Am 15.12. fand in Berlin wieder eine ZDF-Pressekonferenz statt, es war die vierte in diesem Jahr. Hier gibt es die Video-Aufzeichnung.
Auf dem Podium standen ZDF-Intendant Thomas Bellut und ZDF-Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme. Die ersten 11 Minuten informierten diese ihrerseits (siehe im Detail auf zdf.de), anschließend konnten die Journalisten Fragen stellen. Die ca. 7 anwesenden Journalisten hatten bei der PK 25 Minuten Zeit, Fragen zu stellen.
Erwähnenswert:
– Das ZDF baut Personal ab (laut Pressemitteilung 10 Prozent der Belegschaft), doch im Vergleich zu 2017 werden die Personalausgaben des Senders von 483 Millionen auf 512 Millionen steigen (laut ZDF-Haushaltsplan 2018, der mir vorliegt). Grund dafür sind Pensionsverpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern, auch gegenüber solchen, die bereits in Rente sind. Dazu ein Artikel aus der Berliner Morgenpost von 2016.
– Das ZDF wird die Anzahl von Krimis nicht weiter erhöhen, sagt Thomas Bellut. „Wir haben intern vereinbart, dass die Zahl der Krimis nicht weiter steigen soll.“ Derzeit hat das ZDF ca. 40 Krimi-Serien- bzw. Reihen.
– Mitgliedschaften von ZDF-Mitarbeiten in politischen Netzwerken oder Parteien werden weiterhin nur auf freiwilliger Basis veröffentlicht. „Nun ist nicht jeder, der in der Atlantik-Brücke irgendwie aktiv ist, gleich von vornherein ausschließlich positiv gegenüber Donald Trump eingestellt. Es ist schon wichtig, bei Experten zu wissen, ob die noch andere Funktionen haben, das wird ja auch bei uns veröffentlicht, dann – oder sollte in einem Gespräch gesagt werden. (…) In dem Bereich, wo jemand als Privatperson tätig ist, bin ich nicht bereit, einen Druck auf den Einzelnen auszuüben“, so Thomas Bellut.
– Angesichts teurer Sportrechte formuliert Thomas Bellut: „Der Fußball ist rein finanziell orientiert.“
Im Folgenden Auszüge aus der Pressekonferenz:
Herr Bellut, das ZDF spricht seinerseits von „massiven Sparmaßnahmen im Personalbereich“, doch im Haushaltsplan 2018 ist ersichtlich, dass die Personalausgaben im Vergleich zu 2017 um 30 Millionen steigen werden. Das heißt, Sie bauen Personal ab, aber die Personalausgaben steigen?
Bellut: Ja, Sie werden vielleicht gehört haben, dass die Rentenkassen nicht mehr durch die Zinssituation die nötigen Erträge liefern, deshalb muss, wie in allen anderen Betrieben auch, muss das ZDF mehr Geld für die Pensionslasten zurückstellen. Der Abbau des Personals hat sich allein in dieser Beitragsperiode, von 2017-2020 werden pro Jahr 100 Millionen weniger in Personal investiert, weil wir diesen Abbau schon gemacht haben. Wir haben im Augenblick 450 Stellen abgebaut und bis 2020 werden es die angekündigten 562 sein. Also [unverständlich] sind die Pensionslasten.
Frau Thieme, Sie sagten vorhin, dass der Fernsehrat endlich komplett ist. Es gibt jetzt Heimat & Brauchtum, auch einen Vertreter des BDZV, das klang im Juli alles noch sehr kompliziert, da sagten Sie, Sie wollten sich nicht vorschreiben lassen, wen Sie entsenden, dass Sie den Kontakt zur Politik suchen wollen, um das zu ändern. Wie ist es jetzt zu der Einigung gekommen?
Thieme: Das ist keine Einigung, sondern es gab eine sehr klare Vorgabe des Staatsvertrages, dass es a) eine Frau sein musste und b) jemand, der nicht in einem Aufsichtsrat einer privaten Medienanstalt sitzt. Diese Voraussetzungen sind jetzt erfüllt worden. Ich habe keinerlei Idee ob da Kontakte zur Politik bestanden oder nicht. Ich habe immer einen sehr direkten Austausch mit dem BDZV und Vertretern gehabt, das ist nicht konfrontativ gewesen. Aber dafür hat man sicher auch eine Frau in das Präsidium des BDZV berufen, was dort eine Neuerung ist.
Bei den Mediatheken gibt es ja Begrenzungen – was sind die nächsten Schritte, um diese Beschränkungen aufzuheben und Sendungen in der Mediathek länger vorzuhalten?
