist politisch, ja.

Kuhn sprach in dem Interview auch über Sie, er lobte Ihr „hervorragendes“ Spiel, sagte aber auch „Neues spielt er nicht.“ Meinte Kuhn damit: Sie sind kein Gesetzesbrecher?
Brönner: Ja, wer ist denn heute Gesetzesbrecher? Mir fallen da wenig ein. Ist Gregory Porter ein Gesetzesbrecher? Oder Michael Wollny?
Ich glaube, es geht heute um etwas Anderes, es geht um Wiedererkennbarkeit. Ich erkenne Michael Wollny, ich erkenne Paul Kuhn. Ich erkenne aber wahnsinnig viele
Musiker nicht. Weil sie einfach so klingen, wie ein Ei, das dem anderen gleicht, weil sie versuchen, so zu klingen wie jemand anders. Jamie Cullum erkenne ich. Aber ist das Neue an Jamie Cullum, dass er das Klavier zerhackt oder darauf rumhüpft? Nein, das ist nicht neu, das hat schon Jerry Lee Lewis gemacht.

Und wenn Kuhn nun sagt „Neues spielt er nicht.“…
Brönner: ….
dann bestätigt er gefühlt das, was ich eben gesagt habe. Ich kenne ja Paul Kuhn aus der Zeit meines Studiums in Köln und ich habe vieles von ihm gelernt. Er hat mir damals die ersten Chancen gegeben. Er war der erste, der mich anrief und fragte: Willst du bei mir spielen? Es muss ihm zugesagt haben.

Welches Album, würden Sie sagen, ist rückblickend betrachtet Ihr unkonventionellstes, Ihr experimentellstes?
Brönner: Wahrscheinlich das Album, das noch nicht erschienen ist, das aber möglicherweise schon existiert. Denn das, was ich veröffentlichte und was ich
auf der Bühne mache, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Das ist
im Übrigen eine Frage, die man zum Beispiel Ella Fitzgerald nie gestellt hätte. Als ob es darum ginge, welches das unkonventionellste Album eines Künstler ist. Warum diese Frage?

Wir sprechen ja darüber, wer Gesetzesbrecher ist, wer Grenzen überschreitet – somit ja auch darüber, wer unkonventionell musiziert oder experimentiert. Bei welchem Ihrer Alben hatten Sie vielleicht diesen Drang?
Brönner: Das kann man auf verschiedene Art und Weise sehen. Bei mir war es so, dass ich in gewisser Weise provoziert habe, ohne zu provozieren.

Wie meinen Sie das?
Brönner: Ich habe nicht provoziert – das war meine Provokation.
Und ich hatte Erfolg. Sonst wäre mir nicht so ein Schwall von Kritik entgegengeschlagen. Ich habe gefühlt auch keine Gesetze gebrochen. Lustig ist es allemal: Man kritisiert, was angeblich nicht passiert. Das scheint mir nicht das richtige Maß an Ehrlichkeit zu sein. Deswegen habe ich irgendwann damit aufgehört, diese Kritik persönlich zu nehmen. Als ich 20 war, habe ich darauf in der Tat noch wahnsinnig pikiert reagiert und gedacht: „Warum? Ich habe doch niemandem etwas zuleide getan oder irgendjemand gezwungen meine Musik zu hören.“

Sie sind der erfolgreichste deutsche Jazz-Trompeter, leben und arbeiten in Berlin. Im Programm des jährlichen Berliner Jazz-Fests sucht man Sie allerdings stets vergeblich. Warum?
Brönner: Da müssen Sie mit den Intendanten und den Programmmachern sprechen; mit den Leuten, die sich fragen, warum nach fünf Tagen Festival
so wenig relevante Rezensionen in der Zeitung stehen.
Ich würde gerne auf dem Jazz-Fest spielen, für mich gehört bei so einem Festival auch ein starker Berliner Bezug dazu. Aber man muss als Festivalmacher wissen was man will: Will man Strahlkraft erzeugen oder will man von Kritikern geliebt werden? – Man hat dort offenbar ein klares Selbstbild und dieses sollte sich in den letzten Jahren nicht verändern, so ist meine Vermutung.

Sie sprachen vorhin über Wiedererkennbarkeit. An welchem klanglichen Detail erkennt man Ihr Trompetenspiel am ehesten?
Brönner: An einem
Klang, der wie eine gehauchte Stimme klingt, der etwas mehr Luft in sich birgt als Ton.

Und bei dieser Art Ton werden Sie bleiben?
Brönner: Radikal ändern wird sich
mein Ton nicht mehr. Selbst meine Versuche, es mal anders zu machen, mündeten meist darin, dass wieder sofort alle sagten: Das klingt ja wie Till Brönner. Ich befürchte, ich kann das gar nicht ändern. Behalt ich ihn eben (lacht).

Tourdaten 2016

01.11. Zürich – Kongresshaus
06.11. Dortmund – Konzerthaus
08.11. Darmstadt – Staatstheater
11.11. Erfurt – Alte Oper
13.11. Magdeburg – Oper
14.11. Hamburg – Laeiszhalle
20.11. Bielefeld – Stadthalle
29.11. Ravensburg – Konzerthaus
30.11. Köln – Philharmonie
03.12. Baden-Baden – Festspielhaus
04.12. Leipzig – Gewandhaus

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