Yvonne, in dem Sat.1-Film „Wenn Liebe doch so einfach wär’“ spielst du eine Fahrkartenverkäuferin in Mecklenburg-Vorpommern, die plötzlich Miterbin einer Hamburger Reederei wird, und somit in die High Society aufsteigt. Was reizt dich an so einem Film?
Yvonne Catterfeld: Ich fand erstmal das Drehbuch, das in der Urfassung ja noch auf Englisch geschrieben war, sehr schön, weil es mit sehr viel Humor geschrieben wurde. Es ist eine reizende Geschichte einer jungen Frau, die sich zu einer reifen Frau entwickelt. Die Figur wird im Drehbuch interessant eingeführt, und man merkt von Anfang an, dass Katrina etwas Besonderes ist, lebensfroh und dynamisch durchs Leben geht. Katrina ist eine Kämpferin, die ihren Heimatbahnhof vor der Schließung bewahren will, die sehr genau ihre Ziele verfolgt. Sie verdreht den Männern in der Familie den Kopf, und bleibt sich trotzdem selber treu. Das hat mich an Katrina fasziniert. In Kombination mit der Regisseurin Katinka Feistl, von der ich schon einiges vorher gesehen hatte, wusste ich, dass sie aus der Geschichte einen lebendigen und schönen Film machen wird, mit sehr viel Humor und Leichtigkeit.
Gibt es Parallelen zwischen dir und Katrina Lang?
Catterfeld: Als ich das Buch gelesen habe dachte ich mir, dass die Rolle schon sehr gut passt. Katrina hat mich doch sehr an mich erinnert, also wie ich früher war. Ich war auch eine sehr große Träumerin. Katrina hat diese Unbeschwertheit, diese Leichtigkeit, diese Offenheit. Aber natürlich ist sie wach, und natürlich ist sie nicht naiv. Sie bekommt schon ganz genau mit was in der Familie passiert, auch von Seiten der Witwe Ingrid, die Katrina am liebsten sofort wieder loswerden möchte. Aber trotzdem ist sie nicht nur misstrauisch, und obwohl das Geld verlockend ist, bleibt sie nicht wegen des Geldes. Ich glaube gerade dieses „auf der Spur bleiben“, da ähneln wir uns schon sehr. Ich komme auch aus dem Osten, aus einer kleinen Stadt, und habe auf einmal die Glitzer- und Glamourwelt kennen gelernt. Katrina ist auf jeden Fall keine Figur, die komplett anders ist als ich.
Magst du Kitsch?
Catterfeld: Nein!
Überhaupt nicht?
Catterfeld: Es kommt immer darauf an, was man unter Kitsch versteht. Ich liebe alte Filme, aber wenn es dann zu kitschig wird und die Story zu simpel ist, dann stört mich das. Auch wenn Gefühle zu trivial ausgedrückt werden und keine Originalität mehr zu erkennen ist mag ich das nicht.
Ist „Wenn Liebe doch so einfach wär’“ deiner Meinung nach ein kitschiger Film?
Catterfeld: Natürlich hat der Film märchenhafte Elemente, wenn für Katrina am Himmel ein Feuerwerk erscheint, weil sie ihren Traumpartner küsst, aber das ist im Gegensatz zum Buch schon sehr zurückgenommen. Katrina hat einfach diesen Märchentraum und das zeigen wir. Der Film behandelt aber ja auch sehr realistische und aktuelle Themen, wie beispielsweise den Streik der Hafenarbeiter. Ansonsten finde ich das Ensemble und die Personen, die ja auch den Humor in den Film bringen, sehr passend. Es hat mir großen Spaß gemacht mit meinen Kollegen Sebastian Ströbel (Moritz Berger) und Stephan Luca (David) zusammen zu arbeiten. Dafür bin ich sehr dankbar. Man denkt immer der Film würde sich auf Yvonne Catterfeld stützen, aber letztendlich ist der Film eine große Ensemble-Leistung.
Warum sind diese märchenhaften Filme deiner Meinung nach bei so vielen Menschen so beliebt? Ist es die Sehnsucht nach einer heilen Welt?
Catterfeld: Mir selbst hat es auch sehr gut getan diese Rolle zu spielen, weil selbst mir diese Figur sehr viel gegeben hat. Ich habe in meinem Leben auch an einigen Punkten die Leichtigkeit, dieses Urvertrauen verloren. Ich glaube dass sich viele Menschen wieder nach einer gewissen Leichtigkeit im Leben sehnen, selbst wieder unbeschwert und offen durchs Leben gehen wollen. Da kann dieser Film vielleicht auch helfen, weil er das Gefühl vermittelt, dass man immer an seine Träume glauben und nie aufgeben sollte.
Fernsehen und Filme sind dazu da um zu unterhalten, um abzulenken, um auch mal den Alltag vergessen zu können.
Aber liegt nicht auch eine Gefahr darin, wenn man den Menschen eine heile Traumwelt präsentiert, in der sie sich dann verlieren können, und somit den Blick für die Realität verlieren?