Bellut: Die Verweildauer der Netzangebote, da sind die Beratungen der Länder gerade dran und voll im Gange. Es geht um zwei Punkte: die Verlage, Textangebote wird diskutiert. Das andere sind die Rechte der Produzenten, Entgeltung von verlängerten Online-Nutzungszeiten – das ZDF ist in beiden Fällen relativ stressfrei weil wir schon einen Vertrag mit der Allianz beschlossen haben, in dem die Nutzungsdauer im Netz geregelt ist, und bei den Textangeboten gibt es von keinem einzigen Verlag mir gegenüber eine Klage, dass wir dort in Konkurrenz stünden zu einem Verlagsangebot.
Der jetzige Rundfunkbeitrag von 17,50 ist ja ein politischer Preis, das hatte Malu Dreyer seinerzeit bei der Einführung gesagt, weil das eine schöne runde Summe ist. Die KEF hat andere Vorschläge gemacht – gibt es Signale, dass sich die KEF bei der Berechnung des neuen Rundfunkbeitrags in der nächsten Beitragsperiode durchsetzen wird – oder dass sie eher dem politischen Eindruck folgt, dass Beitragsstabilität wichtiger sei?
Und zweite Frage: Die Politik hat Ihnen ‚Hausaufgaben‘ aufgegeben. Herr Bellut, Sie sagten einmal, das Sparpaket, die Strukturreform sei nicht verhandelbar, das ist Ihr Vorschlag, da gäbe es keinen Spielraum. Gibt es jetzt, nach dem Abstand der Ministerpräsidentenkonferenz in Saarbrücken, doch Überlegungen, da Spielraum zu entwickeln?
Bellut: Die 17,50 Euro waren kein Thema bei der KEF-Erörterung. Da ging es darum: Wie gehen wir mit dem Budget, dass uns zugewiesen wurde, in dieser Beitragsperiode, in der Halbzeit sozusagen, um? Nach so einer Stichtagbetrachtung, die Hinweise liefern soll für den Finanzbedarf in der nächsten Beitragsperiode. Es gab wirklich keinerlei Spekulationen über künftige Beitragserhöhungen, aber natürlich eine sehr genaue Kontrolle durch die KEF, über das Vermögen, dass die Sender haben, also die Mittel, die zur Verfügung stehen, was ausgegeben wurde, welche Programmvorräte da sind, Personal und Ressourcen – aber es war definitiv kein Thema dort. Natürlich steht das im Hintergrund. All das, was dort an Sachthemen kommt, an Investitionsnotwendigkeiten, all das wird irgendwo in die große Rechnung einfließen. Selbst wir wissen nicht genau, wie wir anmelden werden, Anfang 2020, das ist in keiner Weise vorbereitet.
Das Sparpaket: Wir haben ja schon enorme Maßnahmen eingeleitet im Haus. Vom ersten Tag in meinem neuen Job habe ich begonnen zu versuchen, die Strukturen zu verkleinern, eben auch Personal abzubauen. Und wir haben jetzt nocheinmal – und so gesehen sehe ich dieses Sparpaket „ganz positiv“ – nochmal mit der ARD eine Art Kassensturz gemacht und wir haben uns überlegt: Wo können wir noch stärker zusammenkommen? Vieles von dem dauert seine Zeit, das muss man klar sagen. Aber das, was wir vereinbart haben, ist interessant: In dem Paket, das wir angeboten haben, sind Maßnahmen, die wir selbst dann machen. Vieles, zum Beispiel die Datensicherung machen wir mit der ARD zusammen und Ähnliches. Es gibt zahlreiche Projekte, die gemeinsame Produktion des Morgen- und Mittagsmagazin ARD/RBB mit unserer Moma/MiMa-Gruppe spart in den Technikbereichen und beim technischen Personal ganz enorm, das sind beispielhafte Dinge. Und wir haben viele einzelne Maßnahmen, die wir jetzt prüfen. Ich sehe mich verpflichtet, erstmal das Ergebnis zu bringen, was wir dort versprochen haben – und das ist noch sehr viel Arbeit. Outsourcing und anderes, dass muss erstmal erarbeitet werden, bis sich die Gewinne, also die Einsparpotentiale, tatsächlich realisieren.
Eine Frage zum Thema Mitgliedschaften von ZDF-Mitarbeitern in Parteien bzw. politischen Netzwerken. Elmar Theveßen sagte uns beispielsweise „Ich halte das für völlig unproblematisch, solange man transparent macht, dass man Mitglied ist.“, Herr Bellut, Sie sagten dazu „Es gibt überhaupt keinen Grund, irgendetwas zu verschweigen“. Claus Kleber wiederum ist Mitglied eines politischen Netzwerks, will das aber nicht auf zdf.de veröffentlichen, mit der Begründung: „Ich folge gerne meinen eigenen Maßstäben.“ Wäre es nicht eine vertrauensbildene Maßnahme gegenüber dem Gebührenzahler, wenn der Sender offenlegt wer bei Ihnen in welcher Partei und wer in welchen politischen Netzwerk Mitglied ist?
