Mr. Robbins, im Booklett Ihres Albums "Tim Robbins and the Rogues Gallery Band" sind Sie als kleiner Junge zu sehen, Sie haben eine Mandoline auf dem Schoß, sitzen hinter einem Kneipentresen…
Das Foto wurde im Gaslight Café in New York aufgenommen.
Das Gaslight ist ein legendärer Ort. Es war Anfang der 1960er Jahre das Zentrum der Folk Szene. Bob Dylan begann dort seine Karriere.
Richtig. Aber auch mein Vater hat dort gespielt. Ich habe ihn oft dorthin begleitet und gewartet, bis er fertig war. Das Foto muss 1966 aufgenommen worden sein, da war Bob Dylan bereits als Rockmusiker weltberühmt, ein Jahr später starb Woody Guthrie.
Woody Guthrie war als politisch engagierter Singer-Songwriter die prägendste Leitfigur des damaligen Folk-Revivals, ist er neben Ihrem Vater Ihr wichtigster Einfluss gewesen?
Ja, absolut. Ich habe diese Folk-Tradition auch über die Jahre weitergeführt, aber mehr für mich. Ich habe immer Songs geschrieben und bin hin und wieder in kleinen Clubs aufgetreten. Die Songs meines Albums sind also in einem Zeitraum entstanden, der sich über die letzten Jahrzehnte erstreckt.
Neben etlichen Songs über das Verliebtsein und Hoffnungen, die sich nicht erfüllt haben, singen Sie auch über Nelson Mandela oder in "Time to Kill" über einen Soldaten, der aus dem Irak zurückkehrt.
Ist es nicht schön, was man mit Musik alles ausdrücken kann? (Lacht) Ich würde aber ungern Schubladen aufmachen und die einen Songs zu den "Liebesliedern" und die anderen zu den "Protestsongs" stecken. Es sind einfach Geschichten, die ich erzählen wollte. Es hat etwas gedauert, bis ich meine Stimme für sie gefunden habe. Aber nun bin ich endlich soweit.
Sie sind allerdings schon einmal als Folksänger aufgetreten, in Ihrem Film-Regiedebüt als erzkonservativer Politiker Bob Roberts, der mit Gitarre und Geigen für die Kürzung von Sozialausgaben und gegen Homosexuelle zu Felde zieht. So jemand wäre heute eine Gallionsfigur der Tea Party Bewegung…
Deshalb haben wir damals auch entschieden, den Soundtrack des Films nicht zu veröffentlichen. Aus dem Zusammenhang des Films gerissen, wären die Songs nicht als Satire zu verstehen gewesen und wären vielleicht von den falschen Leuten instrumentalisiert worden.
Mein Respekt vor der Musik ist viel zu groß, um etwas zu veröffentlichen, das nicht authentisch ist.
Sowohl im “Bob Roberts”-Film als auch auf Ihrem neuen Album singen Sie Balladen und Uptempo-Nummern mit Wurzeln in der Folk- und Country-Musik. Nur, dass die Bob Roberts-Songs kühl und formelhaft wirkten, während die Tim Robbins-Songs viel Wärme ausstrahlen. Erkennt man die innere Haltung eines Musikers an seiner Musik?
Nein, das glaube ich nicht. Es gibt ja auch genügend Beispiele von "schlechten Menschen", die "gute Musik" benutzen, um ihre Taten zu rechtfertigen.
Wir haben in Deutschland ein Sprichwort: "Wo man singt, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen haben keine Lieder."
Vergessen Sie’s! John Lennon wurde von jemandem erschossen, der die Beatles-Lieder geliebt hat. Viele Nazis waren Fans von Richard Wagner. Die Dinge sind eben nicht so einfach.
Was erfahren Sie über sich selbst, wenn Sie nun Ihre eigene Musik hören und spielen?
Ich habe das Gefühl, dass da jemand Musik macht, die ihm absolut entspricht. Mein Respekt vor der Musik ist auch viel zu groß, um etwas zu veröffentlichen, das nicht authentisch ist.