Catterfeld: Das Fernsehen bietet natürlich unterschiedliche Geschichten, und meistens werden die Filme eben nur bis zum Happy-End erzählt, obwohl das Spannende und Entscheidende ja eigentliche erst danach passiert, wenn der graue Alltag in einer Beziehung zwischen zwei Menschen beginnt. Ich finde das aber nicht schlimm. Fernsehen und Filme sind dazu da um zu unterhalten, um abzulenken, um auch mal den Alltag vergessen zu können. Darum gucke ich mir selber auch sehr gerne Liebesfilme an.
Von 2002 bis 2004 hast du die Rolle der Julia Blum in der Daily-Soap „GZSZ“ gespielt, danach warst du als Sophie in der ARD-Telenovela „Sophie-Braut wider Willen“ zu sehen. Inwiefern decken sich diese Formate mit deinem persönlichen TV-Geschmack?
Catterfeld: Das was ich gemacht habe, habe ich mit großer Leidenschaft gemacht, und ich stehe auch hinter diesen Formaten. Ich gucke nicht viel Fernsehen, und bin da auch nicht wirklich auf bestimmte Formate festgelegt.
Guckst du auch mal Dokumentationen und Polit-Magazine?
Catterfeld: Wenn ich nach einem harten Arbeitstag den Fernseher einschalte lasse ich mich gerne berieseln und kann dann auch sehr gut abschalten, aber natürliche gucke ich auch anspruchsvolle Dokumentationen. Ich habe nun mal einen sehr zeitraubenden Beruf, wo nicht mehr wirklich viel Zeit zum Lesen bleibt, und da bietet das Fernsehen einem schon sehr viele Möglichkeiten, um auf dem Laufenden zu bleiben, was in der Welt, gerade auch politisch gesehen, passiert. Ich eigne mir auf jeden Fall sehr gerne neues Wissen an.
Der Regisseur Hans Weingartner („Free Rainer“) hat kürzlich gegenüber Planet Interview folgendes zu Daily Soaps gesagt: „Die Leute haben selber fast kein Leben mehr und „Gute Zeiten schlechte Zeiten“ ersetzt das dann …“
Catterfeld: (unterbricht)… Ja, das ist auf jeden Fall so! Das habe ich auch früher an den „GZSZ“-Fans gemerkt, die dann manchmal den ganzen Tag vor unseren Studios ausgeharrt haben. Das war schon manchmal krass. Jeder sollte auf jeden Fall sein eigenes Leben in die Hand nehmen, und nicht den ganzen Tag vor dem Fernseher verbringen, weil man mit dem eigenen Leben unzufrieden ist, und dass dann durch das Fernsehprogramm kompensieren will. Aber es ist doch trotzdem völlig legitim, dass es diese Sendungen gibt, bei denen man auch einfach mal abschalten kann.
Weiter beklagt Weingartner in den Daily-Soaps gäbe es meist nur Hass, Neid, Gier und kaum Moral. Wie siehst du das?
Catterfeld: Ich gucke nicht sehr viele Daily-Soaps, auch wenn ich selber mal in einer mitgespielt habe. In unserer Serie fand aber auch sehr viel statt, was realistisch war, wo sich die Menschen wieder finden konnten, wo Lösungsansätze für Probleme geboten wurden. Natürlich gibt es in diesen Serien auch unmoralische Menschen, aber dass ist ja auch Fiction und keine Dokumentation. In Filmen gibt es ja auch Mörder, obwohl jeder weiß, dass man niemanden umbringen sollte. Irgendwo muss die Kritik am Fernsehen ja auch ein Ende finden. Es gibt auf jeden Fall viele Filme, die weitaus unmoralischer sind als eine Soap wie „GZSZ“.
In einer Soap wie „GZSZ“ werden nur ganz bestimmte Lebensentwürfe junger Menschen gezeigt: Alle Figuren sind wohlhabend, haben einen großen Freundeskreis und gehen auf tolle Partys…
Catterfeld: Das kann schon sein, teilweise stimmt das auch. Es gibt aber immer auch Figuren, die Probleme haben, und wo sich viele Zuschauer dann auch wieder finden. Bei meiner Rolle Julia Blum wurde aber schon immer sehr drauf geachtet, dass ich für jeden erschwingliche Klamotten trage, weil ich in dieser Serie ja auch eine Schülerin gespielt habe. Da kann ich ja nicht auf einmal mit einer Gucci-Tasche rumlaufen. Aber natürlich ist im Fernsehen und in Filmen einiges unrealistisch. Ich könnte mich zum Beispiel jedes Mal aufregen, wenn in Hollywood-Filmen die Schauspieler schon fertig geschminkt aufwachen. In meinen Filmen bin ich in solchen Szenen auf jeden Fall immer ungeschminkt. Ich habe früher aber auch „Melrose Place“ geguckt und gedacht, die Welt wäre so schön und bunt. Das gehört vielleicht aber auch ein bisschen zur Entwicklung eines jungen Menschen dazu.
wtf* Selten musste ich mich beim Lesen eines Interviewes so zurückhalten, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.