Bellut: Das geht weit in die Persönlichkeitsrechte rein. Bei mir können Sie alles nachlesen, wo ich Mitglied bin oder nicht, aber ich halte nichts davon, jeden einzelnen Mitarbeiter… Wo zieht man die Grenze, aufscheinen zu lassen, in welchen Vereinigungen er ist? Es gab ja die Diskussion über die Atlantik-Brücke, darauf spielen Sie ja an. Nun ist nicht jeder, der in der Atlantik-Brücke irgendwie aktiv ist, gleich von vornherein ausschließlich positiv gegenüber Donald Trump eingestellt. Es ist schon wichtig, bei Experten zu wissen, ob die noch andere Funktionen haben, das wird ja auch bei uns veröffentlicht, dann – oder sollte in einem Gespräch gesagt werden. Bei den Mitarbeitern würde ich dann, wenn zum Beispiel kommerzielle Interessen da sind, schon für eine Verdeutlichung plädieren. Das würde ich auch nicht genehmigen, weil es genehmigungspflichtig ist. Aber in dem Bereich, wo jemand als Privatperson tätig ist, bin ich nicht bereit, einen Druck auf den Einzelnen auszuüben.
Jan-Josef Liefers sagte kürzlich der Zeitschrift „TV-Digital“, die Genres seien im Fernsehen „auffällig aus der Balance geraten“. Liefers weiter: „Mittlerweile weiß man gar nicht mehr, ob wirklich nur Krimis so viele Zuschauer anlocken – oder ob die Leute so viele Krimis gucken, weil ihnen kaum noch etwas anderes angeboten wird.“ Im ZDF gibt es 40 Krimiserien- bzw. Reihen, fühlen Sie sich von Liefers angesprochen?
Bellut: Er spielt bei uns ja auch in Krimi-Produktionen mit, er würde es nicht tun, wenn er sich da nicht wohlfühlen würde. Ich warne immer davor, Krimi gleich als schlecht zu bezeichnen…
Ich habe Krimis nicht als schlecht bezeichnet.
Bellut: Nein, das habe ich auch nicht zu Ihnen gesagt, ich bin nicht so empfindlich, keine Sorge. Es ist ja eine interessante Diskussion, die ich schon als Programmdirektor kenne. Es gibt viele krimi-ähnlich erzählte Stoffe, die viele Preise bekommen haben, mein Lieblingsformat ist vom „Spreewaldkrimi“ der Titel „Mörderische Hitze“. Der hat alle Preise abgeräumt, die es gibt, weil es ein Sozialdrama war. Will sagen: Ich wehre mich gegen diese Verdichtung, zu sagen, „Krimi, bestimmte Ecke, kann nichts anderes“. Krimis können eine Menge. Trotzdem haben wir intern vereinbart, dass die Zahl der Krimis nicht weiter steigen soll. Die Versuchung ist da, weil die hoch repertoirefähig sind, also wiederholbar. Trotzdem glaube ich in der Tat, dass wir eine Grenze erreicht haben, die wir nicht überschreiten sollten. Wobei bei Kaufproduktionen der Einfluss relativ gering ist. Aber wir fördern ja gezielt auf verschiedenen Sendeplätzen eben Nicht-Krimi-Formate, im Serienbereich ist es ja deutlich schwerer, eine Serie wie „Bettys Diagnose“ zum Erfolg zu machen als eine „Soko“-Reihe, aber es ist gleichwohl wichtig, dass wir es versuchen. Da haben wir eine Art Selbstbindung, auch in den Gremien haben wir das oft diskutiert. Aber ich schäme mich nicht für die Krimis, ich finde die gut, laufen prima.
Uli Hoeneß hat kürzlich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung von ARD und ZDF eine größere Sportvielfalt gefordert. „Es ist nicht unbedingt die Aufgabe von den Öffentlich-Rechtlichen, ständig darauf zu schielen, wie die Einschaltquoten sind. Dafür geb’ ich denen so viel Gebührengeld: dass sie auch eine Sport- und eine Meinungsvielfalt ins Fernsehen bringen.“ Wie viel Prozent der Ausgaben für Sportrechte fließen beim ZDF nicht in Fußball?
Bellut: Ich weiß es nicht. Wir können versuchen, Ihnen die Frage zu beantworten, es gibt da nichts zu verheimlichen. Wir haben auch im Internet eine Übersicht, wir waren der erste Sender, der das aufgelistet hat, was wir für Sport ausgeben, da wird auch in Sportarten unterschieden.
(Ich habe diese nach Sportarten aufgeschlüsselte Auflistung noch nicht gefunden. Hier schreibt das ZDF, dass insgesamt für Sportrechte „im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2016 jährlich rund 191 Millionen Euro aufgewendet“ wurden. Sobald das ZDF die Aufschlüsselung nachreicht, werde ich sie hier veröffentlichen bzw. verlinken.)
Und die Kritik von Hoeneß, ist die unberechtigt?
Bellut: Ich war sehr amüsiert, als ich das gelesen haben, es ging ihm ja um Basketball, um Bayern München, um seinen Verein, dass der stärker da ist. Also man kann wirklich nicht sagen… Zum Beispiel die Rechte an den Olympischen Spielen, die jetzt drei mal in Asien sind, die haben wir ja nicht gekauft, weil wir gewaltige Quotenerfolge davon erhoffen. Sondern das machen wir – deshalb haben wir so lange darum gekämpft, diese Rechte zu haben – weil es eine Brücke zum Breitensport ist, auch zu den Vereinen im Lande. Das reißt einen Sender – allein die olympischen Spiele – nicht hoch. Das war wirklich, am Publikum zu bleiben, denn ich halte das für eine öffentlich-rechtliche Anstalt schon wichtig. Es gibt ja auch den Versuch, im nächsten Jahr mit den European Championchips Sommer-Sportarten zu bündeln um eben nicht zu teuer, trotzdem außerordentlich attraktive, im Grunde ‚Mini-Olympische Spiele‘ zu haben, die von den europäischen Verbänden getragen werden. Ich bin sehr gespannt, wie das läuft, wir arbeiten ja schon seit Jahren daran, die Sommersportarten ein bisschen auf die Wochenenden zu konzentrieren. Ich kann die Kritik nicht nachvollziehen. Der Fußball ist rein finanziell orientiert, wir haben ja die Rechte an der Champions-League, also auch an Bayern München verloren. Wir genießen es jetzt nochmal, aber wir tragen es mit Fassung, dass wir ab Mitte nächsten Jahres keine Champions-League mehr haben. Das wird eine neue Kultur geben, weil alles im Netz ist, gegen Pay. Das ZDF kostet 4,36 Euro im Monat. Und dafür kriegen Sie bei Perform oder anderen kein einziges Sportangebot, auch Netflix kostet das Doppelte. Wir bieten für diese 4,36 Euro nicht nur Sport, aber auch viel Sport. Wir haben eine Selbstbindung mit dem Fernsehrat, nicht über 10 Prozent des Gesamtbudgets für Rechte auszugeben, wir sind deutlich darunter, bei 9 Prozent. Ich habe heute auch dem Fernsehrat gesagt, dass ich es für richtig halte, den Rahmen jetzt nicht auszuschöpfen, sondern sich daran jetzt erstmal zu orientieren.
Das ZDF veröffentlicht zum Teil bereits Budgets von einzelnen Sendungen/Formaten. Beim neuen Jugend-Kanal Funk ist es das Gegenteil, auf der Funk-Website findet sich keinerlei Information, wie dort die 45 Millionen jährlich ausgegeben werden. Wird das geschehen? Was ist geplant an Transparenz bei Funk?
Bellut: Wir wissen nur, was die 15 Millionen vom ZDF… das könnten wir Ihnen sagen. Wir haben ja nicht die Federführung bei Funk, wir sind mit einem Drittel beteiligt, das heißt, die Federführung liegt beim SWR, aber von meiner Seite, für unseren Anteil: Das wird für Produktion ausgegeben. Geringer Anteil auch für Personal, das wir dafür einstellen konnten, junge Menschen – aber das fließt überwiegend ins Programm.
Ja, ich hoffe, dass das Geld ins Programm fließt. Meine Frage war: Werden diese Ausgaben auch dargestellt (veröffentlicht)?
Bellut: Nein, aber ich nehme das mal als Anregung auf. Wir haben da überhaupt nichts zu verbergen. Das teilt sich auf in verschiedene Genres, „Jäger & Sammler“ und Anderes, ich habe aber keine Ahnung, wie sich das jetzt einzeln verteilt. Aber das können wir Ihnen sagen.
(Entsprechende Infos werde ich beim ZDF erfragen und – sofern ich sie erhalte – hier publizieren).
[Info für mitlesende Journalisten: Die nächste ZDF-Pressekonferenz findet am 23. März 2018 in Mainz statt.]